Gründe und Zahlen Hälfte der Abschiebungen 2023 in NRW nicht umgesetzt

Düsseldorf · In Nordrhein-Westfalen sind 2023 über die Hälfte der geplanten rund 4000 Abschiebungen nicht erfolgt. Das sind die Gründe für das Scheitern und wofür sich jetzt Flucht- und Integrationsministerin Josefine Paul ausspricht.

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Bundeskanzler Olaf Scholz besucht Solingen nach dem Messeranschlag

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Foto: dpa/Henning Kaiser

Mehr als die Hälfte aller Abschiebungen von abgelehnten Asylsuchenden und Migranten ohne legalen Aufenthaltsstatus ist einem Medienbericht zufolge in Nordrhein-Westfalen 2023 nicht umgesetzt worden. Auf Basis richterlicher Beschlüsse seien 3.663 Menschen zurückgeführt worden, berichtete der „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Dienstag) mit Verweis auf Zahlen aus dem NRW-Flüchtlingsministerium. In 3.967 Fällen sei die Abschiebung hingegen nicht zustande gekommen.

Oft sei eine Rückführung daran gescheitert, dass die Ausreisepflichtigen nicht an ihrem gemeldeten Wohnort anzutreffen waren, als die Polizei sie abholen wollte, berichtet die Zeitung. Ein solches Verschwinden sei in 1.877 von 2.757 überprüften Fällen festgestellt worden. Zudem hätten 178 Ausreisepflichtige, die von den Behörden angetroffen wurden, so starken Widerstand gegen ihre Abschiebung geleistet, dass sie nicht in ein Flugzeug gesetzt werden konnten.

Flucht- und Integrationsministerin Josefine Paul (Grüne) sprach sich dafür aus, die Umsetzung der Dublin-III-Verordnung zu überprüfen. Die darin geregelten Rückführungen in die Ankunftsländer der Asylsuchenden seien „ein rechtlich äußerst komplexer Vorgang“, an dem unterschiedliche Ebenen und Behörden beteiligt seien, erklärte sie am Montagabend. „Dieser Vorgang muss grundsätzlich auf den Prüfstand gestellt werden, damit solche Rücküberstellungen nicht an den Verfahren scheitern.“

Wenn in diesen Abläufen im Fall des mutmaßlichen Solinger Angreifers Fehler gemacht worden seien, müssten diese aufgeklärt, benannt und die nötigen Maßnahmen eingeleitet werden, betonte Paul. Laut Bundesregierung sollte auch der mutmaßliche Attentäter von Solingen eigentlich nach Bulgarien überstellt werden, wo er in die EU eingereist war. Die Behörden in NRW seien des Mannes nicht habhaft geworden, hätten ihn aber auch nicht zur Fahndung ausgeschrieben, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP).

Am Freitagabend hatte ein Mann mit einem Messer beim „Fest der Vielfalt“ zum 650. Solinger Stadtjubiläum Besucherinnen und Besucher attackiert. Drei Menschen wurden getötet und acht verletzt. Der mutmaßliche Attentäter Issa Al H. wurde am Samstagabend festgenommen und sitzt in Untersuchungshaft. Dem 26-jährigen Syrer wird unter anderem die Mitgliedschaft in der islamistischen Terrororganisation IS vorgeworfen.

(albu/epd)