Nordrhein-Westfalen Die schwarz-gelben Kehrtwenden der Laschet-Regierung

Düsseldorf · CDU und FDP haben in den ersten Regierungsmonaten in Nordrhein-Westfalen etliche Forderungen aus der eigenen Oppositionszeit aufgegeben. Teils haben sie gar die rot-grüne Argumentation übernommen.

Das sind die NRW-Minister im Kabinett von Armin Laschet
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Das ist das Kabinett von Armin Laschet

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Foto: dpa/Federico Gambarini

Der Alltag ist in der Opposition bequemer als in der Regierung: Forderungen sind leichter formuliert als Gesetze. Aber nun sind CDU und FDP in NRW selbst an der Regierung - und haben plötzlich etliche Oppositions-Forderungen vergessen. Vier Beispiele.

Integrationspauschale Vor nicht einmal einem Jahr geißelten die damaligen Oppositionspolitiker Armin Laschet und Lutz Lienenkämper die rot-grüne Landesregierung. Es sei "unverantwortlich, dass die Landesregierung die Kommunen nicht an den Mitteln der Integrationspauschale beteiligen will, sondern die Mittel im Landeshaushalt verbleiben sollen". Die FDP forderte, zumindest "einen erheblichen Teil" dieser Bundesmittel für flüchtlingsbedingte Kosten den Kommunen zu geben.

Heute ist Laschet Ministerpräsident, Lienenkämper sein Finanzminister. Was passiert mit der Integrationspauschale in Höhe von je 434 Millionen Euro, die der Bund ihnen 2017 und 2018 überweist? Sie bleibt im Landeshaushalt. Das Finanzministerium antwortete auf eine entsprechende Anfrage: "Die Vorgängerregierung hatte entschieden, die Integrationspauschale für 2016 und 2017 nicht weiterzugeben. Für 2018 war dafür keinerlei Vorsorge getroffen. Wir haben bei der Stärkung der Kommunen in NRW für das Jahr 2018 einen anderen Schwerpunkt gesetzt." Die Kommunen erhielten stattdessen an anderer Stelle mehr Geld. Genauso argumentierte Rot-Grün damals auch.

Sparkassen Als einziges Bundesland leistet NRW sich zwei Sparkassen-Dachverbände. Um Kosten zu sparen, boxte Finanzminister Helmut Linssen (CDU) vor zehn Jahren ein neues Gesetz durch: Es sah die Fusion der Verbände bis spätestens 2012 vor - notfalls per Zwang. Als Rot-Grün sich weigerte, das durchzusetzen, wetterte Lienenkämper: "Der klare Wille des Gesetzgebers zur Effizienzsteigerung wird aufgegeben." Auch die FDP wollte damals die Zwangs-Fusion. Finanzstaatssekretär Patrick Opdenhövel (CDU) machte die Kehrtwende in dieser Woche offiziell: "Wir halten eine Fusion für ein sinnvolles Instrument, aber nur auf freiwilliger Basis", sagte er im Finanzausschuss. Ralf Witzel (FDP) und Bernd Krückel (CDU) erklärten, für die Landesregierung gebe es Wichtigeres zu tun.

Klimaschutzgesetz Keinrot-grünes Projekt wurde von CDU und FDP schärfer kritisiert. Im NRW-Klimaschutzgesetz verpflichtete Rot-Grün das Land auf noch strengere CO2-Einsparziele als von der EU vorgesehen. Noch im Koalitionsvertrag versprach Schwarz-Gelb: "Das Landes-Klimaschutzgesetz wird auf die Ziele der Europäischen Union beschränkt." Ziel der EU-Kommission: Bis 2020 eine Reduktion um 20 Prozent. Ziel des NRW-Klimaschutzgesetzes: bis 2020 eine Reduktion um 25 Prozent. Aber jetzt erklärt NRW-Energieminister Andreas Pinkwart (FDP) plötzlich: "Wir halten an den Klimaschutzzielen des Landes fest" und konkretisiert: "Bezogen auf das Basisjahr 1990 werden wir die Treibhausgas-Emissionen bis 2020 um 25 Prozent senken." Ganz so schlimm findet Schwarz-Gelb die Klimaschutz-Ziele von Rot-Grün wohl doch nicht.

Pkw-Maut Als Oppositionsführer kündigte Laschet "entschiedenen Widerstand der nordrhein-westfälischen CDU" gegen die Pkw-Maut an. Ganz anders liest sich ein kürzlich durchgesickertes Papier aus der Staatskanzlei mit einer Themensammlung der Ministerien für die Berliner Jamaika-Verhandlungen. Dort heißt es im Unterpunkt "Finanzierung der Straßeninfrastruktur": "Die Finanzierung durch Festhalten an dem Thema Maut sichern und zweckgebunden für den Straßenbau vorsehen." Laschet und die NRW-CDU sind immer noch gegen die Maut. Aber der "entschiedene Widerstand" scheint nach dem Regierungswechsel recht unentschieden geworden zu sein.

(tor)
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