Klima-Check und Windrad-Abstand Diese Hürden müssten CDU und Grüne bei einer Regierungsbildung meistern

Düsseldorf · Inhaltlich müssten CDU und Grüne bei einer möglichen Regierung in NRW einige Gräben überwinden. Können sie auf einen Nenner kommen oder sind die Lücken zu groß?

 Mona Neubaur (2l, Bündis 90/Die Grünen) und Hendrik Wüst (2r, CDU) müssten einige Kompromisse eingehen bei einer Regierungsbildung.

Mona Neubaur (2l, Bündis 90/Die Grünen) und Hendrik Wüst (2r, CDU) müssten einige Kompromisse eingehen bei einer Regierungsbildung.

Foto: dpa/Fabian Strauch

Die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen hat zwei Sieger: CDU und Grüne. Für ein mögliches Bündnis müssten Christdemokraten und die Ökopartei aber einige Steine aus dem Weg räumen. Rechnerisch möglich wäre auch eine Ampel aus SPD, Grünen und FDP. SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty möchte trotz des historisch schlechten Wahlergebnisses Gespräche mit anderen Parteien führen. Doch auch ein Ampel-Bündnis wäre nicht so leicht zu schmieden.

CDU/Grüne: Als Zeichen ihres wiedererstarkten Selbstbewusstseins hatten die Grünen wenige Tage vor der Wahl schon mal ein „Regierungsprogramm“ vorgelegt. Einige Forderungen wären für die CDU schwer zu schlucken. So pochen die Grünen auf die Abschaffung des pauschalen Mindestabstands bei Windkraftanlagen zu Wohngebieten. Sie wollen Photovoltaik auf jedem Dach, das Wahlalter auf 16 Jahre senken, die Mietpreisbremse ausweiten und einen Altschuldenfonds für Kommunen auf den Weg bringen.

Recht nahe sind sich CDU und Grüne beim Ziel des vorgezogenen Kohleausstiegs bis 2030. Für die Grünen wäre das aber mit einem Abrissstopp von Dörfern im Braunkohlerevier verbunden. Die Grünen wollen zudem einen Klimavorbehalt (Klima-Check) für alle Landesgesetze einführen. Das würde quasi ein Veto-Recht eines möglichen künftigen Klimaschutzressorts bei allen Gesetzesvorhaben bedeuten.

Zwar sieht auch CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst den Klimaschutz inzwischen als „größte Herausforderung unserer Zeit“. Die Grünen wollen aber mehr Tempo als die CDU beim Ziel der Klimaneutralität vorlegen. Für die CDU bleibt es bei dem vom Bund vorgegebenen Ziel bis 2045, die Grünen peilen 2040 an. Sie wollen NRW zur ersten klimaneutralen Industrieregion Europas machen.

Die Grünen wollen den Anteil der erneuerbaren Energien bei der Stromversorgung bis 2030 auf 80 Prozent und bis 2035 auf 100 Prozent steigern. Dafür sollen jährliche Mindest-Ausbaupfade für Windkraft und Solar festgelegt werden. Die CDU will die Akzeptanz von Windenergie durch die finanzielle Beteiligung der Anwohner erhöhen. Bis 2030 soll nach dem Willen der CDU die installierte Leistung der Windenergie verdoppelt und die der Photovoltaik vervierfacht werden.

Im Bildungsbereich plant inzwischen auch die CDU die gleiche Eingangsbesoldung für Lehrkräfte. Der Grünen-Plan, Alternativen zum klassischen Notensystem zu eröffnen, dürfte dagegen mit der CDU kaum zu machen sein.

Bei der inneren Sicherheit sieht der amtierende CDU-Innenminister Herbert Reul deutliche Divergenzen etwa bei der Bekämpfung der Clankriminalität. Eine flächendeckende und anlasslose Videoüberwachung, Erkennungs-Software und Taser, wie es die CDU will, lehnen die Grünen ab.

SPD/Grüne/FDP: SPD und Grüne haben bereits bis 2017 zusammen regiert und haben viele Schnittmengen. So wollen sie beitragsfreie Kitas und machen sich seit langem für die gleiche Besoldung für Lehrkräfte. Unterschiedliche Akzente setzen SPD und Grüne beim Kohleausstieg. Die Grünen halten am vorgezogenen Kohleausstieg „idealerweise“ bis 2030 fest. Die SPD hält einen früheren Ausstieg nur für möglich, wenn die Ziele beim Ausbau der erneuerbaren Energien erreicht werden. Beide Parteien wollen aber umgehend die Abstandsregeln zwischen Windrädern und Wohnhäusern abschaffen.

Während sich SPD und Grüne in vielen Zielen einig sind, könnte es mit der FDP etwa bei der Wohnungspolitik rumpeln. SPD und Grüne wollen die Mietpreisbremse verlängern. Die FDP setzt auf Kauf von Immobilien, die SPD will 100 000 neue Wohnungen bauen, davon 25 000 Sozialwohnungen. Auch die Grünen wollen den sozialen Wohnungsbau und den Mieterschutz stärken.

Zwar ist auch die FDP für einen vorgezogenen Kohleausstieg bis 2030 - sie drängt aber auf Bundesebene darauf, eine längere Laufzeit der drei noch verbliebenen Atomkraftwerke zu prüfen. Das geht für die Grünen gar nicht.

FDP und Grüne sind sich nahe bei der Absenkung des Wahlalters, der Legalisierung von Cannabis und der Ablehnung weitergehender Zugriffsrechte für die Polizei auf private Daten. Problematisch wird es aber bei der Frage, wie weit sich der Staat in die Wirtschaft einmischen darf.

CDU/SPD: Eine große Koalition will zwar keine der beiden Parteien - aber es gibt doch einige Schnittmengen von CDU und SPD, wie das TV-Duell der Spitzenkandidaten Wüst und Thomas Kutschaty (SPD) gezeigt hatte. Letztlich gilt eine Groko in NRW aber als äußerst unwahrscheinlich.

(boot/dpa)
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