„Keine Aktivisten, sondern Kriminelle“ Klimaaktivisten entfachen mit Flughafen-Aktion erneute Sicherheitsdebatte

Düsseldorf · Nachdem am Donnerstagmorgen eine Gruppe von Klimaaktivisten den Flugverkehr teilweise zum Erliegen brachte, bleibt die Frage nach dem Sicherheitskonzept des Flughafens bestehen. Was Experten und Politiker jetzt fordern.

Flughafen Düsseldorf und Hamburg: Letzte Generation klebt sich fest - Störung
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Festgeklebt — Aktivisten blockieren Airport Düsseldorf

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Foto: dpa/David Young

Nach der Rollfeldblockade durch Aktivisten der „Letzten Generation“ am Donnerstagmorgen am Düsseldorfer Flughafen gibt es Diskussionen über mögliche Sicherheitsprobleme am Airport. So forderte Heiko Teggatz, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft für den Bereich Bundespolizei/Flughafensicherheit, eine Überarbeitung der Sicherheitskonzepte an den Flughäfen. „Es ist katastrophal für die Luftsicherheit, dass es den Klimaklebern gelungen ist, auf die Startbahn des Düsseldorfer Flughafens zu gelangen. Das hätte nicht passieren dürfen“, sagte Teggatz unserer Redaktion. Der Flughafenbetreiber sei in der Verantwortung. „In Zeiten wie diesen reicht es nicht aus, Flughäfen mit Zäunen und Stacheldraht zu sichern, auf die man einfach eine Matte legen und dann drüberklettern kann.“ Sowohl am Hamburger als auch am Düsseldorfer Flughafen sei versäumt worden, nach den Attacken der Klimakleber am Airport in Berlin das Sicherheitskonzept zu überarbeiten. „Sicherheit darf nicht länger an Kosten scheitern“, forderte Teggatz.

Mitglieder der Protestgruppe Letzte Generation waren am frühen Donnerstagmorgen auf das Gelände des Düsseldorfer Flughafen eingedrungen und hatten sich auf dem Vorfeld festgeklebt. Einige der Aktivisten seien wegen ähnlicher Aktionen bereits polizeibekannt, hieß es gegenüber unserer Redaktion aus entsprechenden Kreisen. Der Flugbetrieb war teils komplett eingestellt, teils eingeschränkt. Eine ähnliche Aktion gab es auch am Flughafen Hamburg.

Auch die Düsseldorfer SPD-Bundestagsabgeordnete Zanda Martens übte Kritik an der Sicherheitsarchitektur des Airports. Für Martens, die auch Mitglied des Aufsichtsrates des Düsseldorfer Flughafens ist, sei es unklar, wie es nach mehreren Aktionen dieser Art immer noch möglich sei, dass sich Aktivisten den Zutritt zu diesem Sicherheitsbereich am Düsseldorfer Flughafen verschaffen konnten. „Wie kann verhindert werden, dass sich genauso einfach auch Menschen mit ganz anderen Absichten den Zutritt zum Flugfeld verschaffen könnten – sehen sie doch wiederholt, wie einfach das ist? Und das ist ein echtes Sicherheitsrisiko, das vom Flughafen umgehend angegangen werden muss“, sagte Martens.

Kritik kommt auch von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. „Die Personaldecke der Sicherheitsfirma ist sehr niedrig. „Mehr Personal sorgt aber für mehr Sicherheit“, sagt Verdisekretär Bill unsere Redaktion.

Andreas Roßkopf, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei für den Bezirk Bundespolizei, kritisiert, dass es in Düsseldorf und Hamburg keinen einheitlichen Sicherheitsstandard gibt: „Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Wir sprechen hier von schweren Straftaten und von Kriminellen. Die Vorkommnisse in Düsseldorf und Hamburg zeigen uns, dass wir in Sachen Sicherheit einen einheitlichen Standard brauchen. Wo in Düsseldorf innerhalb von 5 Minuten die Kollegen vor Ort waren, hat es in Hamburg sehr lange gedauert.“ Das liege vor allem an den unterschiedlichen Sicherheitstechniken, die in Düsseldorf moderner sei als in Hamburg. „Der Einsatz von modernster Technik wie in Düsseldorf muss umgehend an allen Flughäfen eingesetzt werden“, so Roßkopf weiter.

