Aachener Dombaumeister zu Brandrisiko „Die Gefahr ist sehr, sehr groß“

Düsseldorf · Nach dem Brand in Notre-Dame sind auch die Dombaumeister in NRW alarmiert. Viele Kirchen haben Dachstühle aus Holz - allerdings nicht der Kölner Dom. Wie die Region auf den Ernstfall vorbereitet ist.

 Der Aachener Dom.

Der Aachener Dom.

Foto: dpa/Henning Kaiser

Der Aachener Dombaumeister Helmut Maintz sieht auch für den eigenen Dom ein hohes Brandrisiko. „Die Gefahr ist sehr, sehr groß“, sagte der Bauingenieur unserer Redaktion. Wie Notre-Dame habe auch der Aachener Dom einen Dachstuhl aus Holz, und zwar aus dem Jahr 1656. „Wenn man das gestern in Paris gesehen hat, muss man sehr froh sein, dass bisher alles gut gegangen ist“, sagte Maintz. Es gebe in Aachen jedoch eine automatische Sprinkleranlage, die regelmäßig gewartet werde, auch von der Feuerwehr. In der nächsten Woche werde sie turnusmäßig überprüft.

Im Falle von Bauarbeiten gebe es in Aachen besondere Sicherheitsvorkehrungen. So werde die Stromzufuhr nach Feierabend ausgeschaltet, die Bauarbeiter dürften nicht rauchen und die Baustelle müsse sauber gehalten werden. Mit den Handwerkern sei man ständig im Gespräch.

Ständigen Kontakt halte er auch zur Feuerwehr, so der Aachener Dombaumeister. Wenn dort neue Führungskräfte anfingen, gehöre eine Dom-Begehung zu deren ersten Übungen. Zudem gebe es regelmäßige Übungen für Maschinisten, die im Ernstfall Drehleitern und Hubbühnen bedienen müssten. Mit der Höhenrettungsabteilung werde geprobt, wie Menschen, die im Falle eines Brandes eingeschlossen sind, per Leiter oder gespanntem Seil gerettet werden könnten.

Zu einem größeren Brand im Aachener Dom sei es zuletzt im Zweiten Weltkrieg gekommen. Damals habe eine Jugendfeuerwehrgruppe mit Eimern das Schlimmste verhütet.

Aus Sicht von Maintz steht den Kollegen in Paris womöglich das Schlimmste noch bevor. „Jetzt beginnen die Aufräumarbeiten.“ Es stellten sich jetzt viele Fragen, etwa ob die Statik noch trage oder ob zu viel Wasser in die Strebepfeiler und das Mauerwerk eingedrungen sei. Auch sei möglich, dass die Steine nicht mehr hielten, weil sie ausgeglüht seien. Sehr schnell müssten nun auch die Reste des Gebäudes vor Regen geschützt werden.

In Feuer in Notre-Dame in besonderer Sorge, weil das Münster dort zurzeit generalsaniert wird. Auch das Bonner Münster verfügt über einen Holzdachstuhl.Stadtdechant Wolfgang Picken äußerte sich tief betroffen über den Brand in Paris: „Ich konnte in der Brandnacht erst zu Bett gehen, als in den Medien gemeldet wurde, dass die Struktur der Kathedrale erhalten werden könne und das Feuer nicht auf die Westtürme übergreifen würde.“ Wie in einem Reflex habe er mit gefalteten Händen vor dem Fernseher gesessen und mit den vielen Menschen in Paris und überall auf der Welt gebetet, dass die vollkommene Zerstörung von Notre Dame verhindert werden könne. „Ich konnte die Bilder von Paris nicht sehen, ohne daran zu denken, dass unserer Basilika mit ihrem Holzdachstuhl eine ähnliche Tragödie widerfahren könnte,“ sagte der Münsterpfarrer. „Was wäre das für eine Katastrophe, wir Bonner stünden morgens auf und unsere Basilika läge in Schutt und Asche. Bonn ohne das Münster: Das wäre nicht zu denken!“

Nach Angaben von Ägidius Strack, der als Projektleiter die Sanierungsmaßnahme der Münsterkirche betreut, wird bei der gegenwärtigen Sanierung auf den Brandschutz besonders geachtet: „Die Maßnahme umfasst einen vollständigen Austausch der elektrischen Kabelführung und weitere Brandschutzmaßnahmen auf höchstem Niveau, um Brände vorbeugend zu verhindern.“ Für die Kirche und die angrenzenden Gebäude sei in enger Kooperation mit den Baubehörden und der Feuerwehr ein umfassendes Brandschutzkonzept entwickelt worden. Auch werde die Baustelle regelmäßig durch eine Fachfirma begleitet und geprüft, damit während der Sanierung keine Brandschutzmaßnahmen versäumt würden.

