Vor Bund-Länder-Runde NRW-Städte warnen vor flächendeckendem Finanznotstand

Düsseldorf · Am Mittwoch verhandeln die Ministerpräsidenten mit der Bundesregierung über das dritte Entlastungspaket. Die Erwartungen sind hoch – Kommunen im Land warnen bereits, ihnen drohe flächendeckend der Finanznotstand.

 Blick auf den Düsseldorfer Fernsehturm (Symbolbild).

Blick auf den Düsseldorfer Fernsehturm (Symbolbild).

Foto: Endermann, Andreas (end)

Kurz vor der Verhandlungsrunde zwischen Bund und Ländern über die Finanzierung des dritten Entlastungspakets steigt der Druck auf alle Beteiligten, an diesem Mittwoch zu einer Einigung zu kommen. „Die Krise trifft die Kommunen mit voller Wucht. In ganz Nordrhein-Westfalen rechnen die Kämmerer im Haushalt 2023 mit millionenschweren Defiziten“, erklärte Eckhard Ruthemeyer, Präsident des Städte- und Gemeindebundes NRW: „Selbst die Kommunen, die noch finanzielle Reserven hatten, bluten jetzt aus.“

Ruthemeyer, der Bürgermeister von Soest ist, kritisierte, dass die NRW-Kommunen die Finanzierung der Entlastungspakete des Bundes unerwartet hart treffen würde: „Im dritten Quartal des Jahres bekamen die Gemeinden bei ihrem Anteil an der Einkommensteuer 700 Millionen Euro weniger als im vorangegangenen Quartal.“ Es sei gut und richtig, dass die Bundesregierung die Menschen entlaste, „aber sie nimmt den Kommunen damit die finanzielle Basis für ihr Handeln“. Ruthemeyer warnte, ohne spürbare Hilfen würden die Kommunen flächendeckend in die Haushaltssicherung rutschen und gezwungen sein, Leistungen zurückzufahren und Steuern zu erhöhen.

Der Oppositionsführer im Landtag, Thomas Kutschaty (SPD), kritisierte Schwarz-Grün für die abwartende Haltung: „In den Bund-Länder-Beratungen muss NRW seinen Anteil zum Unterstützungspaket fest zusichern.“ Zudem müsse Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) umgehend eigene Hilfen für NRW auflegen. „Seit Wochen begeht die Landesregierung unterlassene Hilfeleistung. Weiter zuschauen, bis es zu spät ist, darf keine Option sein“, so der SPD-Fraktionschef.

Sein FDP-Kollege Henning Höne brachte es auf die Formel: „Wüst fordert weiter viel von anderen, macht selbst aber zu wenig. Im größten Bundesland wird der Status quo auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner von CDU und Grünen verwaltet.“ Höne sprach von einer fortwährenden Blockadehaltung des Ministerpräsidenten – ohne eigene Vorschläge zur Entlastung der Menschen: „Bei seinem Chaos-Haushalt in NRW, der nichts für Entlastungen vorsieht und auf Voodoo-Zahlen basiert, bleibt nur noch der Angriff nach vorne. Der Stil reicht vielleicht für das Amt eines CDU-Generalsekretärs, aber nicht für das Amt des Ministerpräsidenten.“

Zwischen Bund und Ländern hatte es zuletzt Unstimmigkeiten über die Finanzierung des dritten Entlastungspakets gegeben, das NRW jährlich drei Milliarden Euro kosten würde. Die Länder ihrerseits dringen auf Entlastungen bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise, im Nahverkehr, bei der Unterstützung der Krankenhäuser und der Ausweitung des Wohngelds.

Am Montag legte die Gaskommission ihren Abschlussbericht mit Maßnahmen vor: Im Dezember sollen private Haushalte und kleinere Unternehmen demnach eine Einmalzahlung erhalten, die sie – und das ist neu – ab einem bestimmten Jahreseinkommen auch versteuern sollen: Ab 72.000 Euro Einkommen muss die Hilfe als geldwerter Vorteil der Einkommensteuer unterworfen werden. Ab März empfiehlt die Kommission die Gaspreisbremse: Für ein Basiskontingent soll der Staat den Gaspreis auf zwölf Cent je Kilowattstunde heruntersubventionieren. Für Mieter mit Energieschulden soll es Kündigungsschutz geben.

Große Industrieunternehmen sollen bereits ab Januar entlastet werden. Sie sollen für ein Basiskontingent nur sieben Cent je Kilowattstunde zahlen. Im Gegenzug müssen sie ihre deutschen Standorte erhalten und hierzu eine Standortvereinbarung abschließen.

Johannes Pöttering, der Hauptgeschäftsführer von Unternehmer NRW, forderte Tempo: „Es ist jetzt an der Bundesregierung, die Vorschläge ohne Verzug, möglichst pragmatisch und rechtssicher umzusetzen. Über die Einmalentlastung im Dezember hinaus muss die echte Preisbremse zeitnah auf den Weg gebracht werden. Für Härtefälle braucht es zusätzliche pragmatische Instrumente.“ Zudem müsse eine wirksame Strompreisbremse kommen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort