"Strategische Steuerung mangelhaft" Milliardenloch tut sich bei NRW-Baubetrieb auf

Düsseldorf · Der Landesrechnungshof sieht beim Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes (BLB) dramatische Verluste auflaufen. Die Sanierung ist gescheitert, das Ministerium plant eine grundlegende Reform.

 Die Baustelle des Neubaus des Polizeipräsidiums in Mönchengladbach (Archivbild aus 2016).

Die Baustelle des Neubaus des Polizeipräsidiums in Mönchengladbach (Archivbild aus 2016).

Foto: Ilgner

Es drohen Verlustgeschäfte in Höhe von 1,27 Milliarden Euro: Der NRW-Landesrechnungshof sieht beim Bau- und Liegenschaftsbetrieb dramatische Verluste auflaufen. Die Sanierung ist laut einer Sonderprüfung gescheitert, das Ministerium plant eine grundlegende Reform.

Dem landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) drohen Verlustgeschäfte in Höhe von 1,27 Milliarden Euro. Das ist das Ergebnis einer Sonderprüfung durch den Landesrechnungshof (LRH). Der Bericht liegt unserer Redaktion vor. Das 15-seitige Dokument, das die Rechnungsprüfer vor wenigen Tagen an Ministerpräsident Armin Laschet und Finanzminister Lutz Lienenkämper (beide CDU) verschickt haben, zeichnet ein verheerendes Bild vom Management der Behörde.

Es attestiert "strukturelle Kalkulationsschwächen bei Investitionsentscheidungen" und stellt fest: "Die strategische Steuerung des BLB NRW ist mangelhaft." Mit offenbar katastrophalen Folgen für die Wirtschaftlichkeit des Landesbetriebes: "Die vom LRH geprüften 93 Baumaßnahmen mit einem Investitionsvolumen von rund vier Milliarden Euro führen nach den beim BLB aufgefundenen Daten zu prognostizierten negativen Endvermögen von saldiert 1,27 Milliarden Euro", heißt es in dem Bericht.

Der BLB verwaltet die Gebäude und Grundstücke des Landes wie etwa Hochschulen, Polizei- und Gerichtsgebäude. Die Behörde macht schon seit Jahren mit Bau- und Korruptionsskandalen Schlagzeilen. Die Geschäftsführung wurde mehrfach ausgetauscht. Die derzeitige Geschäftsführerin Gabriele Willems ist seit März 2015 im Amt und Co-Geschäftsführer Marcus Hermes seit September 2017.

In der Regel nicht eingehalten

"Beim Bau- und Liegenschaftsbetrieb besteht großer Erneuerungsbedarf", stellten CDU und FDP schon im Koalitionsvertrag fest. Auf den neuen Dringlichkeitsbericht des LRH reagiert die Landesregierung nun mit mehr Tempo: "Die Landesregierung wird die Ergebnisse des Landesrechnungshofs in ihre laufenden Untersuchungen einbeziehen und zeitnah Vorschläge für eine Neuausrichtung vorlegen", erklärte das NRW-Finanzministerium gestern auf Anfrage.

Um den BLB auf Kurs zu bringen, hatte ihm schon die rot-grüne Vorgängerregierung eine grundlegende Neuausrichtung verordnet. Seither ist der BLB angewiesen, vor Investitionsentscheidungen deren Wirtschaftlichkeit zu untersuchen und sein Aufsichtsgremium, den Verwaltungsrat, besser zu informieren. Der Bericht stellt fest, dass der BLB diese Verabredungen nicht nur ausnahmsweise, sondern in der Regel nicht eingehalten hat.

Außerdem vernachlässigt der BLB laut Rechnungshof in seiner Kalkulation den Investitionsbedarf bei seinen Bestandsimmobilien. Dafür könnten nach Schätzungen der Prüfer schon bald jährlich 200 Millionen Euro mehr als geplant anfallen. Vor dem Hintergrund des zusätzlich drohenden Milliarden-Finanzlochs "betrachtet der LRH dies im übergeordneten Landesinteresse mit Sorge. Denn das Land sichert die Liquidität des BLB und haftet für die Verbindlichkeiten des BLB."

Schwerpunkt der Untersuchung waren Projekte von Oktober 2012 bis September 2015. Der Bericht schließt mit einer langen Liste von Forderungen an das BLB-Management ab. Die Liste dokumentiert, dass die meisten der monierten Missstände aus Sicht des LRH bis heute fortbestehen.

Der BLB wollte sich gestern nicht zu dem Thema äußern. In einer internen E-Mail, die unserer Redaktion vorliegt, bestätigte Geschäftsführerin Willems die Kritik jedoch weitgehend. "Strukturelle Probleme und Schieflagen werden schonungslos benannt", schrieb sie dort mit Bezug auf den LRH-Bericht, "an tiefgreifenden Veränderungen in unserem Betrieb führte und führt schlichtweg kein Weg vorbei."

(tor)
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