Streit um Bereitschaftszeiten NRW-Polizisten verklagen Innenminister

Düsseldorf · Beamte der Hundertschaften wollen nicht länger hinnehmen, dass ihnen Bereitschaftszeiten bei Großeinsätzen in anderen Bundesländern nicht vollständig durch Freizeit ausgeglichen werden.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW hält die bisherigen Regelungen zur Abgeltung von Bereitschaftszeiten bei der NRW-Polizei für rechtswidrig. "Wir haben deshalb jetzt eine Musterklage beim Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen eingereicht", sagte Arnold Plickert, Landesvorsitzender der GdP, unserer Zeitung. Der Fall zeige einmal mehr, welch geringe Wertschätzung die rot-grüne Landesregierung den Beamten der Einsatzhundertschaften entgegenbringe.

Bei dem Streit geht es konkret um die Frage, wie die "Freizeit" von Polizisten bei Großeinsätzen zu bewerten ist. Wenn sich die Kräfte über mehrere Tage in einem anderen Bundesland aufhalten, müssen sie sich auch in der einsatzfreien Zeit in Bereitschaft halten. "Die Kollegen tragen weiterhin Uniform und dürfen das Unterkunftsgelände nicht verlassen", erklärt Arnold Plickert. Wenn der Dienstherr anordne, dass sich ein Beamter an einem bestimmten Ort aufzuhalten habe, dann sei das ein "originärer Bestandteil des Dienstes" und auch so zu behandeln.

Das Land Niedersachsen hat sich dieser Einschätzung bereits angeschlossen und gleicht die "Freizeit" im Einsatz künftig als Volldienst aus. Das Land NRW will jedoch nur die Hälfte der angefallenen Stunden ausgleichen. Danach wird für zwei geleistete Bereitschaftsstunden eine Stunde Freizeitausgleich gewährt. "Lediglich für Castor-Einsätze der jüngten Vergangenheit soll der Bereitschaftsdienst rückwirkend bezahlt werden", sagt Plickert.

Für die Zukunft gebe es keine Zusagen. Mehrtägige Einsätze zum Beispiel bei der Sicherheitskonferenz in München, bei Mai-Krawallen in Hamburg und Berlin oder bei anderen Großdemonstrationen blieben unberücksichtigt. Seit März 2011 hatten 5000 Polizisten Widerspruch gegen die Regelung eingelegt. Die Musterklage sei nun eingereicht worden, nachdem die Verhandlungen mit NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) über eine verbindliche Regelung der Bereitschaftszeit ab 2014 gescheitert seien, hieß es.

Die CDU-Fraktion im Düsseldorfer Landtag unterstützt die Forderung der Polizisten. "Der Vorgang zeigt erneut, dass Innenminister Jäger gegenüber unseren Polizisten nur Lippenbekenntnisse abgibt", sagte Werner Lohn, Sprecher der Union im Unterausschuss Personal. Selbstverständlich seien Bereitschaftsdienste fernab des eigenen Wohnorts keine Freizeit. "Ein verantwortungsbewusster Innenminister würde sich im Dialog mit den Polizeiverbänden für eine angemessene Übergangsregelung sowie eine leistungsgerechte Vergütung in der Zukunft einsetzen", sagte der CDU-Politiker. Der Innenminister stelle die Beamten der Einsatzhundertschaften jedoch "in Basta-Manier vor vollendete Tatsachen", so Lohn.

Ein Sprecher von NRW-Innenminister Jäger erklärte, die Arbeitszeitverordnung der Polizei in Nordrhein-Westfalen solle demnächst umfassend geändert werden. Dabei würden auch die Regelungen zu den Bereitschaftszeiten überprüft. "Dazu stehen wir mit den Gewerkschaften in einem konstruktiven Dialog", betonte der Sprecher.

Verena Schäffer, innenpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, zeigte Verständnis für das Anliegen der Polizisten. "Richtig ist, dass die Belastung der Polizisten in den Hundertschaften durch die häufigen Einsätze am Wochenende bei Fußballspielen und Demonstrationen und durch die lange Anreise bei Einsätzen in anderen Bundesländern hoch ist", sagte die Abgeordnete. "Deshalb werden wir uns intensiv mit der Forderung der Gewerkschaft auseinandersetzen", kündigte Schäffer an.

(RP)
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