Nach Kutschaty-Rücktritt Marc Herter führt NRW-SPD bis August
Dortmund · Am 6. Mai wollte sich die Parteispitze im Land neu aufstellen. Doch nach Kutschatys-Rücktritt gibt es Gesprächsbedarf. Ein alter Kontrahent übernimmt vorübergehend.
Nach dem Rücktritt von Thomas Kutschaty als SPD-Parteichef in Nordrhein-Westfalen sind am Freitagabend in Dortmund die führenden Gremien zusammenzukommen, um das weitere Vorgehen zu beraten. Eingeladen hatten dazu die scheidende Generalsekretärin Nadja Lüders und der stellvertretende Parteivorsitzende, Hamms Oberbürgermeister Marc Herter. Zunächst kam das Präsidium zusammen, eine Stunde später tagte der Landesvorstand.
Thematisch sollte es insbesondere um die Frage gehen, ob nach dem Rücktritt Kutschatys der für den 6. Mai geplante Landesparteitag in Münster stattfinden könne oder ob man in den sauren Apfel beiße und ihn verschiebe – ein kostspieliges Unterfangen zwar, doch am Ende entschieden sich die Genossen dafür. Bis zum Landesparteitag im August soll nun Herter die Geschicke der Partei lenken. Womöglich eine späte Genugtuung für den früheren Kutschaty-Kontrahenten. Beide hatten sich 2018 um den Fraktionsvorsitz bemüht, Außenseiter Kutschaty stach damals Herter aus.
Für die SPD wird es nun darum gehen, eine langfristige Nachfolgelösung an der Parteispitze zu finden. Keine ganz triviale Aufgabe, schließlich gilt bei der SPD eine Frauenquote und auch der Regionalproporz muss abgebildet sein. Idealerweise sollen zudem Vertreter der LGBTQ-Szene sowie Migranten angemessen berücksichtigt werden. Und im Raum steht die Frage, ob die Sozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen künftig von einer Doppelspitze angeführt werden sollen.
Personalien sind vermintes Gelände. Am Ende war es eine Personalentscheidung, die zu Kutschatys Rücktritt geführt hatte. Der 54-Jährige hatte die weitgehend unbekannte Bonner Juristin Magdalena Möhlenkamp zur neuen Generalsekretärin machen wollen. Der Vorschlag wurde einstimmig abgelehnt. Auch die SPD-Regionalvorsitzenden hatten gegen Kutschatys Vorschlag gestimmt.
Noch ist der Essener Jurist Vorsitzender der Landtagsfraktion, aber ein Rückzug auch von diesem Posten gilt nur noch als eine Frage von Tagen. In den SPD-intern geführten Diskussionen tauchen für die Nachfolge drei Namen regelmäßig auf: Als Nachwuchstalent gilt der aus Herne stammende Fraktionsvize Alexander Vogt. Der hatte zuletzt durch scharfe Angriffe auf Ministerpräsident Hendrik Wüst im Zusammenhang mit dem A45-Brückendesaster auf sich aufmerksam gemacht.
Ebenfalls gute Chancen hätte der aus dem Münsterland stammende Sprecher für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie, André Stinka. Er war bis zur Wahlniederlage 2017 Generalsekretär der nordrhein-westfälischen SPD, erklärte dann aber als Konsequenz aus dem schlechten Abschneiden seinen Rücktritt. Inzwischen ist er Schatzmeister der Partei.
Zudem fällt ein Name besonders häufig: Jochen Ott, ebenfalls stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Der Bildungspolitiker galt in der vergangenen Legislaturperiode mit der inzwischen aus dem Landtag ausgeschiedenen Grünen-Politikerin Sigrid Beer als einer der schärfsten Gegner der damaligen Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP). Der Kölner Gesamtschullehrer ist seit dem Jahr 2018 Vorsitzender der Region Mittelrhein.