Bund der Steuerzahler Abwasser- und Abfallgebühren in einigen NRW-Städten massiv gestiegen

Düsseldorf · Der Bund der Steuerzahler kritisiert, dass immer noch zu viele Kommunen ihre Haushalte mit überhöhten Gebühren sanieren. Bei den Abfallgebühren fordert der Verband ein radikales Umsteuern. Wie die NRW-Kommunen auf die Kritik reagieren.

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Foto: dpa-tmn/Bernd Weissbrod

Der Bund der Steuerzahler NRW hat die alljährliche Vorstellung seines Abfall- und Müllgebührenvergleichs dazu genutzt, einen ungewöhnlichen Vorschlag zu unterbreiten. Der Vorsitzende des Verbands, Rik Steinheuer, schlug vor, dass künftig anstelle der kreisangehörigen Städte und Gemeinden die Landkreise für die Festlegung der Abfallgebühren verantwortlich sein sollten. „Das Gros der Kosten entfällt halt auf das Einsammeln und den Transport des Mülls und auf die Entsorgung beim Kreis. Beides ist von den Gemeinden eigentlich nicht groß zu beeinflussen“, sagte er. Man soll deshalb prüfen, ob man die häusliche Abfallentsorgung nicht komplett auf die Kreise überträgt, die dann kreisweit einheitlich die Abfallgebühren kalkulieren und festsetzen. Dafür gebe es auch schon Beispiele: So verfahre etwa der Kreis Höxter seit Längerem so. „Das zahlt sich aus für die Bürger, mit Abfallgebühren, die seit Jahren unter dem Landesdurchschnitt liegen.“ Steinheuer zufolge sei ein solches Verfahren in Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg gang und gäbe.

Die NRW-Kommunen sehen das natürlich anders. Christof Sommer, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds NRW, warnte, eine Umsetzung des Vorschlags würde das Verfahren für die Gebührenberechnung unnötig kompliziert machen: „Derzeit werden in den Städten und Gemeinden an einer zentralen Stelle mehrere Gebühren für verschiedene Dienstleistungen berechnet, nicht nur für den Abfall, sondern auch Abwasser, die Straßenreinigung oder den Friedhof. Aus diesem System die Abfallgebühren herauszulösen und zusätzliche Verwaltung beim Kreis aufzubauen, wäre kein Gewinn.“

Auch das NRW-Kommunalministerium reagierte äußerst zurückhaltend. Ein Sprecher sagte unserer Redaktion: „Die Entscheidung über die Zusammenarbeit ist von örtlichen Gegebenheiten abhängig und ist in kommunaler Zuständigkeit zu treffen. Es gibt heute bereits an verschiedenen Stellen im Land eine Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und Kreisen bei der Abfallentsorgung.“

Nach der Übersicht des Steuerzahlerbunds sind die Abfallgebühren für einen vierköpfigen Musterhaushalt mit 120 Liter Bio- und Restmülltonne in den Kommunen mit vierzehntägiger Leerung um drei Prozent, in denen mit wöchentlicher Leerung um sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Im Landesschnitt mussten Haushalte dafür 425 Euro bezahlen.

Dabei gibt es von Kommune zu Kommune massive Unterschiede: Vorzeigestadt war demnach Dormagen mit 170,39 Euro Abfallgebühren, auch Jülich (170,40 Euro) und Kaarst (170,40 Euro) schnitten vergleichsweise gut ab. In Münster mussten dagegen 685,80 Euro entrichtet werden – in der westfälischen Universitätsstadt kommt allerdings hinzu, dass dort die Bürger wöchentlich ihre Bio-Tonnen leeren müssen. Steinheuer nannte das überholt. Auch Selm (533,40 Euro) und Herscheid (516 Euro) zählen zu den teuren Kommunen.

Der Bund der Steuerzahler verlangte mehr Wahlfreiheit, etwa bezüglich der Tonnengröße und des Leerungsrhythmus. Steinheuer kritisierte etwa die Pflicht zur wöchentlichen Leerung in den Städten Köln, Düsseldorf, Essen, Mülheim, Bottrop, Wuppertal und Langenfeld als „nicht mehr zeitgemäß“. Als positiv bewertete er, dass eine Reihe von Kommunen nach der Dauerkritik des Steuerzahlerbunds bei den vorgeschriebenen Mindesttonnengrößen für den Restmüll nachgesteuert hätten.

