Kolumne Hier in NRW Vom Wert kritischer Berichte

Düsseldorf · Pressespiegel sind mehr als bloße Aneinanderreihungen von Zeitungsartikeln.

Foto: Zeichnung: Phil Ninh

Pressespiegel sind eine interessante Lektüre. Nicht nur, weil sie zusammenfassen, was an einem bestimmten Tag über bestimmte Themen geschrieben wurde. Noch viel interessanter an Pressespiegeln ist das, was sie über ihre Auftraggeber aussagen.

Bei Thyssenkrupp zum Beispiel wurden Insidern zufolge jahrelang unterschiedliche Pressespiegel verteilt - für Angestellte und für Vorgesetzte. Zwischen den beiden Versionen gab es einen feinen Unterschied: Jener für die Belegschaft spiegelte die Welt wider, wie sie die Führungskräfte gern gehabt hätten – kritische Zeitungsartikel wurden weitgehend ausgeklammert. Nur die Ausgabe für die Unternehmensspitze enthielt alle Zeitungsartikel über Thyssenkrupp. Ein ähnlich verqueres Verständnis von Meinungsfreiheit ist auch von anderen Konzernen überliefert.

In der Politik sind Pressespiegel ebenfalls üblich, das Weglassen wichtiger Informationen und Zeitungsartikel kommt aber sehr selten vor. Verbreiteter sind Versuche, mit der Positionierung der Artikel den Auftraggeber in ein möglichst günstiges Licht zu rücken. Kritische Artikel rutschen da gelegentlich mal nach hinten.

In der NRW-Staatskanzlei gibt es neuerdings keine Presseschau mehr, sondern eine Medienschau. Enthalten sind jetzt auch Online-Texte und soziale Medien. Auffällig ist, dass weit oben vor allem Tweets von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) stehen. Was andere twittern, komme zu kurz, meint auch die SPD-Fraktion.  Die Oppositionspolitiker vermissen etwa Debattenbeiträge zu kontroversen Themen wie Straßenbaubeiträge oder Abschaffung der Stichwahl.

Ein wertvoller Hinweis: Es passiert schließlich allzu leicht, dass neue Strömungen und Stimmungen unterschätzt werden. Wie die Europawahl zeigte.

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Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(kib)
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