Steigende Kosten für Haftpflichversicherung Länder fordern Hilfe für Hebammen

Berlin · In der Frage, wie die Existenz freiberuflicher Hebammen gesichert werden kann, setzen die Länder auf den Bund. Der Bundesrat verabschiedete am Freitag einen Entschließungsantrag, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, "dass kurzfristig eine angemessene Vergütung der Tätigkeit erreicht und damit die Geburtshilfe-Versorgung flächendeckend gesichert" wird.

Kern des Problems ist, dass in den vergangenen Jahren die Kosten für die Haftpflichtversicherung der Hebammen drastisch gestiegen sind. Innerhalb von zehn Jahren haben sie sich etwa verzehnfacht und liegen heute zwischen 4000 und 5000 Euro pro Jahr. Ab dem Sommer dieses Jahres werden es voraussichtlich 5000 Euro sein.

Grund für die Steigerungen sind die höheren Schadenssummen für die Versicherungen im Fall von Kunstfehlern. Erschwerend kommt hinzu, dass die Zahl der freiberuflichen Hebammen, die deutschlandweit tätig sind, in den vergangenen Jahren von rund 5000 auf jetzt noch etwa 3500 gesunken ist. Je kleiner eine Berufsgruppe ist, desto teurer ist es auch, hohe Risiken abzusichern. Die Mehrheit der Hebammen ist in Kliniken angestellt. Deutschlandweit sind insgesamt etwa 20.000 Hebammen tätig.

Besonders schwierig ist es für jene Hebammen, ihre Risiken abzusichern, die relativ wenige Schwangere pro Jahr begleiten. Denn die Krankenkassen zahlen die Zuschüsse für die Haftpflicht nach der Zahl der Geburten. Wer also als Beleghebamme mit einer Klinik zusammenarbeitet und 50 bis 60 Geburten pro Jahr begleitet, steht besser da als jene Hebammen, die beispielsweise in einem Geburtshaus arbeiten und nur zehn oder 20 Geburten im Jahr mitmachen. Neben der Hilfe bei der Entbindung begleiten freiberufliche Hebammen die Frauen auch vor und nach der Geburt.

Ab 2015 droht den freiberuflichen Hebammen das Aus. Die Nürnberger Versicherung will zum 1. Juli 2015 aus der Hebammen-Versicherung aussteigen. Ohne eine Lösung für die Haftpflichtversicherung dürften die Hebammen noch nicht einmal mehr ihre Hausbesuche leisten, bei denen sie nach der Geburt beispielsweise Tipps zum Stillen geben und schauen, ob Mutter und Säugling wohlauf sind.

Die Länderkammer forderte die Bundesregierung am Freitag auf, die Absicherung des Haftungsrisikos für die Hebammen durch "eine erweiterte Trägerhaftung oder einen steuerfinanzierten Haftungsfonds" zu prüfen. Ein steuerfinanzierter Haftungsfonds hieße allerdings, dass die Allgemeinheit für das Risiko einer Berufsgruppe haften würde. Auch andere Freiberufler könnten in Folge ähnliche Ansprüche stellen, dass der Steuerzahler bei besonders hohen Risiken einspringt. Der Antrag war von mehreren SPD- und Grünen-geführten Ländern in den Bundesrat eingebracht worden. Zugleich gab NRW nach Informationen unserer Zeitung eine Protokollerklärung ab, dass die Landesregierung im Fall eines steuerfinanzierten Haftungsfonds die Finanzverantwortung beim Bund sehe.

Die Schleuse einer Fondslösung will Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) offensichtlich nicht öffnen. "Ich bin sicher, dass sich die Versicherungswirtschaft ihrer Verantwortung bewusst ist und es bald eine Lösung geben wird", sagte Gröhe der Nachrichtenagentur dpa. Bereits seit einem Jahr sucht eine interministerielle Arbeitsgruppe nach einer Lösung —bislang allerdings ohne Erfolg.

(qua)
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