Flughafen Düsseldorf: Keine großen Auswirkungen für Passagiere

Seitens des Flughafens heißt es, es seien keine Sicherheitslücken durch die Aktion gekommen. „Unsere Prozesse und Alarmsysteme haben gut funktioniert, die Sicherheit des Flugbetriebs war zu jeder Zeit gewährleistet“, sagte Lars Redeligx, Vorsitzender der Geschäftsführung des Düsseldorfer Flughafens. Gemeinsam mit den beteiligten Behörden sei es gelungen, die Auswirkungen für die Passagiere gering zu halten. Der Airport schütze auf Basis seines „regelmäßig aktualisierten Sicherheitskonzeptes durch die Kombination von personellen, physischen und technischen Sicherheitsmaßnahmen das Flughafengelände auf bestmöglich Weise.“ Die heutigen Vorfälle würden gemeinsam mit den Behörden analysiert und gewonnene Erkenntnisse in das Sicherheitskonzept integriert.

NRW-Innenminister Herbert Reul greift Mitglieder der Gruppe Letzte Generation für ihre Aktion am Flughafen Düsseldorf scharf an: „Diese Klimachaoten sind keine Aktivisten, sondern Kriminelle.“ Das zeigten die konzertieren Aktionen heute auf den Flughäfen in Düsseldorf und Hamburg deutlich, so Reul. „Flugzeuge, die die Landung abbrechen müssen, Familien, denen man den Start in den Urlaub verderben will – das hat rein gar nichts mit legitimen Protest zu tun.“ Wer da mitmache, müsse wissen: Gefährlicher Eingriff in den Luftverkehr und Nötigung seien Straftaten, warnte Reul.

Das NRW-Verkehrsministerium von Oliver Krischer (Grüne) erklärte zu den Gefahren durch solche Aktionen: „Gerade auf diesen Flächen erwarten Pilotinnen und Piloten sowie Fluglotsinnen und Fluglotsen - im Gegensatz zu den Abstellpositionen am Terminal - nur andere Luftfahrzeuge, aber keine unbeweglichen Personen.“ Die Arbeitslast bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Boden und in der Luft steige sprunghaft, um die Folgen der erforderlichen Betriebsunterbrechung für Passagiere und Fracht abzumindern. Die Absicherung des sensiblen Sicherheitsbereiches durch den bestehenden Flughafenzaun am Flughafen Düsseldorf entspreche den derzeitigen gesetzlichen Anforderungen bezüglich der Eigensicherungspflichten des Flughafenbetreibers, so eine Ministeriumssprecherin.

Die Sicherheitsbehörden stünden in intensivem Austausch, um die Risikobewertungen im Hinblick auf den Vorfall vom Donnerstag erneut anzupassen und Sicherheitsmaßnahmen weiter zu intensivieren. „Das unbefugte Betreten des Flughafengeländes am heutigen Tag ist schnell erkannt worden und es wurden die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz und für die Sicherheit des Luftverkehrs und aller Beteiligter getroffen.“ Zu eventuellen zivilrechtlichen Ansprüchen wollte das Ministerium keine Bewertung abgeben.

