Landtagswahl NRW ist nicht Hessen

Knapp zwei Wochen vor der Landtagswahl herrscht in NRW Hochspannung. Die beiden Lager Schwarz-Gelb und Rot-Grün liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Macht. Auf ihren Parteitagen am Wochenende verstärkten Grüne und FDP noch einmal den Lagerwahlkampf. Drohen an Rhein und Ruhr jetzt "Ausschließeritis" und ein Patt wie einst in Hessen? Ein Überblick.

Die Ausgangslage Jüngste Umfragen zeigen: Die Wahl in NRW wird zu einem Krimi. Nach einer Emnid-Umfrage im Auftrag des "Focus" vom Wochenende liegt Schwarz-Gelb derzeit bei 46 Prozent. SPD und Grüne landen mit 45 Prozent knapp dahinter. Die CDU könnte demnach mit 38 Prozent zwar deutlich vor der SPD mit 34 Prozent landen. Da die FDP mit acht Prozent aber klar hinter den Grünen (11 Prozent) liegt, riecht es nach einem Patt im Düsseldorfer Landtag. Die Linken würden mit sechs Prozent knapp den Einzug ins Parlament schaffen.

Kurz vor dem TV-Duell am Sonntagabend liefern sich laut Emnid auch die beiden Spitzenkandidaten ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Wählergunst. Könnten die Menschen in NRW den Ministerpräsidenten direkt wählen, würden 39 Prozent für SPD-Landeschefin Hannelore Kraft wählen. Für Ministerpräsident Jürgen Rüttgers würden 42 Prozent ihr Kreuz machen. Dem TV-Duell am Abend kommt damit eine außergewöhnlich große Bedeutung zu.

Die Grünen Auf ihrem kleinen Parteitag in Köln haben die Grünen ihr Bindung an die SPD erneut bestätigt. Parteichefin Claudia Roth ging auf Kuschelkurs mit den Genossen. Mit der SPD habe ihre Partei die größten Gemeinsamkeiten, rief Roth den Delegierten zu. "Wir wollen die Roten auch nicht den Schwarzen überlassen, meinte Roth im Hinblick auf eine große Koalition in NRW. NRW-Spitzenkandidatin Silvia Löhrmann ging zudem deutlich auf Distanz zur CDU. In Sachen Atompolitik und Schulsystem bestünden riesige Hürden für eine Zusammenarbeit. Kategorisch ausschließen will eine Regierung mit der Rüttgers-CDU aber niemand bei den Grünen.

Die FDP Die Liberalen machen ihr Wohl und Wehe erneut von der CDU abhängig. Schon vor dem Parteitag an Wochenende gab Vize-Ministerpräsident Andreas Pinkwart im Interview mit unserer Redaktion die Devise "Schwarz-Gelb oder Opposition" aus. Die Liberalen warnen Rüttgers vor schwarz-grünen Experimenten in NRW. Auf dem Kölner Parteitag selbst standen die Sorgen der Bundespartei im Mittelpunkt. Die FDP nutzte die Gelegenheit für Angriffe auf Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), kritisierte die Griechenland-Hilfe der EU und beschloss ein modifiziertes Steuerkonzept.

Die Linke Die Linkspartei bleibt in ihrer Rolle der Fundamental-Opposition. Die Düsseldorfer Kandidatin Sahra Wagenknecht ("Kommunistische Plattform")lässt kaum Gelegenheiten aus, um Hannelore Kraft zu attackieren. Die SPD-Chefin stehe für "unsoziale und neoliberale SPD-Politik". Zudem habe sich Kraft nicht ausreichend von der Rente mit 67 distanziert. Wolfgang Zimmermann, der Landeschef der Linken, nennt die "rot-grüne Inszenierung" sei eine "Wählertäuschung". In Wirklichkeit strebe die SPD eine große Koalition an. Über eigene Machtoptionen hört man bei der Linken derzeit wenig.

Die CDU Offiziell will die Rüttgers-Partei ihr Bündnis mit der FDP fortsetzen. Sollten die Stimmen nicht reichen, verfügt die Partei jedoch über zahlreiche Alternativen. Der Flirt mit den Grünen ging zwischenzeitlich so weit, dass bereits über ein mögliches schwarz-grünes Kabinett spekuliert wurde. Auch eine große Koalition sowie die schwarze Ampel aus CDU, FDP und Grünen scheinen möglich. Sicher scheint: Im Falle, dass Schwarz-Gelb die Mehrheit verpasst, verfügt Ministerpräsident Rüttgers über die besten taktischen Möglichkeiten.

Die SPD Auch die Genossen machen Lagerwahlkampf. In Berlin gab es sogar ein Spitzentreffen mit anschließender Pressekonferenz. Spitzenkandidatin Kraft distanziert sich mal mehr, mal weniger deutlich von der Linkspartei. "Wir halten die Linkspartei für nicht regierungswillig und regierungsfähig", erklärte Kraft jüngst in einem Interview mit unserer Redaktion.

Sollte es für Rot-Grün nicht reichen, bliebe einzig eine Ampel mit SPD, FDP und Grünen als taktische Reserve. Daran zeigen die Liberalen jedoch keinerlei Interesse. Den Vorwurf, dass sie nur mit der Linkspartei Ministerpräsidentin werden kann, will Kraft nicht gelten lassen. Von Umfragen wolle sie sich nicht irritieren lassen.

Fazit Selbst wenn am 9. Mai weder Rot-Grün noch Schwarz-Gelb eine Mehrheit erhalten, droht dem Land kein politisches Patt. SPD und CDU verfügen über mehrere taktische Optionen. Die CDU von Jürgen Rüttgers ist hier im Vorteil — sie hat die besseren Alternativen.

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