In Düsseldorf kam es vor fast zehn Jahren bei Sanierungsarbeiten zu einem Dachstuhlbrand in Sankt Peter. Beobachter sprechen von einem ähnlichen Szenario wie in Notre-Dame. Damals entzündete sich Bodenstaub beim Schweißen.

Auch für die Düsseldorfer Lambertus-Basilika kann Küster Joel Buschinski nicht grundsätzlich Entwarnung geben: „Wir haben zwar eine sehr gute Brandmeldeanlage, die mit der Feuerwehr direkt verbunden ist. Das schützt aber nicht zu 100 Prozent davor, dass solch ein Brand auch hier passieren kann.“ Dachstuhl und auch der Boden seien aus Holz. Die Anlage werde alle drei Monate gewartet und sei so empfindlich eingestellt, dass häufiger auch mal Fehlalarme ausgelöst würden.

Von dem Feuer in Notre-Dame erfuhr Buschinski von einem Freund per Messengerdienst. Einer seiner ersten Gedanken sei gewesen: „Hoffentlich passiert mir das nicht.“ Die Lambertus-Basilika entging im Jahr 1815 nur knapp einer Brandkatastrophe. Damals fing ein Turm Feuer. Weil damals Josef Wimmer die Nachbarschaft zum Löschen aufrief, konnte der Brand schnell gelöscht werden. Zum Wiederaufbau wurde frisches Holz genommen, beim Trocknen verzogen sich die Balken, seither ist der Turm verdreht.

Weniger gefährdet ist hingegen der Kölner Dom. Dombaumeister Peter Füssenich hält eine ähnliche Katastrophe wie in Paris für wenig wahrscheinlich. „Am Kölner Dom haben wir eine etwas andere Situation, es ist kein Holzdachstuhl, es ist ein Eisentragwerk“, sagte Füssenich am Montagabend dem Sender n-tv. Der ständige Kontakt mit der Feuerwehr vor Ort sei ganz wichtig, die kenne das Gebäude in- und auswendig. Regelmäßig gebe es Brandschauen mit der Feuerwehr, zudem seien Steigleitungen für die Wehrleute vorhanden.

Wie viele andere Kollegen verfolge er den Brand des Pariser Wahrzeichens mit großer Trauer. „Notre-Dame steht natürlich als eine der ältesten gotischen Kathedralen als eine der Vorbilder- und Vorgängerbauten für viele andere Kirchen und Kathedralen in ganz Europa“, so Füssenich. Das Thema eines Großbrands sei bei den historischen Bauten allgegenwärtig: „Das geht relativ schnell.“ Er selbst habe bereits einmal einen Kirchenbrand in Folge einer Staubexplosion erlebt. Dabei habe der Dachstuhl schnell in Flammen gestanden.

Ähnlich wie in Köln so ist auch der Dachstuhl im Xantener Dom aus Stahl, wie Kaplan Christoph Potowski sagte. Nach dem Zweiten Weltkrieg habe man sich für diese Konstruktion entschieden. Zudem gebe es Steigleitungen. Alle zwei bis drei Monate kämen sämtliche Feuerwehren der Umgebung zu Übungen am Dom zusammen. „Dennoch ist ein Feuer generell denkbar.“

In Münster verweist Dombaumeisterin Anette Brachthäuser auf die vielen Sicherheitsvorkehrungen, die in den vergangenen Jahren getroffen wurden: „Für den Paulusdom kann ich sagen, dass die brandschutztechnische Ausstattung aus 2013 regelmäßig gewartet wird und somit auf aktuellem Stand ist. Mehr kann man vorbeugend eigentlich nicht tun.“

Der Münsteraner Paulusdom sei von 2010 bis 2013 umfänglich saniert worden. Dabei seien alle Elektroleitungen erneuert worden, die Heizung auf Erdwärme umgestellt, der nach dem Krieg errichtete stählerne Glockenstuhl durch einen hölzernen ersetzt und die etwa 5500 Quadratmeter große Kupfereindeckung des Daches erneuert worden. Im Rahmen dieser Sanierung habe es ebenfalls Brandschutzmaßnahmen gegeben, wie zum Beispiel die Installation einer kompletten Brandmeldeanlage mit Aufschaltung auf die Feuerwehr.

Im Gewölbe befinde sich ein Linienmelder über die gesamte Länge, im Glockenturm sei das Holz im Bereich der elektrischen Leitungen zusätzlich mit einem feuerhemmenden Anstrich versehen und eine Rauchabsauganlage eingebaut worden.

(kib)
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