Bedrohung in Nordrhein-Westfalen Kampferfahrene Islamisten erhöhen Terror-Risiko

Düsseldorf · Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, schlägt Alarm aufgrund neuer Erkenntnisse über kampfbereite Islamisten auf deutschem Boden.

Der Verfassungsschutzbericht 2012 - Hintergründe und Infos
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Der aus Mönchengladbach stammende Chef des deutschen Inlands-Nachrichtendienstes sagte im Gespräch mit unserer Redaktion, zusammen mit der Polizei habe man derzeit rund 20 verdächtige junge Dschihadisten im Blick, die von Kämpfen aus dem syrischen Bürgerkrieg wieder nach Deutschland zurückgekehrt seien. Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes kommt ein großer Teil der jungen Leute, die in den Dschihad (den "Heiligen Krieg") ziehen, aus Nordrhein-Westfalen.

60 junge selbst ernannte "Heilige Krieger"

Maaßen fuhr fort, es sei besorgniserregend, dass in den vergangenen acht Monaten mehr als 60 junge selbst ernannte "Heilige Krieger" von Deutschland aus nach Syrien aufgebrochen seien. Der Geheimdienst-Chef: "Wenn sie dann wiederkommen, werden sie in der Szene als Helden gefeiert."

Viele der Rückkehrer seien emotional so aufgeladen, dass die Gefahr bestehe, dass sie in Deutschland selbst Anschläge vorbereiteten, Gleichgesinnte dazu ermunterten oder Attentäter ins Land einschleusten. Maaßen: "Schlimmstenfalls kommen sie mit einem direkten Kampfauftrag zurück."

Der oberste Verfassungsschützer hob in dem Zusammenhang hervor, dass man oft im Austausch mit befreundeten Nachrichtendiensten von den gefährlichen Rückkehrern erfahre. Wichtig sei es auch zu wissen, mit wem diese Gefährder in Kontakt stehen. In dem Zusammenhang verwies Maaßen auf den Vorzug der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung, denn die Verbindungsdaten würden sehr helfen, weil sie auf mögliche Netzwerke der Islamisten hindeuten könnten.

"Nicht in Schockstarre verfallen"

Maaßen sagte, er lasse sich in seinem Privatleben nicht von der Angst vor Anschlägen leiten. Auch meide er nicht bestimmte Plätze. Dennoch plädierte er dafür, in Deutschland ein Sicherheitsbewusstsein zu schaffen wie in den Vereinigten Staaten und Großbritannien: "Nicht in Schockstarre verfallen, normal leben, aber Auffälligkeiten melden. Das ist im Interesse der Allgemeinheit und der eigenen Sicherheit."

Auf die Frage, ob zu wenig Menschen hierzulande den Sinn und Zweck von Verfassungsschutz einsähen, antwortete Maaßen: Die Zeit des Kalten Krieges zwischen Ost und West sei vorbei. Damals sei klar gewesen, dass der Feind sich auf der anderen Seite des Eisernen Vorhanges befinde und man deshalb einen Verfassungsschutz brauche. Dieses Feindbild habe man zum Glück überwunden, was aber den Verfassungsschutz nicht überflüssig mache, im Gegenteil: "Es gibt neue Herausforderungen, neue Gefahren, denn die Gegner, die unser System der demokratischen Grundordnung überwinden wollen, sind ohne Zweifel immer noch da und aktiv."

Bedenken gegen ein NPD-Verbot

Maaßen kritisierte, dass manche Menschen in Deutschland dächten, Sicherheit sei einfach da, so ähnlich, wie früher oft gesagt worden sei, der Strom komme doch aus der Steckdose. Der Schutz unserer Verfassung sei jedoch ein Frühwarnsystem. Und dafür benötige man nun einmal Datenbanken, in denen mögliche Gefährder gespeichert seien und auf die die Polizei Zugriff haben müsse.

Der Verfassungsschutz-Präsident ließ Bedenken gegen ein NPD-Verbot erkennen. Man unterstütze die Länder beim Verbotsverfahren, aber es müsse abgewogen werden, was nach einem Verbot kommen könne; es bestehe danach die Gefahr einer Radikalisierung von Personen, die der Inlands-Nachrichtendienst nicht im Blick habe.

(RP/csi)
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