Nach Abbruch am Vormittag Laschet holt Besuch in Flüchtlingscamp Moria nach

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet wollte auf Lesbos den „wilden“ Teil des überfüllten Flüchtlingscamps Moria besuchen. Nach Protesten der Bewohner gegen ihre Unterbringungsbedingungen wurde der Besuch zunächst abgebrochen – später holte er ihn nach.

Lesbos: Proteste im Camp Moria – Laschet bricht Besuch ab
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Proteste im Camp Moria – Laschet bricht Besuch ab

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Foto: Dorothee Krings

Nachdem Laschet (CDU) seinen offiziellen Besuch im Flüchtlingslager Moria auf der Insel Lesbos auf Drängen der griechischen Sicherheitsbeamten vorzeitig beenden musste, ist der NRW-Ministerpräsident zusammen mit Integrationsminister Joachim Stamp in einer sehr kleinen Gruppe in das Camp zurückgekehrt.

Zunächst waren die Politiker in einer großen Delegation in das Camp gefahren. Das hatte zu kleinen Tumulten geführt, weil die Menschen auf ihre schlechten Lebensbedingungen in dem Camp aufmerksam machen wollten. „Wir haben das Signal wahrgenommen, wollten die Situation aber nicht weiter eskalieren lassen.“

Er habe unbedingt auch den wilden Teil von „Moria“ mit eigenen Augen sehen und mit den Menschen sprechen wollen, sagte Laschet hinterher. Es sei nicht erstaunlich gewesen, dass die Menschen sich gegenüber der großen offiziellen Delegation bemerkbar gemacht hatten. Etwa eine Dreiviertelstunde verbrachten die Politiker in dem „Dschungel“ genannten Campteil und wollten anschließend ihre Reise fortsetzen.

Im „Dschungel“ leben Tausende Menschen in Zelten und Hütten, haben kaum Elektrizität und wenige Wasserstellen. Die meisten Bewohner kommen aus Afghanistan, dem Irak und Syrien.

Am Vormittag hatte sich Laschet mit seiner Delegation zunächst etwa 40 Minuten im Container-Bereich des Camps aufgehalten. Daraufhin versammelten sich Flüchtlinge an den Zäunen und skandierten „Befreit Moria“. Der Sicherheitschef des Lagers beschloss daraufhin, dass es sicherer sei, den Besuch des Ministerpräsidenten vorzeitig abzubrechen.

Ein starkes Aufgebot an Sicherheitskräften schirmte die Flüchtlinge von Laschet ab. Das 2015 auf einer früheren Militäranlage errichtete Aufnahmezentrum in Moria ist mit mehr als 14.000 Flüchtlingen das größte Flüchtlingslager Europas und restlos überfüllt.

Anschließend fuhr der NRW-Regierungschef in das Camp Kara Tepe. In dem als „Vorzeigelager“ geltende Camp halten sich etwa 1300 Menschen auf, sie leben unter besseren Bedingungen als die Flüchtlinge in Moria. Dieser Besuch lief zunächst ohne Zwischenfälle ab. In Kara Tepe sprach Laschet auch mit Familien, die seit Monaten in dem Flüchtlingslager ausharren.

Zu den Rufen der Bewohner kam es wohl auch, weil einige Flüchtlinge dachten, der deutsche Bundeskanzler sei zu Gast. Das hat eine gewisse Ironie, weil Laschet ja darum kämpft, im Dezember CDU-Vorsitzender zu werden und damit indirekt auch als möglicher Kanzlerkandidat im Rennen ist. Darauf angesprochen sagte Laschet, er sei der „Primeminister von NRW“. „Ich glaube, wenn eine schwedische oder niederländische Delegation hier gewesen wäre, wäre der Aufschrei gleich gewesen, das war eine Bitte an Europa.“

Laschet war am Montag vom griechischen Premier Kyriakos Mitsotakis empfangen worden. Dabei hatte sich Laschet im Namen der Bundesregierung für eine europäische Lösung der Flüchtlingskrise in Griechenland eingesetzt.

Die EU kommt bei einer Einigung über eine geplante gemeinsame Asylreform seit Jahren kaum voran. Italien, Malta, Spanien, Griechenland und Zypern dringen auf einen verpflichtenden Mechanismus zur Verteilung von Migranten. Ungarn, Tschechien, Polen, Estland, Lettland, die Slowakei und Slowenien wollen hingegen das Gegenteil. In einem Brief an die EU-Kommission betonen die sieben Länder ihre Ablehnung einer verpflichtenden Verteilung „in jeder Form“. Im September will die EU-Kommission neue Vorschläge vorlegen.

Mit Material von dpa.

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