Gegen Starkregen- und Hochwasserschäden NRW für Unwetter-Pflichtversicherung

Düsseldorf · NRW-Justizminister Biesenbach befürwortet eine vorgeschriebene Police, die Starkregen- und Hochwasserschäden abdeckt. Die Branche fordert dagegen, Gebäudeversicherungen automatisch zu erweitern. Wer das nicht wolle, soll widersprechen können.

 Ein Mann gießt nach der Hochwasserkatastrophe Schlammreste aus einem Haus auf einen Haufen von Schutt aus.

Ein Mann gießt nach der Hochwasserkatastrophe Schlammreste aus einem Haus auf einen Haufen von Schutt aus.

Foto: dpa/Oliver Berg

Nach der Hochwasserkatastrophe im Juli in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz ringen Rechtspolitiker, Verbraucherschützer und die Versicherungswirtschaft darum, wie man die rund 8,5 Millionen Hausbesitzer ohne einen entsprechenden Schutz zum Abschluss einer Elementarschadenversicherung bei Wohngebäuden verpflichten kann.

Der Chef des Verbraucherzentrale-Bundesverbands, Klaus Müller, sagte unserer Redaktion: „Immobilieneigentümer müssen in die Lage versetzt werden, ihr Wohneigentum gegen sämtliche Naturgefahren abzusichern.“ Gerecht sei es, wenn diese für spezifische Risiken gemeinsam einstünden: „Für diesen Fall sollte eine Versicherungspflicht privat organisiert werden.“ Die Verbraucherschützer regten an, in einem ersten Schritt das gesetzliche Leitbild einer Allgefahrenabsicherung einschließlich sämtlicher Naturgefahren im Versicherungsvertragsgesetz festzuschreiben. Sollte sich nach zwei Jahren herausstellen, dass diese Maßnahme nicht die versprochene Wirkung entfalte, solle es eine Versicherungspflicht gegen Elementarschäden an Wohngebäuden geben.

Die Versicherungswirtschaft selbst schlägt einen anderen Weg vor: „Wenn der Gesetzgeber den Versicherern die Möglichkeit gibt, würden wir alle bestehenden privaten Wohngebäudeversicherungsverträge zu einem Stichtag umstellen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Jörg Asmussen. „Damit würden Millionen Hausbesitzer automatisch auch den Versicherungsschutz gegen Naturgefahren erhalten – außer der Verbraucher widerspricht aktiv.“ Asmussen forderte die öffentliche Hand dazu auf, nachhaltig umzusteuern, etwa durch klare Bauverbote in hochwassergefährdeten Gebieten. „Ohne konsequente Klimafolgenanpassung wird unsere Gesellschaft gezwungen sein, die schlimmen Auswirkungen verheerender Unwetterereignisse immer wieder zu durchleben“, sagte Asmussen.

Das Thema beschäftigt die ab Donnerstag tagende Justizministerkonferenz. Deren Vorsitzender, NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU), sagte, die Elementarversicherungspflicht habe die Justiz immer wieder beschäftigt. Zuletzt hatten die Justizminister 2017 intensiv darüber diskutiert. „Die Vor- und Nachteile wurden sorgfältig abgewogen und am Ende überwogen bisher die verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen“, so der Minister. Ein solcher Zwang bedeute einen schwerwiegenden Eingriff in die grundgesetzlich geschützte allgemeine Handlungsfreiheit, speziell die Vertragsfreiheit: „Wir bringen das Thema aber angesichts der verheerenden Flutkatastrophe wieder auf den Tisch.“ Er könne keine Aussage darüber treffen, was die Konferenz der Justizminister am Ende beschließe. „Ich persönlich jedenfalls tendiere inzwischen zu der Einführung einer Pflichtversicherung für Elementarschäden“, so Biesenbach.

Die Opposition forderte entschiedeneres Handeln. SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty sagte, eine Pflichtversicherung würde auch den Menschen besseren Schutz bringen, die bisher von Versicherungen abgelehnt worden seien: „Durch die höhere Anzahl an Versicherten würden dann auch die Beiträge geringer ausfallen, weil das Risiko breiter gestreut ist.“ Die NRW-Landesregierung müsse sich deshalb auf Bundesebene für eine Prüfung einsetzen, ob die Elementarschadenversicherung als Pflichtversicherung ausgestaltet werden könne – sowohl im Bereich der Gebäude- als auch im Bereich der Hausratsversicherung.

Ähnlich äußerte sich der Grünen-Politiker Johannes Remmel: „Um sich gegen die Auswirkungen des Klimawandels absichern zu können, braucht es eine solidarische Elementarschadenversicherung für Hausbesitzerinnen und -besitzer.“ Schäden durch Naturkatastrophen müssten gemeinschaftlich und vorsorgend getragen werden, statt dauerhaft und immer wieder den Staatshaushalt zu belasten. Man erwarte nun einen Beschluss auf der Konferenz der Justizminister. „Allerdings muss auch klar sein: Da, wo eine solche Pflichtversicherung von den Versicherungen zu unzumutbaren Konditionen oder gar nicht angeboten wird, sollte sinnvollerweise nicht mehr gebaut und auch nicht wieder aufgebaut werden“, so Remmel.

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