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Verfall beschleunigt sich NRW steckt fest im Brücken-Sanierungsstau

Düsseldorf · Das Land wird dieses Jahr kaum mehr Brücken sanieren als 2022. Fachleute fordern dringend mehr Tempo. Sonst werde es „Totalausfälle“ und Domino-Effekte geben – so wie bei der Rahmedetalbrücke.

 Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) und Petra Beckefeld, Technische Direktorin des Landesbetriebs Straßen NRW, am Freitag bei der Präsentation des Sachstands zu den Brücken im Land. Der Termin fand bei einer defekten Brücke bei Wipperfürth statt.

Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) und Petra Beckefeld, Technische Direktorin des Landesbetriebs Straßen NRW, am Freitag bei der Präsentation des Sachstands zu den Brücken im Land. Der Termin fand bei einer defekten Brücke bei Wipperfürth statt.

Foto: dpa/Roberto Pfeil

Die NRW-Landesregierung will in diesem Jahr an Landes- und Bundesstraßen 67 Brücken neu bauen, sanieren oder Instandhaltungsarbeiten an ihnen durchführen. Das wären drei mehr als im vergangenen Jahr: 2022 wurden 64 solcher Maßnahmen erledigt. Dem gegenüber steht ein gewaltiger Sanierungsstau. Insgesamt sind derzeit fast 300 Brücken in der Zuständigkeit des Landes marode: 205 Stück müssen komplett abgerissen und neu gebaut werden. 22 weitere sollen verstärkt werden, das bedeutet: Auch sie sind längerfristig voraussichtlich nicht zu retten. 69 Stück müssen instandgesetzt werden. Die Kosten für all das schätzt das Land auf 1,8 Milliarden Euro.

Der Erhalt der Infrastruktur sei vielerorts akut gefährdet, urteilt die Landesregierung selbst. „Wir haben uns jahrzehntelang zu wenig um die vorhandene Infrastruktur gekümmert. Das holt uns jetzt mit kaputten Brücken ein“, sagte Landesverkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) am Freitag.

Fachleute bemängeln, dass 67 geplante Baumaßnahmen die Lage nicht entschärfen werden. „Das Tempo muss erhöht werden, sonst kriegen wir ein großes Problem“, sagte der Verkehrsexperte Roman Suthold vom Automobilclub ADAC unserer Redaktion. „Wir haben eher 200 bis 400 Brücken pro Jahr im Blick. Wenn man die, die jetzt Schäden haben, nicht schnell genug repariert, dann hat man nachher Totalausfälle.“ Das wiederum erzeuge Domino-Effekte; die Ausweichrouten würden überlastet. Selbst ohne dies werde das Problem immer größer: „Der Alterungsprozess der Bauten schreitet schneller voran, als man das mal berechnet hat“, erklärte Suthold. Seit 1950 habe es einen Zuwachs des Kraftfahrzeugverkehrs um 700 Prozent gegeben. Lkw wiegen heute mehr als doppelt so viel wie damals, und es sind viel mehr von ihnen auf den Straßen – dafür waren die Strecken einfach nicht ausgelegt. Das Land habe einfach nicht genügend Personal, um schneller zu sanieren, vermutet Suthold.

Nach den aktuellen Ergebnissen der systematischen Bauwerksprüfungen in NRW wurde etwa der Hälfte aller untersuchten Brücken ein „befriedigender“ Zustand bescheinigt. Ein gutes Drittel der Bundesstraßen-Brücken kam auf „gut“ oder „sehr gut“, an den Landstraßen gilt das für ein gutes Viertel der Bauwerke. Das bedeutet allerdings umgekehrt, dass hochgerechnet rund 1300 Brücken an Land- und Bundesstraßen in der Bandbreite von „ausreichend“ bis „ungenügend“ liegen. Die Bewertungen können sich rasch verschlechtern: In den besagten Bereich Kostenpflichtiger Inhalt fiel auch die Rahmedetalbrücke der Autobahn 45, die jahrelang als beschädigt, aber noch nutzbar eingestuft war, bis sie plötzlich im Dezember 2021 voll gesperrt werden musste – mit dramatischen Folgen für die gesamte Region.

Die Opposition im Düsseldorfer Landtag wirft dem Verkehrsminister vor, zu wenig Ambition zu zeigen. „Ankündigungen für dieses Jahr und einzelne Bauwerke genügen nicht“, kritisierte der Verkehrspolitische Sprecher der SPD, Gordan Dudas. „Minister Krischer muss einen Masterplan für funktionsfähige Brücken im Land entwickeln. Dieser muss langfristig angelegt sein, um beim Sanierungsstau dauerhaft vor die Lage zu kommen.“

FDP-Verkehrsexperte Christof Rasche bemängelte, dass die Haushaltsmittel des Landes für mehr Planungsressourcen bisher nicht erhöht worden seien. Auch kritisierte er den Grundsatz „Sanierung vor Neubau“, den die Landesregierung verfolgt. „Engpässe und Staus auf den Straßen beseitigt man nicht, indem man auf den Bestandstrecken Baustellen für Sanierungsarbeiten errichtet und gleichzeitig vollständig auf Ausweitung von Straßen verzichtet“, so Rasche.

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