Interview mit Wolfgang Zimmermann Linke lehnt rot-grüne Schulpläne ab

Wolfgang Zimmermann, Fraktionsvorsitzender der Linkspartei im Düsseldorfer Landtag äußert sich im Interview mit unserer Redaktion zur Überwachung seiner Partei durch den Verfassungsschutz und zur Frage, was SPD und Grüne tun müssen, damit ihre Minderheitsregierung nicht torpediert wird.

Interview mit Wolfgang Zimmermann: Linke lehnt rot-grüne Schulpläne ab
Foto: ddp

Herr Zimmermann, der neue Innenminister Ralf Jäger (SPD) hält an der Beobachtung der Linken durch den Verfassungsschutz fest. Wie sehr ärgert Sie das?

Zimmermann Die Beobachtung ist völlig ungerechtfertigt und muss endlich beendet werden. SPD und Grüne sollten eigentlich selbst ein Interesse daran haben, dass eine Fraktion, mit der sie im Parlament hier und da gemeinsam Anträge und Initiativen verabschieden, nicht vom Verfassungsschutz observiert wird.

Sie gehören zur Gruppe der Antikapitalistischen Linken — auch die wird vom Verfassungsschutz kritisch beäugt . . .

Zimmermann Wer den Kapitalismus ablehnt, ist noch lange kein Verfassungsfeind. Im Gegenteil. Das Grundgesetz und auch die Landesverfassung schreiben kein Wirtschaftssystem vor. Die NRW-Verfassung sieht sogar die Vergesellschaftung von großen Betrieben bei Monopolbildung ausdrücklich vor.

Wären Sie heute Minister, wenn SPD und Grüne zuerst eine Regierung mit CDU und FDP sondiert hätten?

Zimmermann Ich strebe kein Ministeramt an. Als Partner in einer rosa-rot-grünen Regierung würde sich unsere Fraktion als verlässlicher Partner erweisen, wenn auch die beiden anderen Fraktionen ernsthaft den grundlegenden Politikwechsel wollten.

Sie haben Rot-Grün bei der Forderung nach der sofortigen Abschaffung der Studiengebühren massiv unter Druck gesetzt. Ein Muskelspiel? Oder blieben Sie bei ihrer kompromisslosen Linie?

Zimmermann Zunächst war es ein schwerer taktischer Fehler von SPD und Grünen, nicht rechtzeitig mit uns zu sprechen. Sie haben die Situation unterschätzt. Vielleicht tritt jetzt ja ein Lerneffekt ein. Fest steht, dass wir die einzige Partei sind, die bei den Studiengebühren exakt bei der Position geblieben ist, die sie im Wahlkampf vertreten hat.

Auch in der Schulpolitik gehen Ihre Forderungen weit über die Pläne von Rot-Grün hinaus. Sie wollen eine Einheitsschule bis zur zehnten Klasse durchsetzen . . .

Zimmermann Die Mehrheit der Menschen ist mit dem derzeitigen Schulsystem unzufrieden. Der Plan von SPD und Grünen, eine zusätzliche Gemeinschaftsschule einzuführen und die Entscheidung darüber den Kommunen zu überlassen, produziert eine unübersichtlichere Schullandschaft und weniger Flexibilität — zum Beispiel beim Wohnortwechsel. Wir setzen uns für eine schülerfreundliche Schule ein. Die Gemeinschaftsschule bis zur zehnten Klasse ist das beste Angebot.

Werden Sie die rot-grünen Schulpläne torpedieren?

Zimmermann Es wäre unseren Wählern jedenfalls schwer zu vermitteln, wenn wir plötzlich auf das Modell von SPD und Grünen umschwenken würden.

Liegt der Kompromiss darin, dass die Kinder bis zur achten Klasse zusammen lernen sollen?

Zimmermann Wir werden uns beim Schulgesetz genau wie bei jedem anderen Thema kritisch fragen, ob die Pläne der Minderheitsregierung ein Fortschritt sind oder nicht. Die jetzt geplante Zerfaserung des Schulsystems wäre kein Fortschritt.

Ihre Fraktion hat Rot-Grün als Mehrheitsbeschaffer in der Hand, kassiert aber Oppositionszulage und muss keine Verantwortung übernehmen. Eine komfortable Situation . . .

Zimmermann Falsch! Auch in der Opposition trägt man eine große Verantwortung. Die Fraktion hat bereits zehn Anträge und Gesetzesinitiativen eingebracht, obwohl der Stab der wissenschaftlichen Mitarbeiter erst aufgebaut wird.

Niemand weiß, wie lange die Minderheitsregierung im Amt bleibt. Haben Sie Interesse an Neuwahlen?

Zimmermann Wir haben keinen Anlass, Neuwahlen aus dem Weg zu gehen. Selbst nach den zum Teil diffamierenden Berichten über unsere Partei nach den Sondierungsgesprächen sind die Umfragewerte für uns sogar gestiegen.

Neuwahlen könnte es geben, wenn Rot-Grün keine Mehrheit für den Haushalt bekommt. Lassen Sie die Minderheitsregierung platzen, wenn Ihre Forderungen nicht erfüllt werden?

Zimmermann Wir werden nur einem Haushalt zustimmen, in dem es keinen Sozial- und Stellenabbau geben wird. Dabei bleibt es. Wenn SPD und Grüne ein Interesse daran haben, weiter zu regieren, müssen sie das berücksichtigen.

Das Interview führte Gerhard Voogt

(RP)
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