„Schwierige Rahmenbedingungen“ NRW legt nur Basishaushaltsentwurf vor

Düsseldorf · Weil die Steuerschätzung und eine Eingung zu den Kosten für das Entlastungspaket noch ausstehen, macht der Finanzminister einen Vorschlag unter Vorbehalt. Wie künftige Belastungen finanziert werden sollen, ist unklar.

Marcus Optendrenk (CDU), Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, spricht während einer Pressekonferenz. Optendrenk stellte den Entwurf des Haushaltsgesetzes 2023 vor.

Marcus Optendrenk (CDU), Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, spricht während einer Pressekonferenz. Optendrenk stellte den Entwurf des Haushaltsgesetzes 2023 vor.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Mit ihrem ersten Haushaltsentwurf hat die schwarz-grüne Landesregierung eine Wortschöpfung geliefert: den Basishaushalt. Weil eine Einigung zwischen Bund und Ländern über die Aufteilung der Kosten für das dritte Entlastungspaket noch aussteht, hat NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) am Mittwoch erst einmal nur die Maßnahmen vorgestellt, zu denen das Land ohnehin vertraglich verpflichtet ist, die für eine Ko-Finanzierung nötig sind und die es für unbedingt nötig hält.

Optendrenk sagte zu dem bereits am Dienstag vom Kabinett verabschiedeten Entwurf: „Die Aufstellung ist anders gelaufen, als wir uns das so vorgestellt haben, und ehrlicherweise anders, als ich mir das gewünscht habe.“ Der Minister verwies auf Russlands Angriffskrieg in der Ukraine und die großen Herausforderungen durch die Energiekrise. Zugleich erneuerte er seine Forderung an den Bund, im Gespräch mit den Ländern zu einer fairen Lastenverteilung zu kommen. Bleibe der Bund bei seiner Haltung, dass die Länder den gleichen Teil schultern müssten, würde dies jährliche Mehrbelastungen von drei Milliarden Euro bedeuten. Es gehe um die Ausweitung der Wohngeldbezieher, die Finanzierung des Nachfolgemodells für das 9-Euro-Ticket und due Hilfen für die ukrainischen Flüchtlinge. „Da liegt eine Einigung im Moment noch in weiter Ferne“, so der CDU-Politiker. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor sei die noch ausstehende Steuerschätzung. Auch sei noch unklar, ob der Gaspreisdeckel überhaupt wirke. Optendrenk verwies darauf, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) derzeit immer noch von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,3 Prozent ausgehe, Wirtschaftsforscher – etwa das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln – gingen dagegen von einem Rückgang um 1,75 Prozent aus.

„Aufgrund dieser schwierigen Rahmenbedingungen müssen wir mit dem Entwurf auf Sicht fahren und haben deshalb einen Basishaushalt aufgestellt.“ Dieser komme auch ohne neue Schulden aus. „Wir werden auf den Ausgang der Verhandlungen mit dem Bund zum dritten Entlastungspaket und die Herbststeuerschätzung reagieren müssen“, so der Minister.

Dass man mit der Aufstellung des Haushalts nicht noch gewartet habe, begründete Optendrenk einerseits mit dem Respekt gegenüber dem Budgetrecht des Parlaments und der dadurch deutlich kürzeren Beratungszeit. Auch eine Verschiebung sei nicht nötig gewesen, weil der Verfassungsgerichtshof in Münster die klare Vorgabe gemacht habe, dass der Haushalt noch im alten Jahr aufzustellen sei.

Der Basishaushalt hat ein Volumen von 93,4 Milliarden Euro, also knapp fünf Milliarden mehr als im Nachtragshaushalt ursprünglich angesetzt. Optendrenk rechnet mit einem Steuerplus von 3,6 Milliarden auf 75,4 Milliarden Euro – allerdings sind diese Zahlen mit Vorsicht zu genießen, ist ihre Grundlage noch die Steuerschätzung aus dem Mai. Mit knapp 21,7 Milliarden Euro hat der Etat des Schulministeriums das größte Volumen. Die Ausgaben für innere Sicherheit summieren sich laut Optendrenk auf knapp 6 Milliarden Euro. Für Landesmaßnahmen für Asylbewerber und Bürgerkriegsflüchtlinge werden 1,8 Milliarden Euro bereitgestellt. In Digitalisierungsmaßnahmen fließen 477 Millionen Euro.

Für die steigenden Energie- und Benzinpreise haben die Ministerien bei Optendrenk 172 Millionen Euro angemeldet. Zu einem Mehrbedarf führen zudem die Entlastungstarifverträge für die Pflegekräfte an den Unikliniken (rund 60 Millionen Euro).

Das Land muss im Vergleich zum Vorjahr auch deutlich mehr Zinsausgaben aufbringen: Diese steigen um 1,4 Milliarden Euro. Auch der Nachtragshaushalt hinterlässt seine Spuren. Weil dort Maßnahmen angestoßen wurden, wie etwa die Verlängerung des Alltagshelferprogramms in den Kitas und im Offenen Ganztag, kommen noch einmal 700 Millionen Euro hinzu.

Einige neue Herzensprojekte sollen aber dennoch angestoßen werden. Dafür stellt das Land insgesamt 482 Millionen Euro zur Verfügung. Schwerpunkte sind Klimainvestitionen, Bildung, Sicherheit und Katastrophenschutz, Ehrenamt und Sport und Mobilität.

Der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler NRW, Rik Steinheuer, hat der Landesregierung vorgeworfen, sich nicht ausreichend für künftige Belastungen abzusichern. Steinheuer begrüßte zwar im Gespräch mit unserer Redaktion, dass der Haushalt ohne Neuverschuldung auskommen soll. Zugleich bezweifelte, dass der Minister ausreichend Vorsorge für die von ihm selbst benannten Unsicherheiten treffe. „Es ist völlig unklar, wie stark das Land durch die Ankündigungen des Bundes belastet wird.“ Konkret nannte Steinheuer unter andere die steigenden Zinsen. „Auch steht völlig in den Sternen, wie groß die Flüchtlingswelle in diesem Winter ausfallen und die damit verbundenen Kosten werden. Hinzu kommen die Personalkosten, die im Landeshaushalt einen enormen Anteil ausmachen, und vor dem Hintergrund der Inflation und den absehbar höheren Lohnforderungen der Gewerkschaften weiter steigen dürften.“ Deshalb sei die Landesregierung gut beraten, wenn sie sich trotz der zu erwartenden steigenden Steuereinnahmen in Zurückhaltung übe und Mehreinnahmen in die Vorsorge stecke.

Stefan Zimkeit, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, übte scharfe Kritik am Entwurf: „Weder ein Entlastungspaket für die Bürger, noch ein Hilfsprogramm für die Betriebe in NRW: Auch im kommenden Jahr verweigert die schwarz-grüne Landesregierung konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung der Energiekrise.“ Wieder zeigten die Finger nur nach Berlin und ansonsten würden die Hände in den Schoß gelegt. „Es ist ein schlechter Witz, dass die Landesregierung behauptet, ihr Entwurf würde ‚den aktuellen Herausforderungen entsprechen‘. Genau das tut er nicht.“ Zimkeit kritisierte, die Landesregierung bleibe untätig bei der Beantwortung wichtiger Zukunftsfragen. Konzepte gegen die Bildungskrise im Land fehlten genauso wie eine Vorsorge für eine Lösung der kommunalen Altschuldenprobleme. „Schwarz-Grün fehlt es an Willen und Kraft, die zentralen Probleme des Landes anzupacken.“

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