Wiederaufbau nach der verheerenden Flut „Das Entscheidende ist – das Geld reicht aus“
Düsseldorf · Nach der Flutkatastrophe ist nur ein kleiner Teil der Mittel verplant, die für den Wiederaufbau zur Verfügung stehen. Zugleich gibt es in der schwierigen Situation offenbar auch Betrügereien. In den betroffenen Regionen fehlt es außerdem an Handwerkern.
Vor fast einem Jahr hat die Flutkatastrophe 49 Menschen in NRW das Leben gekostet und verheerende Schäden angerichtet. Viele Betroffene kämpfen darum, ihre Existenzen neu aufzustellen. Die Wiederaufbaupläne von etlichen Städten und Gemeinden müssen noch erarbeitet, beschlossen, geprüft, bewilligt werden. Von den 12,3 Milliarden Euro, die Bund und Länder für den Wiederaufbau bereitgestellt haben, sind bislang gerade mal 1,6 Milliarden Euro verplant. Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) kommt dennoch zu einem positiven Zwischenfazit. Man komme in NRW „richtig gut voran“, sagte sie am Mittwoch bei einer Präsentation zum Stand der Dinge.
Noch bis zum Sommer 2023 können Anträge auf Wiederaufbauhilfen gestellt werden. Allein in diesem Jahr habe es einen großen Zuwachs an Anträgen privater Haushalte gegeben, so die Ministerin. Vor allem aber werden die ausstehenden Konzepte der Kommunen erwartet. „Deswegen kommen da noch riesige Summen“, blickt sie voraus. „Aber das Entscheidende ist: Das Geld reicht aus.“
Und die Menschen müssten auch nicht lange darauf warten. Anträge von Privatleuten könnten inzwischen binnen neun Tagen bewilligt werden. Nach den Zahlen des Ministeriums waren von den insgesamt rund 18.900 eingereichten Anträgen bis 1. Juli fast 17.800 fertig geprüft, rund 493,4 Millionen Euro sind geflossen oder werden schrittweise ausgezahlt. Bei derzeit 196 Vorgängen bestehe allerdings Betrugsverdacht; dabei geht es um Summen von insgesamt 8,2 Millionen Euro. „Betrug tritt vornehmlich bei Hausratschäden auf, aber wir haben auch im Bereich von Gebäuden entsprechende Fälle dabei“, so Scharrenbach. Für Wiederaufbaupläne von Städten und Gemeinden sind nach den Zahlen des Ministeriums bisher mehr als 740 Millionen Euro bewilligt. Für weitere Infrastruktur, beispielsweise Krankenhäuser oder Anlagen von Vereinen, sind es 162,7 Millionen Euro. Unternehmen wurden in aktuellen Antragsverfahren insgesamt 115,4 Millionen Euro zugesagt, wie zudem das Wirtschaftsministerium mitteilte.
Ein dauerhaftes Problem ist der Mangel an Handwerksbetrieben in den betroffenen Regionen. Man versuche, Kräfte aus anderen Bundesländern und aus dem Ausland zu gewinnen, sagte Scharrenbach. Fachkräftemangel gibt es auch in den Verwaltungen. Allein in Bezirksregierungen gäbe es 203 neue Stellen, um die Bürokratie des Wiederaufbaus abzuarbeiten. Bis zum Stichtag 24. Mai waren gerade mal 73 davon besetzt.
Kritik an Scharrenbachs Bilanz kommt von der politischen Opposition im Landtag: Die SPD bemängelt die Antrags-Bürokratie als viel zu komplex für Unternehmen und Privatleute. Die Kommunen versuchten, das durch Beratung aufzufangen, so der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag, Christian Dahm. „Vom Land werden die Gemeinden damit alleine gelassen und bleiben auf den Kosten sitzen. Das muss sich rasch ändern. Die Aufbauhilfe vom Land ist zu bürokratisch, zeitaufwändig und nervenaufreibend.“ Außerdem sei Scharrenbachs Kommunikationspolitik „intransparent“: Die Öffentlichkeit sollte jederzeit darüber Bescheid wissen, welche Mittel beantragt, bewilligt oder ausgezahlt seien, fordert die SPD. „Ministerin Scharrenbach muss Hilfsanträge endlich vereinfachen und klar kommunizieren, wie der Wiederaufbau tatsächlich läuft“, so Dahm.