Kolumne zur Bildungspolitik Das große Nullsummenspiel

Düsseldorf · Warum gab es eigentlich nie eine Massenbewegung für bessere Inklusion?

 Eine behinderte Schülerin sitzt in ihrem Rollstuhl im Klassenraum einer Schule in Hannover (Symbolbild).

Eine behinderte Schülerin sitzt in ihrem Rollstuhl im Klassenraum einer Schule in Hannover (Symbolbild).

Foto: dpa/Holger Hollemann

Vergangene Woche war hier die Rede von der Rückkehr zur neunjährigen Gymnasialzeit in NRW. Bei Twitter entstand daraus eine kleine Leserdiskussion, die auf die Frage hinauslief: Hätten die Politiker nicht besser das viele Geld statt in G 9 in die Inklusion gesteckt, also den gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Handicap?

Dahinter steht die Frage, ob Bildungspolitik ein Nullsummenspiel ist. Ob, anders gesagt, immer nur eine begrenzte Menge machbar ist. Organisatorisch sicher – keine Regierung kann alles zugleich anpacken. Auch finanziell – es ist nicht Geld für alles da. (Wobei die Selbstverständlichkeit, mit der NRW Hunderte Millionen für die Rückkehr zu G 9 aufbringt, schon grübeln lässt.)

Am Ende aber dürfte vor allem gelten: Es ist offenbar immer nur eine begrenzte Menge Aufmerksamkeit für die vielen Probleme da. Ein Gesetz zur Inklusion mit Qualitätsstandards, wie sie jetzt kommen sollen, wenn auch recht allgemein gehalten, hätte NRW schon vor drei, vier Jahren gebraucht. Aber Unmut in einer Dimension, die die Regierungsparteien zur Kursänderung gezwungen hätte, gab’s nur beim G 8. Eine Massenbewegung für bessere Inklusion kam nie zustande, obwohl es gute Gründe für die Annahme gibt, dass der Handlungsbedarf hier dringender war als beim Gymnasium.

G 8 abschaffen – kann man machen, das ist eine Frage des politischen Willens (polemisch gesagt: politischer Luxus). Inklusion verantwortungsvoll gestalten – das ist kein Luxus, keine Flause, sondern die Umsetzung eines Menschenrechts. Jetzt dreht NRW die Inklusion ein Stück zurück, etwa bei der Zahl der Schulen, an denen gemeinsam gelernt wird, um Schadensbegrenzung zu betreiben. Das ist bitter, aber auch die Folge zweifelhafter Prioritätensetzung. In der Politik wie in der öffentlichen Wahrnehmung.

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