Robert Habeck kritisiert die Form des Protests

Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck hat die Klima-Protestaktionen an den Flughäfen verurteilt. Der Grünen-Politiker sagte am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur: „Die Aktivisten, die jetzt lauter Menschen die Reise in den Urlaub verbauen, schaden dem Anliegen Klimaschutz massiv“, sagte er unserer Redaktion. Diese Form des Protests sei nicht richtig. „Wer sich wirklich für Klimaschutz einsetzen will, der muss die gesellschaftliche Akzeptanz mit im Blick haben. Klimaschutz gehöre in die Mitte der Gesellschaft. Und so sollten wir auch an Klimaschutz rangehen.“

Die Düsseldorfer Bundestagsabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) hat die Aktion der Letzten Generation am Düsseldorfer Flughafen ebenso scharf kritisiert. „Mit Aktionen dieser Art gefährdet man nicht nur sich, sondern Hunderte von Menschenleben. Das ist inakzeptabel“, erklärte die Politikerin unserer Redaktion. „Es muss intern bei den betroffenen Flughäfen geklärt werden, wie es sein kann, dass die Letzte Generation es überhaupt aufs Rollfeld schafft.“

Bundesjustizminister Marco Buschmann meldet sich auf Twitter zur Klimaaktion am Airport Düsseldorf: „Viele Menschen freuen sich auf ihren verdienten Urlaub. Wenn @AufstandLastGen ihnen diese Freude nimmt, untergräbt sie die Akzeptanz für mehr Klimaschutz.“

Die FDP im Düsseldorfer Landtag hat der schwarz-grünen Landesregierungen einen zu laxen Umgang mit der Letzten Generation vorgeworfen. Nach der Aktion am Düsseldorfer Flughafen sagte der innenpolitische Sprecher Marc Lürbke unserer Redaktion: „Das hat mit Klimaschutz nun wirklich rein gar nichts mehr zu tun. Durch die gezielten Straftaten der Klimaextremisten wurde vielen Familien, die heute Morgen vielleicht in den wohlverdienten und lang ersparten Urlaub fliegen wollten, die Urlaubsfreude jäh genommen.“ Es ärgere ihn maßlos, mit welcher Arroganz diese oftmals privilegierten Klimakleber deshalb einfach über die Sorgen und Nöte ihrer Mitmenschen hinweggingen. „Pattex ist doch keine Meinung und vermeintliche Moral heiligt im Rechtsstaat niemals die Mittel. Wer Flughäfen sabotiert, der hat den Boden des Rechtsstaats doch längst verlassen.“

Lürbke warnte, in das Flughafengelände einzubrechen und die Rollbahn zu kapern, sei eine brandgefährliche Straftat, die sowohl die Klimaextremisten selbst als auch Piloten und Reisende ganz erheblich gefährden könne. Die andauernden Straftaten müssten deshalb endlich mit voller Konsequenz verfolgt werden.„Es kann nicht sein, dass die schwarz-grüne Landesregierung Klimaextremisten in NRW immer noch unter Welpenschutz stellt und der Letzten Generation nicht die Kosten für die Polizeieinsätze in Rechnung stellen will.“ Das wäre dem FDP-Politiker zufolge rechtsstaatlich leicht möglich, andere Bundesländer wie Bayern oder Hessen machten das längst. „Schwarz-Grün muss endlich gegensteuern und unserer wiederholten Forderung nachkommen. Es kann doch nicht sein, dass der Steuerzahler doppelt der Dumme ist.“ Zum einen komme er nicht in seinen Urlaub, zum anderen bezahle er auch noch die Einsatzkosten für die gezielten Störaktionen der Klimaextremisten.

Auch CDU-Innenexperte Gregor Golland fordert vom Land, den Klimaaktivisten Einsatzkosten in Rechnung zu stellen. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Gregor Golland, hat NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) zu einer Kurskorrektur im Umgang mit den Klimaaktivisten der Letzten Generation aufgefordert. Der Innen-Experte sagte unserer Redaktion: „Es handelt sich um kriminelle Extremisten, die gefährlich in den Flugverkehr eingreifen.“ Sie sollten neben einem Strafverfahren die vollen Kosten für diese Aktion auferlegt bekommen. Bislang lehnt der NRW-Innenminister es ab, den Aktivisten die Einsatzkosten in Rechnung zu stellen. Golland fügte noch spitz an: „Wahrscheinlich fliegen einige von ihnen anschließend selber in den Urlaub nach Bali und wollen vorher nur ihr eigenes Gewissen beruhigen."

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