Parteitag leitet Generationswechsel ein NRW-SPD setzt auf Neuanfang

Düsseldorf · Die traditionsreiche NRW-SPD ist nach ihrer Wahlniederlage immer noch tief verunsichert. Junge Politiker an der Spitze sollen den ersehnten Befreiungsschlag bringen. Ob das Konzept aufgeht, wird sich beim Parteitag zeigen.

 Michael Groschek.

Michael Groschek.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Gut ein Jahr nach ihrer Wahlschlappe will die nordrhein-westfälische SPD einen tiefgreifenden Generationswechsel einleiten. Auf einem Parteitag in Bochum soll am Samstag der bisher wenig bekannte Bundestagsabgeordnete Sebastian Hartmann zum neuen Landesvorsitzenden gewählt werden. Der 40-Jährige ist der einzige Kandidat für den Vorsitz des mit gut 112.000 Mitgliedern größten SPD-Landesverbands. Eine Findungskommission hatte ihn für das Amt vorgeschlagen.

Der Parteitag markiere einen „nie da gewesenen Generationswechsel“ an der Spitze der NRW-SPD, sagte der scheidende Übergangsparteichef Michael Groschek (61) am Donnerstag in Düsseldorf. Er hatte den SPD-Vorsitz nach der verlorenen Landtagswahl 2017 und dem Rücktritt von Parteichefin Hannelore Kraft übernommen.

Fast die Hälfte des Landesvorstands werde nun ausgetauscht und die Parteispitze komplett erneuert, sagte Groschek. Der Altersdurchschnitt liege dann bei 40 Jahren. Die alte Generation habe damit „politisch auserzählt“. Jetzt müsse eine andere Generation Wegweiser für die SPD sein und für Stabilität sorgen. Die SPD müsse ihr Leitbild und ihren Markenkern finden. „Da ist viel Verunsicherung und Suche nach Orientierung.“ Nach den Verlusten bei den Wahlen im Land und im Bund habe die SPD auch „Frust aufarbeiten“ müssen.

Auf dem Bochumer Parteitag, der unter dem Motto „Auf nach vorne“ steht, tritt auch die SPD-Bundesvorsitzende Andrea Nahles auf. Die ehemalige Ministerpräsidentin Kraft hat ihre Teilnahme abgesagt. Zur neuen Generalsekretärin der NRW-SPD soll die Landtagsabgeordnete und Dortmunder SPD-Unterbezirkschefin Nadja Lüders gewählt werden.

In Hartmann, der weiter auch Bundestagsabgeordneter in Berlin bleiben wird, sieht Groschek die richtige Person für den Neuanfang der NRW-SPD in ihrem einstigen Stammland. Er erwarte von ihm, dass er neue inhaltliche Pflöcke einschlage. Er müsse aus seinem Team eine „Mannschaft bilden, die erfolgshungrig ist“.

Groschek warnte davor, Hartmann zu unterschätzen. Auch große SPD-Politiker wie Johannes Rau seien zu Beginn ihrer Karriere einst belächelt worden. Hartmann sei erst 40 - „Wir werden noch viel von ihm hören.“ Hartmann repräsentiere eine „neue Bindungsfähigkeit und einen neuen, weniger rabaukigen Stil“ in der SPD. Er sei souverän und „kann Menschen mitnehmen“.

Die SPD war bei der NRW-Landtagswahl 2017 auf nur noch 31,2 Prozent gekommen und ist laut Umfragen im Mai auf einen neuen Tiefpunkt von rund 22 Prozent abgestürzt. Der Parteitag müsse sich dessen bewusst sein, dass sich diese Ergebnisse „in beide Richtungen, nach unten und nach oben“ entwickeln könnten, sagte Groschek. „Die Lage für die SPD ist sehr ernst - im Bund und im Land.“ Die Bundespartei müsse arbeiten, damit eine Kanzlerkandidatur aus der SPD „auch wieder auf Augenhöhe ernst genommen wird“.

Ob Hartmann auch SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2022 wird, sei derzeit noch völlig offen. Sowohl der neue Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty als auch Hartmann als künftiger Parteichef seien „natürliche Kandidaten“, sagte Groschek. „Sie sind aber nicht die einzigen, die sich berufen fühlen dürfen zu kandidieren.“

(wer/dpa)
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