Sondierungen in NRW erfolgreich CDU und Grüne wollen Koalitionsverhandlungen starten - das sind die Eckpunkte

Düsseldorf · Zwölf Tage nach der Landtagswahl haben sich die Verhandler von Grünen und CDU für die Aufnahme von Koalitionsgespräche ausgesprochen. Nun müssen noch die Gremien zustimmen, echte Koalitionsverhandlungen können in der kommenden Woche beginnen.

 Ministerpräsident Hendrik Wüst und die Grünen-Spitzenkandidatin Mona Neubaur bei ihrem Sondierungsgespräch im Düsseldorfer Malkasten

Ministerpräsident Hendrik Wüst und die Grünen-Spitzenkandidatin Mona Neubaur bei ihrem Sondierungsgespräch im Düsseldorfer Malkasten

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Nach viertägigen Verhandlungen haben sich die je elfköpfigen Sondierungsteams von CDU und Grüne am späten Freitagabend für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen geeinigt. Grundlage ist das zwölfseitige Papier mit dem Titel „Für die Zukunft von Nordrhein-Westfalen“.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst erklärte im Nachgang: „Ein klimaneutrales Industrieland, ein modernes, soziales und sicheres Nordrhein-Westfalen, eine auch in Zukunft lebenswerte Heimat in Stadt und Land – darum geht es uns.“ In der Versöhnung von vermeintlichen Gegensätzen liege die Kraft für die Zukunft. Grünen-Chefin Mona Neubaur sprach von einem enormen Vertrauensvorschuss durch die Wähler. „Wir empfehlen unserer Partei deshalb selbstbewusst, am kommenden Sonntag Koalitionsverhandlungen zuzustimmen.“

Am Sonntag wird zunächst der kleine Parteitag der Grünen in der Essener Philharmonie tagen, um über das Papier zu beraten. Am Nachmittag wird zudem in der Düsseldorfer Parteizentrale der CDU der erweiterte Landesvorstand zusammenkommen.

Inhaltlich konnten die Grünen gleich mehrere Herzensanliegen platzieren. So soll beim Ausbau der Windenergie die umstrittene 1000-Meter-Abstandsregel zur Wohnbebauung entfallen. Künftig muss der Abstand die dreifache Höhe des Windrads zur Siedlung betragen. Mindestens 1000 neue Windräder sollen in den kommenden fünf Jahren entstehen, auch auf Industrie- und Gewerbeflächen sowie in Wäldern, dort insbesondere in den vom Borkenkäfer betroffenen Regionen. Zudem sollen „sämtliche für Photovoltaik geeignete Flächen genutzt werden können“. Die von den Grünen geforderte Photovoltaik-Pflicht für Neubauten scheint damit aber erst einmal vom Tisch.

Der Braunkohleausstieg soll - wie von Wüst zuletzt mehrfach unterstrichen – 2030 erfolgen. Dazu soll zeitnah eine neue Leitentschiedung für das Rheinische Revier erarbeitet werden – die Dörfer des Umsiedlungsabschnittes drei wären damit gerettet.

Vermientes Gebiet ist das Thema Bildung. Doch beide Seiten scheinen gewillt, am Schulfrieden festzuhalten und nicht am mehrgliedrigen Schulsystem oder an den Förderschulen zu rütteln. Mehr Geld soll künftig an die Problemschulen fließen, dazu wird ein schulscharfer Sozialindex eingeführt. Zusätzlich will Schwarz-Grün 10.000 zusätzliche Lehrer einstellen und sie an den Grundschulen und in der Sekundarstufe I auch besser bezahlen: Stufenweise wird das Einstiegsgehalt auf das Niveaus der Lehrer in der Sekundarstufe II angehoben. Viele Eltern dürften zudem aufatmen: Die Sondierer sprachen sich dafür aus, die Qualität der Ganztagsbetreuung zu steigern.

Die Grünen hatten sich im Wahlkampf an der Fokussierung der CDU auf das Thema Clan-Kriminalität gestoßen. Im Sondierungspapier fällt das Wort kein einziges Mal. Stattdessen geht es um dei Einstellung von 3000 zusätzlichen Polizeikräften, die Bekämpfung von Kindesmissbrauch und Rechtsextremismus. Auch auf ein stärkeres Vorgehen gegen Hasskommentare und Verschwörungstheorien konnten sich CDU und Grüne verständigen.

Im Wahlkampf hatten Grüne und CDU viele Gemeinsamkeiten beim Thema Mobilität kund getan. Auf die Reaktivierung von Bahnstrecken und die Schaffung eines landesweiten Schnellbusnetzes konnte man sich genauso einigen wie auf den massiven Ausbau von Radwegen. Die Sanierung von Straßen soll einen Vorrang vor Neubauten bekommen.

Die CDU wiederum legte Schwerpunkte im Bereich des Gesundheitswesens. Die Landarztquote wird ausgebaut, weitere Medizinstudienplätze sollen geschaffen werden. Der Krankenhausplan von Minister Karl-Josef Laumann (CDU) wird fortgeführt. Den streikenden Pflegekräften, die auch vor dem Sondierungs-Ort am Düsseldorfer Malkasten demonstriert hatten, sagten beide Seiten Verbesserungen bei Arbeitsbedingungen und Bezahlung zu.

Die Kommunen sollen stärker entlastet werden. Die künftige Landesregierung will sich beim Bund für eine Lösung der Altschuldenfrage stark machen. Sollte dies scheitern, will sie im kommenden Jahr eigenständig eine Lösung erarbeiten. Zudem sollen die Städte- und Gemeinden strukturell von Aufgaben entlastet werden.

Ein Herzensthema für die CDU: Bei alldem wird nicht an der Schuldenbremse gerüttelt.

Das Wochenende dürfte nun für viel Diskussionsstoff auf beiden Seiten führen.

(maxi/rtr)
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