Bürgermeister-Stichwahl NRW-Opposition zieht vor das Verfassungsgericht

Münster · SPD und Grüne halten die Abschaffung der Bürgermeister-Stichwahl für undemokratisch. Die Opposition in NRW zieht gegen die Abschaffung vor den Verfassungsgerichtshof in Münster.

 Der Verfassungsgerichtshof in Münster muss über die Klage gegen die Abschaffung der kommunalen Stichwahl entscheiden.

Der Verfassungsgerichtshof in Münster muss über die Klage gegen die Abschaffung der kommunalen Stichwahl entscheiden.

Foto: dpa/Uwe Anspach

Ohne die Stichwahl werde es künftig viele Bürgermeister geben, die nur eine Minderheit der Wähler hinter sich hätten, sagte Stefan Kämmerling, kommunalpolitischer Sprecher der SPD. „Die Änderung des Wahlrechts ist aus machtpolitischem Kalkül entschieden worden“, kritisierte Grünen-Kommunalexperte Mehrdad Mostofizadeh. Ein Normenkontrollantrag sei daher bereits eingereicht.

Die Stichwahl um das Bürgermeisteramt wurde in NRW bereits mehrfach abgeschafft und wiedereingeführt. Im April hatte Schwarz-Gelb im Landtag gegen die Stimmen der Opposition erneut die Abschaffung durchgesetzt und zugleich eine neue Einteilung der Wahlkreise beschlossen. Bisher kam es zu einer Stichwahl zwischen Erst- und Zweitplatziertem, wenn keiner der Bürgermeister-Kandidaten im ersten Wahlgang die Mehrheit errang. Die nächste Kommunalwahl steht im September 2020 an. Nordrhein-Westfalen wäre das einzige Bundesland ohne Stichwahl.

Der von SPD und Grünen beauftragte Staatsrechtler Martin Morlok sieht einen Verstoß gegen das Demokratieprinzip, wenn Kandidaten nicht mehr durch die Mehrheit legitimiert seien. Bei der Oberbürgermeisterwahl in Wiesbaden etwa habe der Erstplatzierte gerade einmal 27,1 Prozent der Stimmen erreicht, der zweite 24,5 Prozent und der dritte 23,4 Prozent. Nach diesem Ergebnis hätte also ein Bürgermeister mehr als zwei Drittel der Wähler gegen sich gehabt, wenn es nicht noch zur Stichwahl gekommen wäre, so Morlok.

Zwar hatte das Landesverfassungsgericht die Abschaffung der Stichwahl 2009 schon einmal für rechtens erklärt. Es hatte dem Gesetzgeber aber eine Vorsichtsklausel aufgetragen: Er müsse beobachten und prüfen, ob die Gewählten weiterhin ausreichend legitimiert seien. An diesem Punkt wollen SPD und Grüne nun einhaken: Seit 2009 seien viele kleinere Parteien ebenso wie unabhängige Kandidaten hinzugekommen, und der Vorwurf laute, dass CDU und FDP ihrer Beobachtungs- und Prüfpflicht nicht nachgekommen seien.

 Die Klage richtet sich auch gegen eine neue Einteilung der Wahlkreise. CDU und FDP heben bei der Berechnung der Wahlkreise nur noch auf die Wahlberechtigten ab. Wer keinen deutschen Pass hat, wird damit nicht mehr berücksichtigt. Auch hier begründet der Gesetzgeber laut Morlok nicht, welches Problem er damit beseitigen will und bedenke die praktischen Folgen nicht.

(kib)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort