Kritik an Ministerin Gebauer Opposition im NRW-Landtag fordert Schulgipfel

Düsseldorf · Eigentlich ging es nur um die Luft in Klassenräumen. Doch dann wuchs sich eine Ausschusssitzung im NRW-Landtag zu einer Abrechnung mit der Corona-Schulpolitik der Landesregierung aus. Auf allen Seiten hat sich eine Menge Ärger angestaut.

 Schulministerin von Nordrhein-Westfalen, trägt einen Nasen-Mundschutz bei ihrem Besuch der Realschule Benzenberg. (Archivfoto)

Schulministerin von Nordrhein-Westfalen, trägt einen Nasen-Mundschutz bei ihrem Besuch der Realschule Benzenberg. (Archivfoto)

Foto: dpa/Federico Gambarini

Eine Detailfrage zur Belüftung von Klassenräumen ist im Landtag zu einer Generalabrechnung mit der Corona-Schulpolitik der schwarz-gelben Landesregierung eskaliert. Die SPD-Opposition warf Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Mittwoch im Schulausschuss „Unfähigkeit und Inkompetenz“ vor.

Anstatt mit den kommunalen Spitzenverbänden bei den Corona-Maßnahmen zusammenzuarbeiten, hetze das Ministerium die Menschen in den Schulen gegeneinander auf, sagte der SPD-Schulexperte Jochen Ott. Gebauer ignoriere die Kritik von Schulleitern und Eltern. „Sie sind in einem Tunnel angekommen, in dem Sie die Realität im Land nicht mehr wahrnehmen.“ Die Regierung betreibe „ein Pokerspiel“ angesichts der noch unklaren Infektionslage im Herbst und Winter.

Statt der angesetzten Aktuellen Viertelstunde zum Thema Belüftung von Klassenräumen warfen sich die Parteien fast eineinhalb Stunden gegenseitig Fehler auf allen Feldern der Schulpolitik vor. In einem gemeinsamen Antrag für das Plenum kommende Woche fordern SPD und Grüne nun einen Schulgipfel. Die Situation in den Schulen habe „zur großen Verunsicherung bei Schulleitungen, Lehrkräften, Trägern, Eltern sowie Schülerinnen und Schülern geführt“. Zahlreiche Fragen vom Zustand der Schulgebäude über die Umsetzung des Präsenzunterrichts bis zu einem Konzept für das digitale Lernen seien ungeklärt.

Besonders aussichtsreich ist der Vorstoß für einen Schulgipfel allerdings nicht. Gebauer wiederholte am Mittwoch, sie stehe ständig im Austausch mit allen am Schulleben Beteiligten.

Gebauer zog dagegen eine durchweg positive Bilanz des Schulstarts nach den Sommerferien. 97,7 Prozent der Schulen seien Anfang September im Präsenzunterricht gewesen, und nur bei 2,3 Prozent habe es Teilschließungen gebeben. 3,3 Prozent der Lehrkräfte seien wegen der Corona-Pandemie nicht in den Schulen.

88.000 Schüler hätten das Abitur gemacht. Hunderttausende schriftliche und mündliche Prüfungen seien für das Abitur oder die mittlere Reife abgelegt worden. „Wären wir dem Rat der Opposition gefolgt, wären wir das einzige Land geblieben, das deutschlandweit keine Prüfungen abgelegt hätte“, so Gebauer. Die Opposition habe ein „Notabitur“ gewollt und hätte „sehenden Auges“ den Schülern damit einen Nachteil verschaffen wollen.

NRW sei außerdem das erste und einzige Bundesland, das alle Lehrkräfte mit digitalen Endgeräten ausstatte. Sie wolle der SPD-Bundesvorsitzenden Saskia Esken gern in Berlin erklären, wie NRW sein Programm auf den Weg gebracht habe und dass 55 Millionen Euro zusätzlich für bedürftige Schüler bereitgestellt würden.

Die Grünen-Abgeordnete Sigrid Beer warf der Regierung vor, die Verantwortung in der Corona-Pandemie auf die Schulen und Schulträger abzuschieben. „Die Verärgerung bei den Schulträgern über die Konfusion in der Corona-Schulpolitik der Regierung Laschet ist gewaltig“, sagte sie mit Blick auf das Kabinett von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). Von einem Regelunterricht könne unter den derzeitigen Bedingungen nicht die Rede sein. Gebauer wische die Kritik von Verbänden und Eltern aber einfach beiseite. „Sie leben in einer anderen Welt.“

Die CDU-Regierungsfraktion konterte: „Mit leeren Worthülsen schüren Sozialdemokraten und Grüne Angst im Land“, so der CDU-Schulpolitiker Frank Rock. Die Opposition instrumentalisiere die Sorgen von Eltern, Lehrern und Schülern für ihren Anti-Regierungs-Kurs. Wenn SPD und Grüne regieren würden, müssten die Schüler in leerstehenden Kirchen oder zugigen Messehallen lernen, sagte Rock. Dass die Schulleiter im Land solche Ausweichlösungen ablehnten, ignoriere die Opposition.

Ministerin Gebauer rechnete dann noch detailliert vor, wie es in der Corona-Pandemie um die vorgeschriebene Belüftung in den Unterrichtsräumen der rund 5500 öffentlichen Schulen in NRW steht - das war ja der eigentliche Anlass der Debatte. Etwa 2,3 Prozent der Räume könnten nicht ausreichend gelüftet werden. An zehn Prozent der befragten Schulen seien insgesamt 22,6 Prozent der Klassenräume davon betroffen, so die Ministerin. Hochgerechnet bedeute das, dass etwa 2,3 Prozent aller Unterrichtsräume nicht richtig gelüftet werden könnten. Bei knapp 40 Prozent dieser Räume seien bauliche Mängel an den Fenstern die Ursache. Damit könnten etwa ein Prozent aller Unterrichtsräume wegen Mängeln an den Fenstern nicht ausreichend gelüftet werden. Gebauers Fazit: „Von einem flächendeckenden Missstand kann bei einem Anteil von einem Prozent der Unterrichtsräume nicht die Rede sein.“

(chal/dpa)
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