Asyl Neonazis spähen Flüchtlingsheime aus

Düsseldorf/Berlin · Während Politiker versuchen, die Probleme durch den Zustrom von Asylbewerbern zu lösen, geht die fremdenfeindliche Hetze weiter. Die Bundesregierung beklagt ein "Klima von Maßlosigkeit und Hass".

Brand in zukünftigem Flüchtlingsheim in Tröglitz
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Brand in zukünftigem Flüchtlingsheim in Tröglitz

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Vor dem am Mittwoch stattfindenden NRW-Flüchtlingsgipfel (hier zum Vorbericht) sorgen Berichte für Aufregung, dass sich Rechtsradikale am Wochenende in Wuppertal-Vowinkel Zutritt zu ein Flüchtlingsheim verschafft, Aufnahmen von der Inneneinrichtung gemacht und diese ins Internet gestellt haben.

Nach Angaben der Polizei drangen die Neonazis mit Einverständnis des Hausmeisters in die Einrichtung ein. Sie schauten sich die Räumlichkeiten in aller Ruhe an, sprachen sogar mit einigen Flüchtlingen und fotografierten. Die Bilder wurden anschließend auf der Internetseite der Partei "Die Rechte" veröffentlicht.

Der Sozial- und Integrationsdezernent der Stadt Wuppertal, Stefan Kühn, zeigte sich erschüttert. "Das ist abscheulich und schockiert uns alle in der ganzen Stadt", sagte Kühn unserer Redaktion. Er fügte hinzu, dass der Hausmeister klar gegen die Richtlinien verstoßen und "eklatant falsch" gehandelt habe.

Die Rechten hätten sich jedoch nicht als solche zu erkennen gegeben, so der Integrationsdezernent. Sie hätten den städtischen Mitarbeiter hinters Licht geführt. Dass der Hausmeister mit den Rechtsradikalen zusammengearbeitet haben könnte, schließt Kühn aus. "Er kam in den 1980er Jahren selbst als Flüchtling nach Deutschland." Polizei und Staatsschutz ermitteln.

Der Vorfall in Wuppertal ist kein Einzelfall. Auch in Bochum spähten Rechtsradikale vor etwa zwei Wochen eine Flüchtlingsunterkunft aus und stellten Fotos ins Internet. Bundesweit registrierte die Polizei in den vergangenen Wochen eine Zunahme von rassistisch motivierten Taten. Allein im Januar und Februar verübten Rechtsextremisten bundesweit 98 Gewaltdelikte. Die Dunkelziffer dürfte Experten zufolge aber deutlich höher liegen.

Auffällig viele rechtsextremistisch motivierte Taten gibt es laut Polizei dort, wo sogenannte Bürgerbewegungen gegen Asylbewerberheime demonstrieren - wie auch ein aktueller Fall aus Moers zeigt. Dort beschmierten in der Nacht zum gestrigen Dienstag Unbekannte die Front- und Seitenfassade eines künftigen Flüchtlingswohnheims mit ausländerfeindlichen Parolen und Hakenkreuzen. "Go home" und "Asylanten raus" war auf den Wänden des Gebäudes zu lesen. Das ehemalige Hotel wurde in den vergangenen Monaten saniert und soll in einigen Wochen als Unterkunft für bis zu 23 Flüchtlinge dienen. Die Stadt Moers hatte die Anwohner erst in der vergangenen Woche in einem Schreiben über den bevorstehenden Einzug der Flüchtlinge in ihrer Nachbarschaft informiert.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) beklagte ein "Klima von Maßlosigkeit und Hass". Die Gesellschaft müsse dringend wieder zu einem Konsens und zu den bisherigen Hemmschwellen zurückfinden. Kommunalpolitiker, die sich für Flüchtlinge einsetzen, sahen sich zuletzt Morddrohungen ausgesetzt; in mehreren Städten brannten Heime, in denen Asylbewerber untergebracht werden sollten.

Duisburgs OB Sören Link (SPD) sagte in Berlin, mit den 2000 Asylbewerbern in der Stadt gebe es kein einziges Problem, täglich dagegen mit den 10.000 Armutsflüchtlingen aus Rumänien und Bulgarien. Angesichts von Problemhäusern mit Müllbergen, Rattenplagen und stehlenden Kindern stoße eine Gesellschaft an ihre Grenzen, und dann sei in einer Debatte auch "schnell der Anstand verletzt".

(RP)
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