Umfrage „NRW-Check“ Wie der Ukraine-Krieg die Landtagswahl mitentscheiden könnte

Düsseldorf · Der Krieg in der Ukraine wirkt bis in die Landtagswahl hinein. Das zeigt die neueste „NRW-Check“-Umfrage. Themen wie Inflation spielen bei der Wahlentscheidung vieler Bürger eine große Rolle – auch wenn das Land kaum Einfluss darauf hat.

Landtagswahl NRW 2022: Umfrage zu Landtagswahl, Inflation und Ukraine-Krieg - aktuelle Infos
Infos

So tickt NRW – Umfrage zu Landtagswahl, Inflation und Ukraine-Krieg

Infos
Foto: Martin Ferl

Zwei Jahre war die Pandemie das beherrschende Thema in Nordrhein-Westfalen. Doch der Krieg gegen die Ukraine hat Befürchtungen vor einer Versorgungssicherheit und einer Inflation in den Mittelpunkt gerückt. Beim „NRW-Check“, einer Forsa-Umfrage im Auftrag der NRW-Tageszeitungen, gaben jetzt 22 Prozent der Befragten an, dass sie Inflation und Preissteigerungen für das größte Problem in Nordrhein-Westfalen halten.

Noch deutlicher werden die Sorgen bei der Frage, was für die Bürger bei der kommenden Landtagswahl „sehr wichtig“ ist: Hier gaben die meisten Befragten (63 Prozent) das Thema „Versorgung mit sicherer und bezahlbarer Energie“ an. Die Sorge vor einem Lieferstopp Russlands und die Debatte um ein Gasembargo von Seiten des Westens macht sich hier bemerkbar. Die Befragung erfolgte im April, im März hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Notfall-Plan Gas aktiviert und die Frühwarnstufe ausgerufen, was den Ernst der Lage zeigte.

An zweiter Stelle nannten die NRW-Bürger „Preisentwicklung und Inflation“ als sehr wichtiges Thema bei der Wahl. Kein Wunder: Beim Lebensmittel-Einkauf und an der Tankstelle erleben sie täglich, was alles teurer geworden ist. 57 Prozent fühlen sich laut der Umfrage persönlich durch die steigenden Energie- und Benzinpreise sehr stark, 36 Prozent etwas belastet. 29 Prozent schränken sich nach eigener Aussage bereits beim Heizen, Wasser- und Energieverbrauch ein.

Die enorme Teuerung zeigen auch die Daten des Statistischen Landesamtes: Im März war die Inflationsrate in NRW bereits auf 7,6 Prozent gestiegen, im April gar auf 7,7 Prozent. Das war der höchste Anstieg seit fast 50 Jahren. Gas und Kraftstoffe waren mehr als ein Drittel so teuer wie im Vorjahr, aber auch Lebensmittelpreise sind um fast zehn Prozent gestiegen. Auch bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich jüngst war „Kaufkraft“ ein wesentliches Thema.

Die Krux für die Wahlkämpfer in NRW ist, dass eine Landesregierung wenig Einfluss auf die Inflation hat. Sie kann sich allenfalls beim Bund für sinnvolle Entlastungsmaßnahmen einsetzen. Beim Kampf gegen die Inflation ist vor allem die Europäische Zentralbank gefragt. Sie will aber erst im Sommer die Zinsen anheben und so gegen die Geldentwertung vorgehen. Wichtig ist auch die Kartellaufsicht bei den Mineralöl-Konzernen.

Neben wirtschaftlichen Fragen ist die Schulpolitik für viele relevant: 52 Prozent der Bürger nannten im „NRW-Check“ die Situation an den Schulen als sehr wichtiges Thema für die Wahlentscheidung. Mit ihrer Corona-Politik und ihrem Zickzackkurs hat Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) für viel Verdruss bei Kindern, Eltern und Lehrern gesorgt. Das haben diese nicht vergessen. Darüber hinaus gaben 47 Prozent Kriminalität und innere Sicherheit als sehr wichtiges Thema an. Mehrfach-Nennungen waren möglich. Unzufrieden sind die Bürger auch mit der Digitalisierung: 40 Prozent finden, dass NRW hier schlechter aufgestellt sei als andere Länder.

Weil das Thema Energie eine überragende Rolle spielt, haben die Meinungsforscher die Bürger hier genauer befragt: 66 Prozent finden, dass man die Abschaltung der deutschen Atomkraftwerke überdenken sollte. 28 Prozent finden, dass wie geplant abgeschaltet werden soll. Bei den Anhängern von CDU und FDP sprechen sich sogar über 80 Prozent für ein Überdenken der Abschaltungsfrage aus. Selbst bei den Grünen sind 36 Prozent dafür, die Frage zu prüfen.

In Deutschland gibt es noch drei Atommeiler, die Ende des Jahres vom Netz gehen sollen. Die Betreiber Eon, RWE und EnBW wollen von einer Verlängerung der Laufzeit nichts wissen. Diese würde eine minimale Mehrproduktion an Strom bringen, aber maximal hohe Sicherheitsrisiken bedeuten, hatte Habeck erklärt. Die drei Meiler erzeugen zehn Prozent des deutschen Stroms, haben weder die nötigen Sicherheitsprüfungen noch Brennstäbe für einen Weiterbetrieb, das Uran dazu kommt oft aus Russland.

Deutschlands Problem ist die Gasversorgung. Bei der Frage, ob der Westen ein Gas-Embargo gegen den Angreifer der Ukraine verhängen sollten, sind die Bürger im „NRW-Check“ aber gespalten: 44 Prozent der Befragten sagen, dass Deutschland trotz drohender Engpässe und erheblicher Verteuerung auf russisches Erdgas verzichten sollte. Ebenso viele sagen aber auch, dass Deutschland dies nicht tun sollte. Zwölf Prozent sind unentschlossen.

Zwiegespalten sind die NRW-Bürger auch bei der Frage, ob der Ausstieg aus der Kohleverstromung später erfolgen sollte. Eigentlich wollte Deutschland 2038 aussteigen, die Ampel-Regierung im Bundestag will den Ausstieg auf 2030 vorziehen. Auf die Frage, ob der Ausstieg wegen der zu erwartenden Engpässe beim Gas später als 2030 erfolgen sollte, sagten im April 48 Prozent der Befragten ja. Das ist ein Prozentpunkt mehr als im März. Die Unterschiede sind aber groß: Bei den Anhängern von CDU, FDP und AfD sind mehr als zwei Drittel für längere Laufzeiten der Kohlekraftwerke. Aber auch 15 Prozent der Grünen- und 44 Prozent der SPD-Anhänger sind dafür. Hingegen wünschen sich 44 Prozent aller NRW-Bürger, dass die Kohleverstromung 2030 endet. Bei den Grünen-Anhängern sind es 82 Prozent. Diese Debatte dürfte auch die neue Legislaturperiode im Kohle-Land prägen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort