Kampf gegen Masern NRW will Impfpflicht in Kitas einführen

Düsseldorf · 2019 gab es in Nordrhein-Westfalen schon fast 100 Masernfälle. Schwarz-Gelb will besseren Schutz jetzt erzwingen. Vorbild könnte Brandenburg sein.

 Kleiner Pieks, große Wirkung: Dank umfangreicher Impfkampagnen konnten Masern in Nord- und Südamerika bereits ausgerottet werden.

Kleiner Pieks, große Wirkung: Dank umfangreicher Impfkampagnen konnten Masern in Nord- und Südamerika bereits ausgerottet werden.

Foto: dpa/Seth Wenig

Nordrhein-Westfalen bereitet die Einführung einer generellen Impfpflicht gegen Masern für Kinder in Kindergärten vor. Kinder- und Familienminister Joachim Stamp (FDP) sagte unserer Redaktion: „Ich bin für eine generelle Impfpflicht – das gilt auch für Kindergärten. Wie wir das dort umsetzen, werden wir prüfen.“ Auch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte am Freitag auf Anfrage: „Ich bin für eine Impfpflicht.“

Hintergrund sind die seit Jahresanfang ungewöhnlich häufigen Fälle von Masern-Erkrankungen. Nach Angaben des Landeszentrums für Gesundheit ging die Zahl der Infektionen in NRW nach einem hohen Stand von 520 im Jahr 2017 zwar auf 211 im vergangenen Jahr zurück. In den ersten drei Monaten des Jahres 2019 wurden in NRW allerdings schon fast 100 Masernfälle gezählt.

Masern sind hochansteckend und gefährlich. Donnerstag beschloss bereits das Bundesland Brandenburg die Einführung einer generellen Impfpflicht gegen Masern für alle Kinder, die dort in einer Kita oder andere Tagespflegeeinrichtung angemeldet werden sollen. In Essen machte die privat geführte Kita „Kinderkiste“ vor wenigen Wochen den Nachweis einer Impfung gegen Masern zur Aufnahmebedingung.

Die Bundesregierung prüft ebenfalls die Möglichkeit einer bundesweiten Impfpflicht gegen Masern. Laumann sagte: „Ich habe Bundesgesundheitsminister Spahn ausdrücklich meine Unterstützung für seine Prüfung zugesichert, wie diese umgesetzt werden kann.“

Etliche Bürger verweigern Masern-Impfungen, weil sie mögliche Nebenwirkungen für ein größeres Risiko halten als eine Erkrankung. Die meisten Wissenschaftler halten diese Position für unhaltbar. Während Juristen bei der Einführung einer generellen Impfpflicht für die gesamte Bevölkerung größere Hürden sehen, könnte die Impfpflicht für Kinder eventuell leichter umgesetzt werden. Etwa, indem eine solche Impfung – wie im Fall der Essener „Kinderkiste“ – als Zugangsvoraussetzung für den Besuch einer Kita oder einer Schule definiert wird. Aber auch in Brandenburg ringt der Landtag noch um eine juristisch wasserdichte Umsetzung der dort beschlossenen Impfpflicht.

Die SPD im Landtag ist gegen die Einführung einer Impfpflicht in Nordrhein-Westfalen. „Grundsätzlich müsste eine Impfpflicht bundesweit einheitlich geregelt werden, um eine Durchimpfung der Gesamtbevölkerung zu erreichen. Eine Beschränkung auf Kitas erscheint zumindest in NRW so nicht zielführend“, heißt es in einer Stellungnahme. Die Fraktion will einen Bericht bei der Landesregierung dazu anfordern.

Der gesundheitspolitische Sprecher der NRW-Grünen, Mehrdad Mostofizadeh, sagt zwar: „Wer geimpft ist, schützt nicht nur sich selbst, sondern auch seine Mitmenschen. Deswegen sollte Impfen insgesamt die Regel sein.“ Eine allgemeine Impfpflicht sei jedoch „nicht verhältnismäßig“, so Mostofizadeh unter Berufung auf das Robert-Koch-Institut. Dass Brandenburg nun mit einer regionalen Impfpflicht vorgeprescht sei, zeige, „dass Bundesgesundheitsminister Spahn nicht in der Lage ist, eine bundesrechtliche Lösung zu entwickeln“. Spahn schiebe den Schwarzen Peter den Ländern zu.

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