Nordrhein-Westfalen "Turbo-Abi" fällt an Parteibasis durch

Düsseldorf · Die Unterbezirks- und Kreisvorsitzenden von SPD und CDU in NRW sind skeptisch, was das achtjährige Gymnasium angeht. Weniger als die Hälfte wollen das G8 behalten, viele plädieren für Abwarten.

G8 – Das sagt die Basis
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Foto: dpa, awe mov lof sja

An der Basis von CDU und SPD in Nordrhein-Westfalen ist keine klare Mehrheit mehr für das achtjährige Gymnasium (G8) zu erkennen. Das ist das Ergebnis einer Umfrage unserer Redaktion unter den jeweils 54 Vorsitzenden der CDU-Kreisverbände und der SPD-Unterbezirke.

Sowohl bei der CDU als auch bei der SPD sprach sich jeweils weniger als die Hälfte der Antwortenden klar oder tendenziell für G8 aus. Eine Rückkehr zu G9 hat ebenfalls wenige entschiedene Befürworter; knapp die Hälfte legt sich nicht fest oder möchte abwarten, wie sich die jüngst beschlossenen G 8-Reformen auswirken.

"Kontinuität wichtiger statt häufiger Systemwechsel"

Ein von Ministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) einberufener runder Tisch hatte 2014 für Entlastungen der Schüler votiert, unter anderem eine Reduzierung des Nachmittagsunterrichts und der Hausaufgaben. Die Wirksamkeit der Maßnahmen will das Ministerium bis Ende des kommenden Schuljahrs überprüfen; Ergebnisse sollen 2017 vorliegen.

Zu den G8-Befürwortern gehört zum Beispiel der Krefelder CDU-Kreisvorsitzende Marc Blondin. "Nach meinem Verständnis muss es möglich sein, in acht Jahren diejenigen Lerninhalte zu vermitteln, die die Feststellung einer allgemeinen Hochschulreife rechtfertigen", sagte Blondin. Er empfehle der CDU, sich im Landtagswahlkampf — Wahltag ist der 14. Mai 2017 — klar für G8 auszusprechen.

Der Duisburger CDU-Chef Thomas Mahlberg pflichtete Blondin bei: "Für mich ist eine gewisse Kontinuität wichtiger statt häufiger Systemwechsel." Bei der SPD sprach sich der Euskirchener Unterbezirkschef Markus Ramers für G8 aus: "Eine Rolle rückwärts zu G9 halte ich für falsch."

Befürworter von G9 sind bei der SPD Josef Neumann (Solingen) und Martin Peters (Region Aachen). "Schüler stehen vermehrt unter Stress", sagte Peters: "Daher sollten wir uns nicht unnötig schwertun, eine Rückkehr zu G9 herbeizuführen." Sein Unterbezirk werde beim SPD-Landesparteitag im September einen entsprechenden Antrag einbringen. Bei der CDU warb Christos Katzidis (Bonn) für Wahlfreiheit der Eltern: Die Politik solle "regionale Lösungen zulassen".

Nur Piraten sprechen sich klar für G9 aus

Ebenso groß wie die Gruppe derer, die zu G8 tendieren, ist neun Monate vor der Wahl der Anteil derer, die sich nicht festlegen wollen. So schickten allein zehn CDU-Kreisvorsitzende auf die Frage nach ihrer persönlichen Präferenz eine wortgleiche Stellungnahme, die gegen "Denkverbote", aber auch gegen "voreiliges Handeln" plädiert.

"Wir werden alle Fakten und die Ergebnisse vor Ort auswerten", sagte CDU-Landeschef Armin Laschet unserer Redaktion. Rot-Grün habe G 8 nicht erfolgreich umgesetzt, was Eltern, Lehrer und Schüler verärgere: "Wichtig ist aber auch, dass nicht immer wieder und noch mehr Unsicherheit in die Schulen getragen wird. Schnellschüsse sind fehl am Platz." SPD-Generalsekretär André Stinka versprach: "Die Sorgen nehmen wir ernst." CDU und FDP hätten G8 "sehr schlecht eingeführt". Auf dem Parteitag werde das Thema die SPD beschäftigen: "Es liegen vereinzelte Anträge zur Diskussion vor."

Von den Parteien im Landtag haben sich nur die Piraten klar für G9 ausgesprochen; die AfD will mit dieser Forderung in den Wahlkampf ziehen. Elterninitiativen werben für die Rückkehr zu G9 und haben dazu ein Volksbegehren angekündigt. Auch die Landeselternschaft der Gymnasien plädiert inzwischen für G9, nachdem eine von ihr in Auftrag gegebene Umfrage im April eine Mehrheit von 79 Prozent gegen G8 ergeben hatte.

(fvo)
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