Erneuerbare Energie „Windkraftausbau tritt auf der Stelle“
Düsseldorf · Der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) hat die Landesregierung massiv für den schleppenden Windkraftausbau kritisiert. Während die Akzeptanz in der Bevölkerung angesichts der hohen Energiepreise massiv gestiegen sei, hapere es an der im Schnitt siebenjährigen Genehmigungsphase.
Der Landesverband Erneuerbare Energien NRW hat der schwarz-grünen Landesregierung ein schlechtes Zeugnis in Sachen Windkraftausbau ausgestellt. Der Geschäftsführer des Verbands, Christian Mildenberger, sagte bei einer Pressekonferenz in Düsseldorf, im vergangenen Jahr seien 98 Anlagen mit einer Bruttoleistung 421 Megawatt hinzugebaut worden, eine Steigerung um 25 Prozent zum Vorjahr. Durch die Abschaltung alter Anlagen verblieben unterm Strich aber nur 392 MW. Halte man sich die Ausbauziele der Landesregierung vor Augen, wären jedes Jahr mindestens 1000 MW Zubau nötig, so Mildenberger. „Der Windkraftausbau tritt auf der Stelle.“
Im Länderranking liege NRW auf Platz vier hinter Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Brandenburg. Seit dem Regierungswechsel seien im zweiten Halbjahr 51 Anlagen mit 23 MW hinzugekommen. „Die Landesregierung verfehlt das selbst gesteckte Ziel um Längen“, so Mildenberger.
Ursächlich dafür sei, dass man immer noch feststecke bei den Hindernissen: Die 1000-Meter-Abstands-Regel sei immer noch nicht abgeschafft, es gebe zu wenige Flächen und die Genehmigungsverfahren dauerte mit im Schnitt sieben Jahren viel zu lange.
Mildenberger zufolge gebe es aber auch Zeichen der Hoffnung. So hätten inzwischen die Unternehmen verstanden, dass am erneuerbaren Strom kein Weg vorbeiführen. Er warnte zugleich: „Wenn wir nicht schnell liefern können, werden die Unternehmen anderswo investieren.“ Im vergangenen Jahr sei in Sachen Windkraftausbau kein einziges Großprojekt in NRW realisiert worden.
Steffen Lackmann, Projektmanager bei Westfalen Wind und Vorstandsmitglied im LEE NRW, erklärte, die aktuelle Situation mit dem Krieg in der Ukraine erhöhe die Akzeptanz bei den Gemeinden und Bürgern. „Es hat ein Umdenken stattgefunden.“ Doch auch er kritisierte: „Die Genehmigungsverfahren allgemein entsprechen nicht der politischen Zielsetzung.“ Es sei einfach, für die Politik, sich sehr ambitionierte Ziele zu setzen. „Was wirklich fehlt ist die Umsetzung.“ Man erleben aber nichts von einer Beschleunigung der Genehmigungsverfahren. Lackmann zufolge sei es im Idealfall möglich, Anlagen innerhalb von zwei Jahren zu errichten. In Deutschland gebe es durchaus Beispiele dafür, dass sich Verfahren beschleunigen ließen. So habe die Zeitspanne von der Planung bis zur Inbetriebnahme der LNG-Terminals nur acht Monate gedauert.
Bei der Genehmigung von Windrädern gebe es dagegen enorme Hürden – so müssten Betreiber immer noch Dinge wie die Sichtbeziehungen zwischen Kirchtürmen und Windrädern überprüfen, auch die Vorgaben für den Artenschutz seien enorm hoch, gleiches gelte für die Bürokratie: „Die Antragsunterlagen müssen in vielfacher Ausführung mit Bullis zu den Genehmigungsbehörden gebracht werden.“
André Stinka, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, schloss sich der Kritik umgehend an. Im Koalitionsvertrag habe die Landesregierung viel versprochen. „Jetzt schon hängt Schwarz-Grün dem eigenen Anspruch hinterher.“ Die Landesregierung tue zu wenig, um die eigenen richtigen Ziele zu erreichen. „Ankündigungsministerin Neubaur hat zu wenig Konkretes für mehr Windkraft auf den Weg gebracht“, kritisierte Stinka.
Das NRW-Wirtschaftsministerium widersprach der Darstellung des LEE hinsichtlich der Länge der Genehmigungsverfahren: „Die Genehmigungszeiten in NRW von der Antragsstellung bis zur Genehmigungserteilung liegen im Schnitt bei 16 Monaten. Vom Zeitpunkt des Vorliegens der vollständigen Antragsunterlagen bis zur Genehmigung sogar im Schnitt bei zehn Monaten.“ Von der Idee bis zur Inbetriebnahme einer Windenergieanlagen dauere es im Idealfall aber immer noch rund vier Jahre, so der Sprecher von Ministerin Mona Neubaur (Grüne). „Ein wesentlicher Baustein zum beschleunigten Ausbau der Windenergie ist deshalb die weitere Verkürzung der Genehmigungsverfahren.“ Hierzu habe die Landesregierung bereits im Herbst letzten Jahres eine Task Force eingerichtet: Drei Unterarbeitsgruppen arbeiteten derzeit konkret an zahlreichen Maßnahmen, die den Ausbau der Windenergie in NRW entscheidend vorantreiben und speziell auch die Genehmigungszeiten verringern sollten. Unter anderem würden die Genehmigungsstrukturen angepasst und personell verstärkt, wesentliche Belange, wie etwa artenschutzrechtliche Fragestellungen, würden durch Leitfäden aufgearbeitet und für Projektierer und nachgeordnete Behörden bereitgestellt. „Zusätzlich werden begleitend akzeptanzsteigende Maßnahmen erarbeitet“, so der Sprecher. Die Landesregierung verfolge das Ziel, bis 2027 die Voraussetzungen für die Errichtung von zusätzlichen 1000 Windenergieanlagen zu schaffen, weiterhin entschlossen.