Kinderbetreuung in NRW Streit um Reform des Ganztags

Düsseldorf · Wohlfahrtsverbände und Landesregierung treffen sich in der kommenden Woche. Die Positionen liegen bei Fragen der Finanzierung und verbindlicher Standards weit auseinander.

 Grundschüler melden sich während des Unterrichts (Symbolfoto).

Grundschüler melden sich während des Unterrichts (Symbolfoto).

Foto: dpa/Frank Molter

Gut zehn Jahre nach Einführung der Ganztagsbetreuung an Grundschulen in NRW lässt die Qualität vielerorts zu wünschen übrig.  „Es gibt in dem Bereich keine verbindlichen Qualitätsstandards“, sagte Helga Siemens-Weibring, Beauftragte für Sozialpolitik beim Diakonischen Werk Rheinland-Westfalen-Lippe, einem der Träger Offener Ganztagsschulen (OGS) in NRW. Kinder würden nach der Schule teilweise in viel zu kleinen Räumen betreut, manchmal sogar im Keller. Nicht selten sei ein Betreuer, bei dem es sich nicht einmal um eine Fachkraft handeln müsse, für mehr als 25 Schüler zuständig.

In NRW besuchen einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft zufolge 44,1 Prozent der Grundschüler den offenen Ganztag. Das Land liegt damit beim Ganztagsangebot bundesweit an siebter Stelle. Das Angebot variiert jedoch von Kommune zu Kommune stark. Während einige Schulen neben der Hausaufgabenbetreuung Nachmittagsbeschäftigungen anbieten, ist dies andernorts kaum der Fall. Auch bei den Elternbeiträgen gibt es große Unterschiede, sie reichen bei einem Brutto-Jahreseinkommen von gut 43.000 Euro von monatlich 18 Euro in Olfen bis 140 Euro in Bad Münstereifel. In der Mitte liegt beispielsweise Neuss mit 90 Euro.

In Spitzengesprächen wollen  die Landesregierung und die Wohlfahrtsverbände von der kommenden Woche an über eine bessere finanzielle und qualitative Ausstattung der Ganztagsbetreuung beraten. Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP): „Die offene Ganztagsschule leistet einen unverzichtbaren Beitrag zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf.“ Auch Familienminister Joachim Stamp (FDP) betonte die Bedeutung der OGS: „Wir brauchen in NRW mehr und qualitativ gestärkte OGS-Angebote.“

Doch die Positionen liegen nach Informationen unserer Redaktion vor dem geplanten Spitzengespräch weit auseinander. „Die vorgesehenen Mittel des Landes reichen bei Weitem nicht aus, um die bereits bestehenden Lücken in der jetzigen Finanzierung zu decken und darüber hinaus auch zukünftig die notwendige gute Qualität für alle Kinder bieten zu können, egal an welchem Ort sie sich in NRW befinden“, sagte Siemens-Weibring, die an den Gesprächen teilnimmt. Notwendig sei nach dem Vorbild des Kita-Gesetzes ein OGS-Gesetz, um eine ausreichende Finanzierung sicherzustellen.

Auch müsse es einen Personalschlüssel pro Gruppe geben und die Vorgabe, dass pädagogisch ausgebildetes Personal zum Einsatz kommt. Ein verbindliches Raumkonzept müsse garantieren, dass die OGS-Schüler etwa auch Turnhallen nutzen können. Die Gruppengröße dürfe 25 nicht überschreiten.

Bisher erhalten die Kommunen eine OGS-Pauschale vom Land, die in den vergangenen zwei Jahren um sechs Prozent erhöht wurde. Sie liegt den Wohlfahrtsverbänden zufolge bei rund 813 Euro pro Kind pro Schuljahr plus 0,2 Lehrerstellen pro 25 Kinder. Die Kommunen ihrerseits müssen den Wohlfahrtsverbänden zufolge einen Pflichtbeitrag beisteuern, den sie aufstocken können. Dieser Mindestbetrag liegt demnach bei rund 475 Euro pro Kind pro Schuljahr, die meisten Kommunen gäben aber mehr. Die Qualität des Ganztags hängt damit auch stark von der Finanzlage der Kommunen ab. Die Landesregierung wollte sich zu Inhalten nicht äußern und verwies auf die noch laufenden Gespräche.

Leitartikel

(kib)
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