Kita-Reformen in NRW Diese Forderungen haben Eltern und Erzieher
Sonja Kern, 39 Jahre, Arnsberg, seit 19 Jahren in einer Kita tätig
„In Kitas wird man häufig mit dem Vorwurf konfrontiert, dass wir ja „nur spielen“ – dass Kinder ihre Welt eben spielerisch entdecken und dabei fürs Leben lernen, wird häufig unterschätzt. Von uns Erzieherinnen wird immer mehr gefordert, wir müssen die Kinder bestmöglich fördern und den ganzen Tag betreuen – gleichzeitig aber dokumentieren und Gespräche mit Eltern und verschiedenen Institutionen führen. Wir wickeln, unterstützen die Sauberkeitserziehung, putzen Zähne, helfen, Streitigkeiten zu klären, waschen Wäsche, spülen Geschirr. Das erfordert den ganzen Tag über Multitaskingfähigkeiten, man muss permanent ansprechbar sein und immer professionell handeln.
Mit dem dünnen Personalschlüssel ist das nicht umzusetzen, Krankheiten, Fortbildungen und Urlaubstage sind darin nicht vorgesehen. Kitas müssten finanziell besser unterstützt werden, sie brauchen mehr Personal, um auch Urlaubszeiten und Krankheitstage abzudecken. Dass eine Erzieherin an manchen Tagen alleine für mehr als 20 Kinder zuständig ist, geht nicht. Von der Politik fühle ich mich als langjährige Erzieherin und jetzige Kita-Leiterin im Stich gelassen. Im Kindergarten zu arbeiten ist zwar der schönste Beruf der Welt, aber wir haben keine Lobby. Viele Politiker und auch die Gesellschaft haben von der Realität in den Kitas vor Ort keine Ahnung.“
Darius Dunker, 49 Jahre, Aachen, Vater eines vierjährigen Sohnes und Mitglied im Landeselternbeirat
„Die beiden größten Probleme von Kitas hier in NRW sind der Personalmangel und der viel zu langsam voranschreitende Platzausbau. Wenn Eltern froh sein müssen, überhaupt einen Platz für ihr Kind zu bekommen, können sie leider kaum noch bestimmen, welche Kita sie vom Konzept her überzeugt. Die im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Maßnahmen zur Beseitigung des Personalmangels reichen nicht aus. Wenn man den Fachkräftemangel in sozialen und pädagogischen Berufen wirklich überwinden will, muss man diese Berufe gesellschaftlich und finanziell aufwerten.
Außerdem würde ich mir mehr Mitbestimmungsrechte für Eltern in den Kitas wünschen. Dabei geht es nicht darum, den Erziehern ihre Expertise streitig zu machen, sondern darum, gemeinsam die beste Lösung für die Kinder zu finden.“
Pamela Strutz, 40 Jahre, Dortmund, Vorsitzende des Trägervereins einer Initiativkita
„Aus Sicht eines kleinen freien Trägers sind wir mit 40 Plätzen strukturell unterfinanziert. Daran wird sich auch durch die geplante Gesetzesüberarbeitung nichts ändern. So können wir nur die Mindestausstattung an Personal finanzieren. Als privater Elternverein sind wir aber natürlich an einer guten Betreuung interessiert. Unser Team bezahlen wir nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes, nicht-pädagogische Arbeiten wie Reparaturen leisten bei uns Eltern. Ohne ihr Engagement wäre vieles nicht möglich.
Die finanzielle Situation ist für uns Jahr für Jahr eine Zitterpartie. In dem Gesetzesentwurf spielt auch die Qualität des hauswirtschaftlichen Personals keine Rolle – dabei sollen sich Kinder doch gesund ernähren. Bei uns wird durch eigenes Personal frisch gekocht. Damit stellen wir aber eine Ausnahme dar. Viele andere Träger entscheiden sich aus Kostengründen für einen Caterer. Ich befürchte, dass sich unsere Situation auch mit dem überarbeiteten Gesetz nicht wirklich verbessert.“