Bilanz der Opferschutzbeauftragten Fast die Hälfte der Betroffenen sind Männer

Düsseldorf · Die NRW-Opferschutzbeauftragte Elisabeth Auchter-Mainz zieht eine positive Bilanz ihres ersten Jahres im Amt. Mehr als 820 Personen haben nach Hilfe gesucht, davon 47 Prozent Männer. Am Donnerstag fährt sie nach Lügde.

 NRW-Opferschutzbeauftragte Elisabeth Auchter-Mainz. (Archiv)

NRW-Opferschutzbeauftragte Elisabeth Auchter-Mainz. (Archiv)

Foto: dpa/Federico Gambarini

Mehr als 820 Hilfesuchende aus ganz Nordrhein-Westfalen haben sich seit Dezember 2017 an die Opferschutzbeauftragte des Landes gewendet. Wie Elisabeth Auchter-Mainz am Dienstag mitteilte, befinden sich „auffallend viele Männer“ darunter, nämlich 47 Prozent. Diese meldeten sich oftmals nach Körperverletzungen, Missbrauch oder Betrug. Auchter-Mainz beklagt, dass es für Männer zu wenige Anlaufstellen gebe. „Da stoßen wir an unsere Grenzen“, sagte sie. Damit Männer nicht zu „Opfern zweiter Klasse“ würden, fordert Auchter-Mainz die Einrichtung von mehr Männerhäusern und Beratungsstellen.

NRW hat für die Interessen von Opfern im Dezember 2017 die Stelle der Opferschutzbeauftragten geschaffen. Ein Team aus vier Leuten kümmert sich seither in den Räumlichkeiten des Oberlandesgerichts Köln darum. Justizminister Peter Biesenbach (CDU) und die frühere Generalstaatsanwältin Elisabeth Auchter-Mainz zogen eine positive erste Bilanz. Andere Bundesländer hätten sich am Düsseldorfer Modell orientiert. „Wir haben Neuland betreten“, sagte Auchter-Mainz. Als Opferschutzbeauftragte hat sie sich auch um die Folgen der Amokfahrten in Münster, Bottrop und Essen sowie der Missbrauchsfälle auf dem Campingplatz in Lügde gekümmert.

Ende der Woche will Auchter-Mainz mit einer Mitarbeiterin nach Lügde fahren. In einem Gemeindehaus werde sie am Donnerstag zwischen 14 und 18 Uhr und am Freitag zwischen 9 und 12 Uhr eine Sprechstunde abhalten. Sie will dort über mögliche Opferhilfen und Betreuungsangebote aufklären. Zudem habe sie alle Betroffenen schriftlich kontaktiert und ihnen Unterstützung angeboten. Einige hätten dieses Angebot angenommen, 13 Familien werden mittlerweile psychosozial betreut.

Im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen in Lügde hat Auchter-Mainz Kontakt mit 45 Betroffenen. Die Zahl der bislang identifizierten Opfer liegt laut Staatsanwaltschaft Detmold und Polizei Bielefeld bei 40. Bei zwölf möglichen weiteren Opfern werde zur Zeit noch ermittelt. Die Polizei Bielefeld führe intensive Opferschutzmaßnahmen durch, darunter „auch 45 Opferschutzgespräche“, wie die Ermittler auf Anfrage mitteilen.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) steht im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen in Lügde in der Kritik. Der Kinderschutzbund warf ihm vor, nicht an den Tatort gereist zu sein und Gespräche mit Betroffenen gesucht zu haben.

Wie Auchter-Mainz berichtet, wendeten sich viele Opfer erst sehr spät an ihre Stelle, teilweise erst nach 30 bis 40 Jahren. Dabei habe sie auch festgestellt, dass viele Bürger nicht über die Abläufe in der Justiz Bescheid wissen. „Justiz muss erklärt werden“, sagte sie. Neben neuen Beratungsstellen für Männer brachte Auchter-Mainz auch spezielle Angebote für ältere Menschen ins Gespräch, die sich etwa nach Überfällen schnell hilflos fühlten. Zudem sollten Staatsanwaltschaften und Gerichte eigene Opferbeauftragte stellen, um geschützte Räume einzurichten oder einfach nur einen Ansprechpartner zu haben.

(her)
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