Finanzierung „kaum stemmbar“ Kündigungswelle in Sprach-Kitas in NRW befürchtet

Düsseldorf · Die Politik befürchtet eine Welle von Kündigungen in NRW-Kitas. Und das in Zeiten des Fachkräftemangels und ausgerechnet im Bereich der Sprachförderung, die für die Bildungschancen von Kindern wichtig ist. Wie das Familienministerium reagiert.

 Viele Kita-Beschäftigte wissen nicht, wie es mit ihren Jobs weitergeht. (Symbolbild)

Viele Kita-Beschäftigte wissen nicht, wie es mit ihren Jobs weitergeht. (Symbolbild)

Foto: dpa-tmn/Monika Skolimowska

Die Sorge um die Sprach-Kitas in NRW wird immer drängender. Über Jahre gewachsene Strukturen der Sprachförderung könnten zerschlagen werden. „Wenn im Rahmen dieses Monats kein Signal an die Träger geht, dann werden zum 1. Oktober verdammt viele Kündigungen ausgesprochen“, warnte der familienpolitische Sprecher der SPD im Düsseldorfer Landtag, Dennis Maelzer. „Wir haben das Problem jetzt schon“, ergänzte die CDU-Abgeordnete Charlotte Quik. Wem in Aussicht steht, dass er zum Jahresende seinen Job verliert, werde sich ja nicht erst ab Oktober nach einer anderen Stelle umschauen.

Über das Sprachkita-Programm bezuschusst der Bund seit 2016 Sprachförderung vor allem in Einrichtungen, in denen es einen größeren Anteil von Kindern gibt, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. 2022 flossen dafür insgesamt rund 47,6 Millionen Euro nach NRW. Damit wurden rund 1500 Fachkräfte in Kitas gebracht, die meisten auf halben Stellen. Außerdem gibt es Sachmittel und fachliche Beratung für die Häuser. Die Bundesregierung will das Programm zum Jahresende komplett auslaufen lassen.

Man sei mit dem Bund „in intensiven Beratungen und Verhandlungen, dass es zumindest einen guten Übergang geben kann“, sagte NRW-Familienministerin Josefine Paul (Grüne) am Donnerstag im Familienausschuss des Landtags. Wenigstens eine „gewisse Verlängerung“ der Zahlungen möchte NRW heraushandeln. Damit würde man Zeit gewinnen, um eigene Mittel zu organisieren. Gleichzeitig tue das Land alles, um die Folgen abzufedern, sollten diese Bemühungen scheitern. Aber das Sprachkita-Programm ohne Bruch aufrecht zu erhalten, sollte der Bund sich wirklich komplett aus der Finanzierung zurückziehen – das sei „kaum stemmbar“. Das habe NRW der Bundesregierung klargemacht, und in anderen Bundesländern sei die Lage ebenso.

Die Sache steht unter dem schlechten Stern des zweiten großen Problemfeldes bei der Kinderbetreuung: des Fachkräftemangels in den Erziehungs- und Sozialberufen. Die Landesregierung will in eine „Fachkräfteoffensive“ einsteigen. Institutionen wie Trägergesellschaften, Gewerkschaften, Elternvertretungen oder Landesjugendämter will man an den Tisch holen und das Berufsfeld attraktiver machen. Aber mit schnellen Erfolgen ist dabei eher nicht zu rechnen: Ministerin Paul schwor die Politik im Ausschuss auf Durchhaltevermögen ein. Die Sache werde kein Sprint: „Das wird ein Marathon. Das wird uns allen eine gewisse Kondition abverlangen.“

Paul skizzierte weitere drängende Probleme der nächsten Zeit. Ein zentrales Thema der kommenden fünf Jahre werde die Bekämpfung der Kinder- und Jugendarmut sein: Armut sei ein Zukunftshemmnis für junge Menschen. Im Fokus steht zudem die Situation der geflüchteten Familien aus der Ukraine. Der Krieg treffe die Jüngsten besonders hart, so Paul: „Sie werden ihrer Kindheit in ihrer Heimat beraubt. Der Krieg zerstört auch ihr Vertrauen in ein sicheres und gesundes Aufwachsen.“

15.09.2022, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Familienministerin Josefine Paul (Grüne) steht für ein Porträt im Landtag in Düsseldorf. Foto: Thomas Banneyer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

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15.09.2022, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Familienministerin Josefine Paul (Grüne) steht für ein Porträt im Landtag in Düsseldorf. Foto: Thomas Banneyer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

15.09.2022, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Familienministerin Josefine Paul (Grüne) steht für ein Porträt im Landtag in Düsseldorf. Foto: Thomas Banneyer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

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Ein besonders großes Projekt ist die Vorbereitung auf den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung, der ab 2026 für die ersten Grundschulkinder greift. „Unser Ziel ist es, Mindeststandards für den Ganztag zu realisieren“, blickte Paul voraus – zu Betreuungsqualität, Personal und Räumlichkeiten. Das Familienministerium werde das in gemeinsamer Federführung mit dem Schulministerium in Angriff nehmen.

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