40 Prozent mehr Erstsemester erwartet NRW-Ministerium empfiehlt Studium im Osten
Dortmund · Angesichts des Ansturms auf die Hochschulen in NRW hat das Wissenschaftsministerium Landeskindern ein Studium in Ostdeutschland nahegelegt. Sie wolle Eltern und Studienberechtigte "ermutigen zu prüfen", ob das eine Möglichkeit sei, sagte die Planungs-Abteilungsleiterin Waltraud Kreutz-Gers.
NRW sehe es "durchaus positiv", wenn junge Menschen in Ostdeutschland studierten: Das entlaste nicht nur die Hochschulen im Land, sondern sei auch "ein willkommener volkswirtschaftlicher Effekt" für den Osten, wo die Bevölkerungszahl schneller zurückgehe und deshalb Kapazitäten zur Verfügung stünden, erläuterte Kreutz-Gers am Samstag in Dortmund bei einer Veranstaltung der Landeselternschaft der Gymnasien.
40 Prozent mehr Erstsemester erwartet
Hintergrund für die Empfehlung sind das steigende Studierinteresse und das Ende der Wehrpflicht, vor allem aber der doppelte Abiturjahrgang in NRW 2013. Dann verlassen der letzte Jahrgang mit neunjährigem und der erste Jahrgang mit achtjährigem Gymnasium gleichzeitig die Schulen. NRW rechnet für 2013 mit 179.000 Studienberechtigten, knapp 40 Prozent mehr als 2012. Die Kultusministerkonferenz hat zudem von 2012 auf 2013 einen Anstieg der tatsächlichen Erstsemesterzahlen in NRW um 21 Prozent vorhergesagt.
Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) hatte bereits gesagt, sie könne nicht jedem Bewerber ein Studium im Wunschfach am Wunschort garantieren. "Was derzeit passiert, ist im Hochschulwesen in Nordrhein-Westfalen ein Solitär", sagte Kreutz-Gers in Dortmund. Das werde "natürlich zu Schwierigkeiten und Friktionen" führen. NRW sei aber trotzdem gut vorbereitet: "Probleme gab es auch in Jahren ohne doppelten Abiturjahrgang." Gefragt seien "kreative Lösungen, die wir derzeit als ungewöhnlich erachten". Die Abteilungsleiterin nannte als Beispiel den Ankauf eines Baumarkts durch die Universität Paderborn. Dort sollen nun Seminare stattfinden.
Es wird mehr Geld nötig sein
Kreutz-Gers erneuerte die Forderung des Landes nach mehr Geld aus Berlin. Bisher haben sich Bund und NRW im "Hochschulpakt II" darauf geeinigt, mit rund 1,8 Milliarden Euro zu gleichen Teilen bis 2015 Plätze für 90.000 zusätzliche Studenten im Land zu finanzieren. Dem liegt aber eine Prognose der Kultusminister für die Studentenzahlen zugrunde, die sich als zu niedrig erwiesen hat. NRW fordert daher vom Bund, auch für den darüber hinausgehenden Bedarf anteilig Mittel bereitzustellen. "Wir gehen davon aus, dass der Deckel gehoben wird", sagte Abteilungsleiterin Kreutz-Gers in Dortmund.
Die Landeselternschaft kritisierte den Stand der Vorbereitungen zur Bewältigung des doppelten Abiturjahrgangs. "Es kracht vorne und hinten", sagte der Vorsitzende Uwe Maerz unserer Redaktion. Es drohe eine "Gerechtigkeitslücke", wenn nun an vielen Unis der Numerus clausus "zum Teil auf aberwitziges Niveau" gehoben werde: "Wenn unsere Kinder 2013 nicht an die Unis gehen können, gehen sie eben an den Arbeitsmarkt." Das verschärfe die Probleme der Haupt- und Realschulabsolventen. Maerz forderte, die Lehrverpflichtung für Professoren zu erhöhen, um den Andrang an den Hochschulen zumindest teilweise aufzufangen.