Interview mit NRW-Fraktionschef der Grünen Mostofizadeh lehnt Rot-Rot-Grün ab
Düsseldorf · Der neue Grünen-Fraktionschef in Nordrhein-Westfalen, Mehrdad Mostofizadeh, lehnt ein Bündnis mit den Linken ab. "Wir kämpfen dafür, dass die Linken gar nicht erst in den Landtag kommen", sagte er unserer Redaktion.
Im Interview spricht er über seine Wahl zum Fraktionsvorsitzenden, mögliche Koalitionspartner und die Schuldenbremse.
Herr Mostofizadeh, bei Ihrer Wahl zum Fraktionsvorsitzenden hat fast die Hälfte gegen Sie gestimmt. Wie wollen Sie den Riss durch die Fraktion kitten?
Mostofizadeh Es ging nicht um eine Richtungswahl, sondern um die Wahl von zwei gleichermaßen anerkannten Bewerbern. Das Ergebnis drückt keinen Riss in der Fraktion aus.
Welches Angebot machen Sie Monika Düker, die die Wahl verloren hat?
Mostofizadeh Ich würde mich freuen, wenn sie eine wichtige Rolle in der Fraktion einnimmt. Monika Düker hat sich Bedenkzeit erbeten. Wir haben verabredet, dass wir mit etwas Abstand zu der Wahl darüber reden.
Sie gelten als Partei-Linker. Was halten Sie von Rot-Rot-Grün?
Mostofizadeh Nichts. Wir kämpfen dafür, dass die Linken gar nicht erst in den Landtag kommen. Deren potenziellen Wählern machen wir selbst viel bessere Angebote. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass die Linke hier in NRW je besonders erfolgreich Politik für sozial Schwache gemacht hätte. Unsere Perspektive ist auch nach der Landtagswahl klar Rot-Grün.
Also nichts mit der CDU in NRW 2017?
Mostofizadeh Dazu müsste die CDU stärker werden als die SPD. Das sehe ich nicht.
Und wenn doch?
Mostofizadeh Dann wird man sehen. Was die SPD darf, dürfen wir auch.
Dabei gibt es inzwischen doch ein paar Streitpunkte. Es heißt, SPD-Verkehrsminister Michael Groschek wolle mehr Flugverkehr in Düsseldorf zulassen. Ihre Meinung?
Mostofizadeh Für uns gilt der Angerlandvergleich und unser Credo, dass Lärmschutz Gesundheitsschutz ist. Wir sind deshalb gegen eine Kapazitätserweiterung, die deutlich mehr Fluglärm bedeuten würde. Ich glaube nicht, dass die bestehende Rechtslage noch mehr Flugverkehr am Flughafen Düsseldorf erlauben würde.
Auch beim Tariftreuegesetz knirscht es: Die SPD will das Gesetz deutlich entschlacken, die Grünen wollen erst einmal die Auswirkungen überprüfen.
Mostofizadeh Das sind doch Verfahrensdetails. Daraus kann man keinen Streit ableiten.
Beim Landesentwicklungsplan (LEP) gibt es starke Differenzen zwischen SPD und Grünen.
Mostofizadeh Natürlich muss über einzelne Bestimmungen geredet werden. Das tun wir auch. Ich warne aber davor, das anzuschärfen.
Die Wirtschaft will Platz für Betriebsausweitungen…
Mostofizadeh Das kann ich nachvollziehen. Aber das muss ja nicht unbedingt auf Kosten von Naturflächen geschehen. Hier kann man vieles auch über das Wiederaufarbeiten von Brachflächen erreichen. Von denen gibt es in NRW nämlich ziemlich viele.
In der SPD gab es Widerstand gegen die Verkleinerung von Garzweiler II. Ist das Thema gegessen?
Mostofizadeh Ich kann nicht erkennen, dass es darüber eine neue Debatte gibt.
Thema Polizeireform: Die Grünen wollen durch Zusammenlegung von Verwaltungseinheiten sparen. Macht die SPD mit?
Mostofizadeh Klar ist doch, dass es bei der Polizei Sparpotenzial gibt. Ich finde nicht, dass jeder Schwertransporter von der Polizei begleitet werden muss. Und ich finde auch nicht, dass die Polizei kommen muss, wenn jemand einen Fußball durch eine Scheibe schießt. Dasselbe gilt für Verkehrsunfälle ohne Personenschaden. Die Polizei muss derzeit zu viele Aufgaben übernehmen, die durchaus von Anderen geleistet werden könnten.
Wird Rot-Grün jetzt zulasten der Beamten und insbesondere der Pensionäre sparen?
Mostofizadeh Unser Ziel ist es, im Personalbereich160 Millionen Euro dauerhaft zu sparen. Aber natürlich werden wir die Ergebnisse der momentan laufenden Tarifverhandlungen abwarten.
Kann das Land die Schuldenbremse 2020 schaffen?
Mostofizadeh Ja, durchaus. Die Frage ist allerdings, ob das Land dann noch all seine Aufgaben erledigen kann.
Muss NRW eine eigene Schuldenbremse in der Landesverfassung festschreiben?
Mostofizadeh Ich habe nichts dagegen. Aber wir müssen aufpassen, dass wir die ohnehin schon strengen Vorgaben des Bundes dabei nicht noch weiter verschärfen. Der Bund kann seine Einnahmen selbst steuern, wir als Land können das nicht. Außerdem kann der Bund dem Land Aufgaben diktieren, umgekehrt geht das nicht. Und jetzt schreibt der Bund dem Land auch noch vor, dass es beim Erfüllen dieser Aufgaben keine Schulden mehr machen darf. Unter diesen Voraussetzungen ist die Einhaltung der Schuldenbremse für die Länder schon schwierig genug. Das sollten wir nicht ohne Not noch schwieriger machen.
Detlev Hüwel und Thomas Reisener führten das Gespräch.