Kohlekommission NRW lehnt ostdeutsche Pläne für Kohle-Soforthilfe ab

Berlin · Sachsen-Anhalt fordert ein 100-Millionen-Euro-Sofortprogramm für die Kohleregionen. NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart hält das für voreilig. Er spricht sich dafür aus, dass die Hilfen für 15 Jahren reichen.

Im rheinischen Revier (hier: der Tagebau Garzweiler) hat RWE 10.000 Mitarbeiter.

Im rheinischen Revier (hier: der Tagebau Garzweiler) hat RWE 10.000 Mitarbeiter.

Foto: dpa/Oliver Berg

In der Debatte um den Kohleausstieg gehen nun die Bundesländer in Stellung. Nordrhein-Westfalen lehnt den Ruf nach rascher Sofort-Hilfe aus Sachsen-Anhalt ab. Dessen Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) forderte am Dienstag ein Sofortprogramm für die vom Kohleausstieg betroffenen Regionen: Noch in diesem Jahr müssten vom Bund 100 Millionen Euro bereitgestellt werden. Das Programm sei nötig, um eine bessere Infrastruktur in den Kohleregionen zu planen und Investitionen für neue Jobs in anderen Industriezweigen anzuschieben, so Haseloff. Denn man könne aus einem Baggerfahrer schlecht einen Software-Ingenieur machen.

NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) widersprach: „Die Kommission steht mit ihrer Arbeit ganz am Anfang und noch nicht einmal die Fakten liegen auf dem Tisch. Da ist es viel zu früh, über Summen für die Regionen zu spekulieren, die von einem vorzeitigen Braunkohleausstieg betroffen wären“, sagte der FDP-Politiker unserer Redaktion. Sei eine Entscheidung über einen Fahrplan gefallen, seien „vorlaufende Strukturmittel allerdings sinnvoll“, damit die Länder ihre Planungen vorantreiben könnten.

Pinkwart machte deutlich, was aus Sicht von NRW wichtig ist: „Der von der Bundesregierung geplante Strukturfonds muss ausreichend ausgestattet sein, um über mindestens 15 Jahre in den betroffenen Regionen neue Perspektiven zu entwickeln.“ Zudem dürfe es dabei nicht nur um die Kohle im engeren Sinne gehen: „Nordrhein-Westfalen ist der bundesweit bedeutendste Standort energie-intensiver Industrien wie Chemie, Stahl, Aluminium und Papier, die auf eine sichere und bezahlbare Stromversorgung angewiesen sind.“

Damit wehrt sich Pinkwart gegen Pläne, die zu einem starken Strompreis-Anstieg führen könnten. Je früher etwa die besonders günstigen Braunkohle-Kraftwerke abgeschaltet werden oder je mehr Strukturhilfen auf den Stromverbraucher umgelegt werden, desto teurer wird Strom, worunter die energie-intensive Industrie besonders leiden würde. Die Kohle-Kommission trifft sich das nächste Mal am 23. August.

Die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ soll bis Jahresende einen Plan zur Erreichung der Klimaziele und zur Beendigung der Kohleverstromung festlegen. Umweltverbände fordern einen Ausstieg bis 2030. RWE-Chef Rolf Martin Schmitz hatte schon Ende Juni im Interview mit unserer Redaktion gewarnt, ein Kohleausstieg sei bis 2030 nicht zu schaffen, selbst wenn die erneuerbaren Energien bis dahin 65 Prozent des Strombedarfs decken können. Zudem sei es unverantwortlich, eine so folgenschwere Entscheidung unter Zeitdruck zu treffen. Allein im rheinischen Revier beschäftigt RWE fast 10.000 Mitarbeiter in der Braunkohle; hinzukommen 25.000 Stellen bei Partnerfirmen. In der Lausitz ist die Braunkohle der einzige großindustrielle Arbeitgeber und hat direkt 9000 Beschäftigte, in Mitteldeutschland sind es 2400.

(anh)
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