Hähnchenmast soll besser kontrolliert werden NRW startet erste Antibiotika-Datenbank

Düsseldorf · Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hat am Mittwoch den Startschuss für die bundesweit erste Datenbank zum Antibiotika-Einsatz in der Hähnchenmast gegeben. "Wir müssen die Antibiotika-Ströme in der Tierzucht endlich offen legen", erklärte Landesumweltminister Johannes Remmel (Grüne) zum Start des Projekts in Düsseldorf.

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Foto: dpa, Federico Gambarini

Kritik übte Remmel an Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU). Aigner müsse "endlich ihre Blockadehaltung und Klientelpolitik zu Gunsten der Geflügelwirtschaft aufgeben".

Aigner hatte am Dienstag ihren Entwurf zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vorgelegt, mit dem der Antibiotika-Einsatz in der Tierhaltung stark eingeschränkt werden soll. Unter anderem sollen Tierärzte demnach verpflichtet werden, auf Verlangen der Behörden Daten zur Abgabe und Anwendung von Antibiotika zu übermitteln. Wenn sie ein Medikament bei denselben Tieren nochmal verschreiben oder einen ähnlichen Wirkstoff, müssen sie den Erreger vorher im Labor testen lassen - bezahlen muss dies der Tierhalter.

Remmel hatte Aigners Pläne bereits am Dienstag als "Mogelpackung" bezeichnet. Unter anderem bleibe der Verschleierung der Antibiotika-Ströme "Tür und Tor geöffnet". Beim Start der Antibiotika-Datenbank bekräftigte Remmel, notwendig sei "die durchgängige Transparenz der Handelswege vom Hersteller bis zur Anwendung im Tierstall". Außerdem müsse es einen "verbindlichen Reduktionsplan zur Verminderung des Antibiotika-Einsatzes um mindestens 50 Prozent in den nächsten drei Jahren" geben.

In die nordrhein-westfälische Antibiotika-Datenbank sollen Tierärzte und Landwirte Daten eingeben, wann und wie viele Antibiotika eingesetzt werden. Die Eingabe erfolgt zunächst freiwillig, bis die Bundesregierung den notwendigen Rechtsrahmen schafft. "NRW hat seine Hausaufgaben gemacht. Die Bundesregierung hingegen nicht", erklärte Remmel dazu.

Mit der Datenbank zieht NRW Konsequenzen aus den Ergebnissen einer im Oktober veröffentlichten Antibiotika-Studie. Diese hatte ergeben, dass 96,4 Prozent der Tiere aus den untersuchten NRW-Betrieben mit Antibiotika behandelt wurden, lediglich bei weniger als vier Prozent der Masthähnchen kam kein Wirkstoff zum Einsatz.

In einer am Montag veröffentlichten Untersuchung des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) waren zudem antibiotikaresistente Keime in Hähnchenfleisch aus Supermärkten und Discountern nachgewiesen worden. Experten warnen, solche Keime könnten bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem zu schweren und sogar lebensgefährlichen Erkrankungen führen - wegen ihrer Resistenz aber nicht mehr wirkungsvoll mit Antibiotika bekämpft werden.

(AFP)
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