Tierseuche auf dem Vormarsch Geflügelpest wütet in NRW so schlimm wie noch nie

Düsseldorf · Die Tierseuche breitet sich in NRW aus. Die Regierung spricht von einer Ausbreitung noch nie da gewesenen Ausmaßes. Auch wenn sie für den Menschen ungefährlich ist, hat sie Folgen für die Verbraucher.

Hühner stehen auf dem Freigelände eines Geflügelhofs. Vor allem über Wildtiere wird die Seuche verbreitet.

Hühner stehen auf dem Freigelände eines Geflügelhofs. Vor allem über Wildtiere wird die Seuche verbreitet.

Foto: dpa/Jan Woitas

Das nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerium hat ein dramatisches Bild der Lage bei der Vogelgrippe gezeichnet. Eine Sprecherin von Ministerin Silke Gorißen (CDU) sagte unserer Redaktion: „Deutschland und Europa erleben aktuell eine in noch nie da gewesenem Ausmaße vorhandene Ausbreitung von Viren der Aviären Influenza.“

In NRW wurde das Virus in diesem Herbst bislang in Hobbyhaltungen in Bottrop-Kirchhellen, Münster und  mehrere Betriebe im Kreis Gütersloh identifiziert. Es sei aber auch vereinzelt zur Nachweisen bei der Untersuchung verendeter Wildvögel gekommen, so die Sprecherin. „Es ist davon auszugehen, dass NRW – wie in den vergangenen Jahren auch – von Ausbrüchen sowohl in kommerziellen, als auch in Hobbyhaltungen betroffen sein wird.“ Die zuständigen Stellen auf kommunaler und Landesebene seien für diesen Fall vorbereitet. 

Die Krankheit werde hauptsächlich durch Wildvögel übertragen, sagt Tierärztin und Expertin für Vogelmedizin, Victoria Tüllmann, von der Fachtierarztpraxis Holt in Mönchengladbach. Bei ihr in der Praxis sei die Geflügelpest bisher noch kein großes Thema, doch die hoch ansteckende Krankheit könne auch jederzeit ihre Patienten betreffen, sagt sie. „Man unterscheidet zwischen der Vogelgrippe, einem Influenza-Virus, und der sogenannten Pseudo-Geflügelpest. Was sie eint ist leider eine sehr hohe Todesrate.“ Meist könnten Geflügelhalter die Krankheit bei ihren Tieren nur durch ein oft massenhaftes Sterben feststellen.

Heinrich Bußmann, Geschäftsführer des Geflügelwirtschaftsverbandes NRW warnte: „Von der Geflügelpest geht eine sehr hohe Bedrohung für uns aus, das Virus ist äußerst aggressiv“, sagt er. Den Sommer über habe es im Wildtier-Monitoring, vor allem in den Küstenregionen Deutschlands, immer wieder Fälle gegeben, das sei in anderen Jahren nicht der Fall gewesen. „Dass sich die Ausbrüche auch hier in NRW häufen, war nur eine Frage der Zeit“, so Bußmann.

Für eine realistische Kosteneinschätzung des wirtschaftlichen Schadens des jüngsten Ausbruchs sei es jetzt noch zu früh, erklärte das Ministerium. Die Maßnahmen, wie zum Beispiel Endreinigung und Desinfektion, seien in den Betrieben noch nicht abgeschlossen. Nach dem Tierschutzgesetz  gibt es eine Entschädigung für Tiere, die auf Anweisung der Behörden getötet wurden oder nach der Anordnung der Tötung verendet sind und bei denen nach dem Tod eine anzeigepflichtige Tierseuche festgestellt wurde. Entschädigt wird dann der so genannte „gemeine Wert“ des Tieres, der vom zuständigen Veterinär und sachkundigen Schätzern ermittelt wird – bei Geflügel sind das bis zu 50 Euro je Tier. Die Sprecherin ügte allerdings hinzu: „Das Land prüft weiterhin zusätzliche Förderungen für betroffene Betriebe.“

Verbandsvertreter Bußmann appelliert n die Halter, die Biosicherheitsmaßnahmen streng einzuhalten. „Das beginnt bei der Desinfektion der Schuhe vorm Betreten des Stalles, kann aber zum Beispiel auch Stroh betreffen, das draußen ohne Abdeckung gelagert wird. Das kann schon zum Infektionsherd werden.“Generell seien Geflügelhalter derzeit sehr wachsam. Aber auch er betont: „Verbraucher brauchen nicht in Panik zu geraten. Für sie besteht keinerlei Gefahr.“

Die Behörden ordneten für die betroffenen Regionen eine Stallpflicht für Geflügel an. Die Erzeugnisse in den Gebieten können allerdings weiter als Produkte aus Freilandhaltung beziehungsweise Ökolandbau vermarktet werden: „Bei Geflügel aus Freilandhaltung ist dies auf zwölf Wochen beschränkt, Eier aus Freilandhaltung können trotz Aufstallungsanordnung für maximal 16 Wochen weiterhin als Freilandeier vermarktet werden“, so das Ministerium. Danach müsse die Kennzeichnung auf „Bodenhaltung“ geändert werden. Im Ökolandbau gebe es keine zeitliche Beschränkung; bei Aufstallungsanordnung können diese Produkte weiter als „Öko“ vermarktet werden.

Der umweltpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, René Schneider forderte, Landwirtschaftsministerin Gorißen müsse wachsam sein und das nicht nur von Geflügelhaltern einfordern. „Das CDU-Landwirtschaftsministerium muss dafür sorgen, dass aus den Ausbrüchen kein flächendeckendes Problem wird.“ Die aktuelle Lage sei die erste große Bewährungsprobe für die Ministerin. „Um die Geflügelpest zu bremsen, gibt es klare und bewährte Regeln für die Behörden in NRW. Das Landwirtschaftsministerium muss eine zügige und effektive Umsetzung sicherstellen“, sagte Schneider. Zudem müsse das Landwirtschaftsministerium die Arbeit der zuständigen Behörden vor Ort koordinieren und umfassende Informationen zur Entwicklung zur Verfügung stellen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort