Diskussion um Nichtraucherschutz "Rauchen ist bei jungen Menschen out"

Berlin · Die Grünen in NRW bestehen weiter auf ein konsequentes Nichtraucherschutzgesetz. "Jede Ausnahme, auch in Eckkneipen, ist Wettbewerbsverzerrung", sagte der Kölner Landtags-Abgeordnete und Gesundheits-Experte Arif Ünal unserer Redaktion. Bei den Jugendlichen verliert das Rauchen derweil zunehmend an Bedeutung.

Auch die Mitglieder der SPD-Basis, die sich für den Erhalt der Rauchkultur in Eckkneipen eingesetzt hatten, scheinen ihren Widerstand aufzugeben. "Wir wollen uns bei diesem Thema keine peinliche Debatte liefern", sagte das Düsseldorfer Ratsmitglied Matthias Herz. Er sei zwar selber Raucher, allerdings "wusste jeder, der bei der Landtagswahl Rot-Grün gewählt hat, was da auf ihn zukommt".

SPD und Grüne um die ehemalige NRW-Gesundheitsministerin Barabara Steffens befinden sich derzeit in Koalitionsverhandlungen um die Bildung einer neuen Regierung im bevölkerungsreichsten Bundesland. Steffens plant, das strengere Gesetz noch vor der Sommerpause zu verabschieden.

Donnerstag ist Weltnichtrauchertag

Zum Weltnichtrauchertag am 31. Mai haben etliche Gesundheits-Organisationen neue Zahlen zum Thema Tabak auf den Markt geworfen. Im vergangenen Jahr starben in Deutschland laut Statistischem Bundesamt 44.965 Menschen (30.956 Männer, 14.009 Frauen) an Lungenkrebs. "Bei 90 Prozent aller Lungentoten ist Rauchen die Ursache", sagt Martina Pötschke-Langer. Sie ist die Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention im Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg.

Alarmierend sei für sie die Entwicklung, die vor allem Frauen in den vergangenen Jahrzehnten genommen haben. "Seit 30, 40 Jahren haben sie massiv begonnen, zu rauchen", sagt sie. In den 70er und 80er Jahren "sind die Frauen in den Fokus der Tabakwerbung gerückt — und da galt es als chic, zu rauchen".

Die Folge: Während die Zahl der Toten durch Lungenkrebs bei Männern seit 1980 um knapp ein Drittel zurückgegangen ist, ist die Zahl bei den Frauen im gleichen Zeitraum um mehr als das Doppelte angestiegen. Bei Männern sind die Folgen von Tabakkonsum immer noch Krebstodesursache Nummer eins, bei den Frauen auf Platz zwei (hinter Brustkrebs).

"Sehr hohes Suchtpotenzial"

Dabei werden sich gerade Jugendliche immer bewusster, dass Rauchen schädlich für die Gesundheit ist, wie die stellvertretende Geschäftsführerin der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen, Gabriele Bartsch, anmerkt. "Rauchen hat ein sehr hohes Suchtpotenzial und dient der Vermeidung von Entzugserscheinungen", sagt sie. "In diesem Zusammenhang kann man Zigaretten mit Heroin vergleichen." Zumal Zigaretten eine "reine Gelddruckmaschine für die Tabakindustrie sind", so Bartsch.

Anders als bei den Erwachsenen verliert das Rauchen bei Jugendlichen zunehmend an Bedeutung. Das zeigen neue Ergebnisse der repräsentativen Studie zur Drogenaffinität Jugendlicher, die die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) veröffentlicht hat.

Jugendliche sind für Rauchverbote

Demnach sprechen sich die meisten jungen Menschen zwischen zwölf und 17 Jahren (89 Prozent) für Rauchverbote in Diskotheken und Kneipen aus. Selbst unter den Rauchern befürwortet dies jeder Zweite. Gleichzeitig ist das Risikobewusstsein für die Gefahren des Rauchens weiter gestiegen — von 89 Prozent auf 94 Prozent.

Die Zahl der rauchenden Jugendlichen in Deutschland sinkt seit zehn Jahren kontinuierlich. Während im Jahr 2001 noch 28 Prozent der Zwölf- bis 17-Jährigen angaben, zur Zigarette zu greifen, waren es im vergangenen Jahr nur noch zwölf Prozent. Darüber hinaus haben aktuell 71 Prozent dieser Altersgruppe noch nie in ihrem Leben geraucht — so viele wie nie zuvor.

"Rauchen ist bei jungen Menschen schlichtweg out", stellt BZgA-Direktorin Elisabeth Pott fest. "Viele Jugendliche wissen um die Gesundheitsgefahren und das Suchtpotential des Rauchens und lehnen Zigaretten daher ab."

Was wird aus den Raucherzimmern der Gaststätten?

In NRW werden Proteste der Raucher und Gaststätten-Betreiber aber nicht lange auf sich warten lassen, sobald das strengere Nichtraucherschutzgesetz verabschiedet ist. Viele Kneipen und Restaurants haben ihre Räume in den vergangenen vier Jahren umgebaut, um Rauchern nach Inkrafttreten des ersten Nichtraucherschutzgesetzes einen Rückzugsort zu bieten und nicht an Kundschaft zu verlieren. Gabriele Bartsch von der Hauptstelle für Suchtfragen ist allerdings für eine konsequente Auslegung des Gesetzes. "Ich bin gegen diesen Flickenteppich an Ausnahmen", sagt sie. "Da blickt doch keiner mehr durch."

Matthias Herz von der Düsseldorfer SPD gibt sich immerhin ein wenig diplomatischer. "Wir müssen versuchen, den Wirten einen moderaten Übergang zu ermöglichen", sagt er. Auch für ihn gibt es aber kein Zurück mehr aus dem Versprechen, das Nichtraucherschutzgesetz zu verschärfen — und demnächst auf der Straße zu rauchen.

(spol)
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