Missbrauchsfall Lügde NRW-Innenminister Reul will Campingplatz noch einmal absuchen lassen

Lügde · Der schwere Missbrauchsfall auf dem Campingplatz in Lügde treibt den NRW-Innenminister weiter um. Herbert Reul will den Tatort erneut absuchen lassen.

 Herbert Reul (Archivbild).

Herbert Reul (Archivbild).

Foto: dpa/Federico Gambarini

„Das ist ein großes Gelände, wir werden es uns weiter genau ansehen und die Menschen dort befragen“, sagte Reul dem „Spiegel“. Es sei „nicht ausgeschlossen, dass es da noch einen Fall gibt, ein Opfer, das sich noch nicht gemeldet hat. Oder dass der Beschuldigte andere Verstecke hatte.“

Vor zwei Wochen war die Parzelle des Hauptverdächtigen auf dem Campingplatz abgerissen worden, dabei tauchten weitere Datenträger auf. Später wurde die Polizei auf einen Schuppen aufmerksam, den man bis dahin dem Verdächtigen nicht zugeordnet hatte. „Das hat mich geärgert, der hätte den Beamten auffallen müssen“, sagte Reul dem Magazin.Es gehe nun darum, Vertrauen zurückzugewinnen.

Nach dem Fund weiterer Datenträger beim Abriss der Baracke des mutmaßlichen Kinderschänders hatte die Düsseldorfer SPD-Landtagsfraktion am 13. April den sofortigen Rücktritt von Reul gefordert.

Die im Fall Lügde ermittelnde Staatsanwaltschaft Detmold hatte allerdings bereits am 17. April mitgeteilt, dass sie sämtliche Funde im Zusammenhang mit den Abrissarbeiten auf dem Campingplatz als "nicht beweiserheblich" für das Verfahren einstuft. "Die letzten Funde überwiegend veralteter Datenträger ungeklärter Herkunft besitzen keinerlei Relevanz und haben das Ermittlungsverfahren auch in keiner Weise gefördert", hieß es damals in einer Mitteilung der Behörde.

Es sei "auch nicht ersichtlich, in welcher Weise weitere in den bereits durchsuchten und freigegebenen Arealen auf dem Campingplatz aufgefundene Gegenstände die Beweisführung in dem Verfahren beeinflussen sollten", erklärte die Behörde weiter. "Deshalb wird die Polizei in Bezug auf das Missbrauchsverfahren keine weiteren Ermittlungen auf dem Campingplatz zu den zuletzt aufgefundenen Videokassetten und sonstigen Datenträgern sowie zum festgestellten Geräteverschlag des Hauptbeschuldigten durchführen."

Reul gestand derweil laut "Spiegel" auch mögliche eigene Fehler bei der Aufarbeitung des Missbrauchsfalls ein. Weil die zunächst zuständige Polizeibehörde Lippe mit den Ermittlungen offenbar überfordert war, übertrug das Ministerium Ende Januar die Lügde-Ermittlungen der Polizei Bielefeld. "Mit dem Wissen von heute würde man den Fall schneller übergeben", sagte Reul.

Auf dem Campingplatz in Lügde soll der Hauptbeschuldigte - ein 56-jähriger Dauercamper - mit einem Komplizen (33) über Jahre hinweg Kinder missbraucht und dabei gefilmt haben. Die beiden Verdächtigen sowie ein 48-Jähriger aus dem niedersächsischen Stade sitzen in Untersuchungshaft. Ermittelt wurden bislang 40 Opfer.

(felt/dpa/AFP)
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