Kampf um die Bundesratsmehrheit Landtagswahl mit Signalwirkung

Vor fünf Jahren löste die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen ein politisches Erdbeben aus. Erstmals seit 39 Jahren musste die SPD in ihren Stammland in die Opposition. Kurz darauf wurden Neuwahlen im Bund angekündigt - die der damalige SPD-Kanzler Gerhard Schröder verlor. Auch diesmal könnte die Landtagswahl die Regierung in Bedrängnis bringen: Mit dem Ausgang steht und fällt die knappe Mehrheit von Schwarz-Gelb im Bundesrat.

Zehn Fakten zur Landtagswahl in NRW 2010
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Zehn Fakten zur Landtagswahl in NRW 2010

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Foto: ddp

Sollte Schwarz-Gelb diese Mehrheit verlieren, wären Reformprojekte von CDU und FDP, die auf die Zustimmung der Länderkammer angewiesen sind, dann von vornherein zum Scheitern verurteilt. Ein Patt-Situation, durch die auf einigen Gebieten Stillstand statt Reform droht.

Das erste Opfer dürften in diesem Fall die geplanten Steuersenkungen der Regierungskoalition sein. Die SPD-Spitzenkandidatin in Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft, kündigte für den Fall eines Sieges bei der Landtagswahl bereits eine Art Blockadepolitik im Bundesrat an. "Ich glaube, wir müssen diesen Wahnsinn, der da mit milliardenschweren Steuersenkungen geplant ist, dringend stoppen", sagte sie jüngst in einem Interview.

Doch die Steuerreform ist das große Projekt der Regierung - und vor allem der FDP. Immer wieder hatte Guido Westerwelle betont, dass es mit ihm nur ein einfacheres und gerechteres Steuersystem geben würde. Auch wenn die CDU in diesem Punkt erst die Steuerschätzungen abwarten will, so hat auch sie nichts gegen Steuersenkungen einzuwenden - wenn es haushaltpolitisch möglich ist.

Dauerstreit hinterlässt Spuren

Dass die von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) geführte schwarz-gelbe Koalition in NRW abgelöst werden könnte, ist durchaus möglich. Denn in Umfragen hat das christlich-liberale Bündnis in den vergangenen Monaten seine Mehrheit schon eingebüßt. Rechnerisch möglich sind derzeit neben Schwarz-Grün auch eine Große Koalition oder sogar eine rot-rot-grüne Regierung.

Dass die SPD fünf Jahre nach ihrem historischen Tief an Rhein und Ruhr wieder Morgenluft schnuppert, hat sie allerdings weniger ihrer eigenen Stärke zu verdanken. Die Sponsoring-Affäre der nordrhein-westfälischen CDU, die Rüttgers den Verdacht der Käuflichkeit einbrachte, aber auch der Dauerstreit von Schwarz-Gelb auf Bundesebene, haben deutliche Spuren hinterlassen.

Streitereien um Hartz IV, Gesundheitesreform und eben Steuersenkungen lassen nicht nur die Sympathiewerte von Schwarz-Gelb in Berlin sinken, wie Umfragen immer wieder belegen. Auch färben sie scheinbar ab auf die Zustimmung für die Parteien in NRW. Besonders die FDP musste in den vergangenen Wochen immer wieder Federn lassen. Parteichef Guido Westerwelle verliert in der Gunst der Wähler.

Dabei hatte Rüttgers, der mit der CDU 2005 einen gewaltigen Zuwachs von 37 auf 44,8 Prozent verbuchen konnte, lange Zeit als der sichere Sieger ausgesehen. Er profitierte nicht nur vom Amtsbonus, sondern ließ sich von seinen Anhängern auch zum Arbeiterführer in dem Stammland der SPD ausrufen. Immer wieder meldete sich der 58-Jährige mit seinem "sozialen Gewissen" zu Wort, forderte Korrekturen an Hartz IV oder prangerte in der Opel-Krise "das hässliche Gesicht des Turbo-Kapitalismus" an. Erst am Donnerstag hatte er sich wieder mit Opel-Chef Nick Reilly getroffen.

Warnung vor Rot-Rot-Grün

Kraft, die 2005 nach dem Absturz der SPD auf 37,1 Prozent, den Fraktions- und zwei Jahre später auch den Landesvorsitz übernahm, tat sich bisher hingegen schwer darin, eigene Themen zu setzen. Mit den Worten "Mutig. Herzlich. Gerecht" ist ihr Wahlprogramm überschrieben. Stark macht sie sich für ein gebührenfreies Bildungssystem von der Kita bis zum Studium, die Stärkung der finanziell klammen Kommunen, einen allgemeinen Mindestlohn und das Lernen in einer Gemeinschaftsschule.

Doch die Diskussion über Sachthemen ist in der heißen Phase des Wahlkampfes längst verloren gegangen. Die CDU warnt derzeit vor allem vor dem Schreckgespenst Rot-Rot-Grün, das in der Schulpolitik und Chaos stiftet, die Industrie, den Haushalt ruinieren würde.

Bislang liegen die Linken in Nordrhein-Westfalen je nach Umfragen bei sechs oder sieben Prozent. Der SPD zufolge ist es das erklärte Ziel, die Linkspartei unter fünf Prozent und damit aus dem Landtag herauszuhalten. "Die sind derzeit nicht koalitions- und regierungsfähig", sagte Kraft in einem Interview. Dennoch hat die Spitzenkandidatin, die am liebsten mit den Grünen koalieren würde, eine Zusammenarbeit mit der Linken nicht kategorisch ausgeschlossen.

(apd/das)
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