Die Kommunen verteidigten die Vorgaben beim Abfuhrrhythmus: „Die Abfallentsorgung dient der Aufrechterhaltung der Hygiene und dem Seuchenschutz. So müssen etwa Biotonnen mit gekochten Speiseresten im Hochsommer in kürzeren Zeitabständen entleert werden“, sagte Verbands-Chef Sommer. „Die Kommunen wissen am besten, wo eine Änderung des Abfuhrrhythmus sich mit dem Bedarf der Menschen vor Ort deckt.“

Neben den Abfallgebühren beleuchtete der Verband auch die Abwassergebühren, die im Schnitt für einen Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 200 Kubikmetern Wasser und einer abflusswirksamen Fläche von 130 Quadratmetern erstmals mit 800,66 Euro im Jahr zu Buche schlugen – ein Plus von sechs Prozent zum Vorjahr. Am schlechtesten kommen dabei die Bürger in Monschau mit 6,82 Euro pro Kubikmeter Schmutzwasser davon, im münsterländischen Reken müssen die Bewohner nur 1,45 Euro bezahlen. Beim Regenwasser fiel die höchste Gebühr mit 2,20 Euro je Quadratmeter in Monheim an, in Schloss Holte-Stukenbrock waren es gerade 15 Cent je Quadratmeter.

Steinheuer kritisierte, dass die Kommunen zunehmend ihre Spielräume durch das neue Abgabenrecht ausnutzten. Er verlangte, dass Einnahmen aus zu hoch angesetzten Abwassergebühren nicht anderweitig verwendet werden dürften, sondern zu einer Gebührensenkung in den Nachfolgejahren führen müssten. Es dürfe nicht sein, dass die Gebührenzahler für die Haushaltssanierung der Kommunen herhalten müssten.

Die FDP im Düsseldorfer Landtag kritisierte den erneuten Anstieg bei Abwasser- und Müllgebühren. Ihr kommunalpolitischer Sprecher Dirk Wedel nannte es „nicht hinnehmbar, dass die Bürgerinnen und Bürger in einigen Kommunen bis zu fünfmal mehr zahlen als anderswo. Die massive Belastung zeigt, dass die aktuelle Gebührenpolitik dringend überdacht werden muss.“

Wedel verlangte transparente und faire Regelungen, die extreme Unterschiede verhinderten und die Menschen in NRW entlasteten. „Die Berechnung der Abwassergebühren sollte sich fairerweise an der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Zinsentwicklung orientieren und nicht an künstlich hohen Zinssätzen, die nur für klamme kommunale Kassen gut sind. Die Gebühren müssen sinken. Wenn alles teurer wird, muss es einen geben, der entlastet.“

Der Städte- und Gemeindebund wies hingegen auf wirtschaftliche Zwänge hin: „Eine gewichtige Rolle spielte zuletzt die Inflation. Deutlich höhere Preise zahlen müssen die Abwasserbetriebe zum Beispiel für Chemikalien zur Abwasserreinigung auf der Kläranlage“, sagte Sommer. Ein weiteres Beispiel für gestiegene Kosten sei die CO2-Bepreisung, der seit Januar auch Müllverbrennungsanlagen unterworfen seien. Ebenso sei die Lkw-Maut erhöht worden. Aufgrund der bundesgesetzlichen Vorgaben müsse zudem die getrennte Bioabfallerfassung und -verwertung weiter ausgebaut werden, was ebenfalls zusätzliche Kosten verursacht. Den Vorwurf, die Städte würden sich auf dem Wege der Gebühren bereichern, wies er entschieden zurück: „Die Kommunen halten sich bei der Berechnung ihrer Gebührensätze konsequent an geltendes Recht. Das sieht vor, dass Kosten für Aufbau, Pflege und Betrieb einer Kanalisation oder der Abfallentsorgung umgelegt und als Gebühr berechnet werden. Es geht dabei nicht um Profite, sondern Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger.“