Abitur, Datenleck, Software Schulministerin zieht Konsequenzen aus Pannenserie

Düsseldorf · Frühere Prüfungsdownloads, womöglich ein neuer Dienstleister und ein Krisenstab für außergewöhnliche Lagen – im Ausschuss für Schule und Bildung kündigt Ministerin Feller Reaktionen auf die jüngsten Probleme an.

Schul- und Bildungsministerin Dorothee Feller  (CDU) steht derzeit unter enormem Druck.

Schul- und Bildungsministerin Dorothee Feller (CDU) steht derzeit unter enormem Druck.

Foto: dpa/Malte Krudewig

Die Schulen in NRW sollen künftig mehr Zeit bekommen, um zentrale Prüfungen herunterzuladen. Das kündigte NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) im Schulausschuss des Landtags an. In der extrem hitzigen Sitzung erklärte Feller, dass die Schulen künftig drei Tage vor der Prüfung die Aufgaben herunterladen könnten, um dann bei Problemen womöglich noch nachsteuern zu können. Damit keine Aufgaben vor der Zeit die Runde machen, können sie zwar geladen, aber noch nicht eingesehen werden. Dazu ist ein weiteres Passwort nötig.

Download-Probleme hatten im April dazu geführt, dass die erste schriftliche Abiturprüfung in naturwissenschaftlichen Fächern noch einmal um zwei Tage verschoben werden musste. Der Vertrag mit dem externen Dienstleister, der für die Download-Server verantwortlich war, läuft im Sommer aus. Feller kündigte an, dass man dann die entsprechende Ausschreibung für das Zentralabitur und die zentralen Prüfungen in der Klasse 10 anpassen werde. So müssen berücksichtigt werden, dass künftig viel häufiger Video- oder Audiodateien in den Prüfungen genutzt werden sollen. „Darüber hinaus muss das System höhere Lastspitzen und deutlich mehr parallele Nutzerzugriffe technisch sicher abbilden können und zuvor umfangreich getestet werden“, sagte Feller. Das Vergabeverfahren werde bis Mitte August abgeschlossen sein. Zudem will Feller für den Umgang mit solchen Großlagen künftig einen Krisenstab im Ministerium einrichten. „Aus diesem Stab heraus wird dann gemeinsam mit der Qualis die Störung behoben und gleichzeitig die Kommunikation an die Schulen, die Schulaufsicht, die betroffenen Schülerinnen und Schüler sowie die Öffentlichkeit gebündelt und transparent gesteuert“, erläuterte die Ministerin.

In der Sitzung ging es auch um das Datenleck bei der Landesbehörde Qualis. So war nach der Datenpanne bekannt geworden, dass mehr als 16.000 Datensätze von Lehrern frei zugänglich im Netz einsehbar waren. Die Unternehmensberatung Ernst & Young hat den Vorfall untersucht. Anders als zuvor angekündigt, sollen die Ergebnisse der Untersuchung nicht einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Der Bericht werde auf Anraten des Innenministeriums zur Verschlusssache „Nur für den Dienstgebrauch“ erklärt, teilte Feller mit. Die Mitglieder des Schulausschusses werden ihn aber zur Verfügung gestellt bekommen.

In der Sitzung ging es zudem um zwei Schreiben des Chefs der Qualis, Rüdiger Käuser, in denen er auf Sicherheitsrisiken beim Redaktionssystem für die Internetseiten seines Hauses aufmerksam gemacht hatte. Feller unterstrich dabei noch einmal, dass die in den Schreiben aufgeworfenen Probleme nichts mit den Datenlecks zu tun gehabt hätten. Zudem habe es sich nicht um eine akute Problemanzeige gehandelt, sondern Argumente zur Beantragung von Haushaltsmitteln. Das führte allerdings zu vehementem Widerspruch der Opposition.

Die schulpolitische Sprecherin der SPD, Dilek Engin, sagte nach der Sitzung: „Offenbar hat man die Hilferufe des Landesinstituts Qualis an das Ministerium schlichtweg nicht ernst genommen und ist diesen auch nicht nachgegangen.“ Sie warf der Ministerin eine Salami-Taktik vor und stellte provokativ die Frage, was denn noch alles käme. Ihre Kollegin von FDP-Fraktion, Franziska Müller-Rech, verwies darauf, dass es sich ja um drei IT-Probleme bei der Qualis gehandelt habe. „Sie können nicht sagen: ,An meinem Auto brennen drei Reifen, aber der Rest fährt ja noch.‘“ Müller-Rech kritisierte unter anderem, dass Qualis-Chef Käuser nicht mehr an den Abteilungsleiterrunden im Ministerium teilgenommen habe. Natürlich sei es das gute Recht der Ministerin, die Organisation zu ändern. Es sei jedoch ein Problem, wenn die Kommunikation nicht mehr durchdringe. Das wies die Ministerin scharf zurück. Es habe einmal im Monat einen festen Gesprächstermin mit dem Staatssekretär gegeben. Doch nach dessen Angaben waren die Probleme mit dem Redaktionssystem dabei nicht Thema.

Nachdem der Leiter der IT-Abteilung im Ministerium erklärt hatte, seines Wissens nach gebe es keine Verlinkung von den Qualis-Webseiten zu den vom Datenleck betroffenen Web-Anwendungen, konnte der SPD-Abgeordnete Frank Müller mit Hilfe eines Internet-Seitenarchivs sehr wohl nachweisen, dass die Webanwendungen über die Qualis-Seiten zu erreichen waren. Das Ministerium kündigte dazu weitere Informationen für die nächste Ausschusssitzung an.

Die CDU-Politiker Jan Heinisch und Claudia Schlottmann attackierte insbesondere die SPD. Der Vorwurf: Deren Fraktionschef Jochen Ott habe aus einem vertraulichen Gespräch der Ministerin mit den schulpolitischen Sprechern öffentlich zitiert – noch dazu falsch. Auch die Ministerin wertete das als Vertrauensbruch. Ott hingegen sagte unserer Redaktion: „Das war ein normales Informationsgespräch auf Fachebene. Offenbar hat die Schulministerin aber kein Interesse an Transparenz. Unsere Fragen nach Haushaltsanmeldungen der Qualis für den IT-Bereich wurden damals jedenfalls nicht bestätigt – auch im Nachgang nicht.“

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