Unterrichtung im Landtag Zwischen Maskenstreit und Kreuzfahrt-Ärger

Düsseldorf · Armin Laschet erläutert dem Landtag die Lockdown-Maßnahmen und rät den Bürgern vom Kauf im Internet ab. In der Auseinandersetzung zwischen anschließenden Opposition und Regierungskoalition nimmt die Debatte zum Teil skurrile Züge an.

Ministerpräsident Armin Laschet informiert den Landtag über die Ergebnisse der Länderberatungen mit der Bundeskanzlerin.

Ministerpräsident Armin Laschet informiert den Landtag über die Ergebnisse der Länderberatungen mit der Bundeskanzlerin.

Foto: dpa/Fabian Strauch

Üblicherweise ist die große Haushaltsdebatte das Forum, in dem sich Opposition und Regierungskoalition aneinander abreagieren. Doch in diesem Jahr ist bedingt durch die Pandemie einiges anders. Und so geriet schon die auf Dienstag vorverlegte Sondersitzung des Landtags, in der Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) über die Beschlüsse der Bund-Länder-Runde vom Wochenende informieren wollte, zur Generalabrechnung. 

Die Emotionalität, mit der die Debatte geführt wurde, speiste sich aus den Vorgängen der vergangenen Tage. Erst hatte Vizeministerpräsident Joachim Stamp (FDP) in der vergangenen Woche signalisiert, die Regierung wolle in Sachen Maßnahmenverschärfung noch abwarten, dann brachte Laschet selbst nur wenige Stunden später einen Lockdown zum Jahresende ins Gespräch. Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) sagte am vergangenen Mittwoch noch im Schulausschuss, die Vorschläge der Leopoldina, die sich in ungewöhnlicher Klarheit für Distanzunterricht ab dem 14. Dezember ausgesprochen hatte, seien ungeeignet. Am Freitag verkündeten Laschet und Stamp dann doch, große Teile der Schüler nur noch digital zu unterrichten.  

Der Ministerpräsident hielt sich gar nicht lange mit diesen Widersprüchen auf, sondern skizzierte bei der Unterrichtung die Dramatik der Lage: „Es geht jetzt nicht mehr um Ruhe und Herunterfahren, es geht jetzt um Stillstand, es geht darum, Leben zu retten“, sagte er. „Das Weihnachtsfest wird anders sein als alle Weihnachtsfeste, die unsere Generation kennt.“ Laschet verwies auf die Bösartigkeit des Virus, das menschliche Qualitäten ausnutze, „dass es ausgerechnet dann zuschlägt, wenn wir uns nahe sind. Deshalb müssen wir entgegen dem, was wir so gerne tun, Abstand halten.“ Zu den ab Mittwoch schließenden Geschäften regte er an, nicht ausschließlich zum Onlinehandel auszuweichen: „Vielleicht kann man einen Gutschein schreiben. Der Einzelhandel wird sich freuen, wenn man den im Januar, Februar oder wann auch immer einlösen kann.“

Doch schon während der Ausführungen des Regierungschefs wurde es hitzig. Nach einigen Zwischenrufen knöpfte sich Laschet die AfD vor: „Es geht nicht, dass sie in der Mitte von Düsseldorf demonstrieren, während wenige Meter weiter in der Uniklinik Düsseldorf die Menschen um ihr Leben ringen“, rief er wütend. Der AfD-Abgeordnete Christian Loose, der daraufhin extrem aufgebracht dazwischenrief, kassierte eine Rüge.

Mehrmals versuchte Laschet, es in seiner Rede menscheln zu lassen. Krankenschwestern, Pflegekräfte und Ärzte seien Helden. Und er warnte davor, Senioren in den Heimen abzuschotten und einsam sterben zu lassen. Dieser Fehler aus dem März dürfe nicht wiederholt werden. 

Ohnehin zeigte sich die Regierung reumütig. Vizeregierungschef Stamp erklärte, die Notwendigkeit, häufig binnen weniger Stunden Entscheidungen treffen zu müssen, mache anfällig für Fehler. So sei es auch in den vergangenen Tagen mit den kurzfristigen Entscheidungen zu Kitas und Schulen gewesen. Die Regierung habe „nicht in der Souveränität kommuniziert wie es unser eigener Anspruch ist“, räumte Stamp ein.

Die Fehler griff die Opposition dankbar auf. SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty warnte vor einem Kollaps des Krankenhaussystems und fordert einen Notfallplan. Mit Blick auf die Schulpolitik sprach er davon, dass in NRW kein Kabinett mehr regiere, „sondern das totale Chaos“. Grünen-Fraktionschefin Josefine Paul schloss sich in einer nicht minder angriffslustigen Rede den SPD-Rücktrittsforderungen in Richtung Schulministerin Gebauer an. Kutschaty verwies derweilen erneut auf den Fall van Laack, dem Gladbacher Modeunternehmen, für das Laschets Sohn Johannes als Influencer tätig ist. Van Laack hatte im Zuge der Krise einen Großauftrag für Kittel und Masken von der Landesregierung erhalten – unter anderem für Kittel. „Ich habe eine Stellungnahme der Uniklinik Münster vorliegen, die besagt, dass diese Kittel nur nutzlos herumliegen, weil ihnen das erforderliche Zertifikat fehlt“, sagte Kutschaty.

In ein skurriles Fahrwasser geriet die Debatte dann bei CDU-Fraktionschef Bodo Löttgen. Die FFR Ferien-, Freizeit und ReiseService GmbH, ein Reiseservice der SPD, werbe mit Festtagsreisen sogar „zum Knüllerpreis“, sagte Löttgen. „Dieses Angebot der SPD lässt mich fassungslos zurück. Geht’s noch? SPD-Kreuzfahrten mit mindestens 100 Teilnehmern als Superspreader-Event der Extraklasse“, sagte er. Während die SPD die schwarz-gelbe Regierung wegen ihrer Corona-Strategie angreife, „schippern SPD-Genossen an den Krankenhäusern vorbei, in denen Menschen um ihr Leben ringen“. Kutschaty wies die Vorwürfe zurück. Die Angebote auf der Website seien veraltet und würden überarbeitet.

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