Auch Chancen für Seiteneinsteiger Landesregierung will „grundlose Teilzeit“ bei Lehrern einschränken

Düsseldorf · Mehr Menschen aus anderen Berufen sollen in NRW Lehrer werden – vor allem an Grundschulen, aber auch an Berufskollegs. Das sieht ein neues Konzept der Schulministerin vor. Auch sollen weniger Kräfte in Teilzeit arbeiten.

Dem Lehrermangel soll Einhalt geboten werden. (Symbolbild)

Dem Lehrermangel soll Einhalt geboten werden. (Symbolbild)

Foto: dpa/Caroline SeidSeidel-Dißmannel

Mehr Seiteneinsteiger an Grundschulen, weniger Klassenarbeiten, aber auch weniger Teilzeitstellen für Lehrkräfte und längere Abordnungen von der einen an die andere Schule: Schulministerin Dorothee Feller (CDU) hat das lang erwartete Konzept der Landesregierung gegen den Lehrermangel in NRW vorgestellt.

Ein Kernpunkt: Mehr Menschen aus anderen Berufen sollen Grundschullehrer werden. Bewerber mit Master-Abschluss sowie Berufserfahrung und Kompetenz in mindestens einem Unterrichtsfach können sich für das zweijährige Referendariat bewerben. Sie sollen als eines von zwei Fächern Deutsch oder Mathe abdecken, das Ziel ist die volle Lehramtsbefähigung. Lehrer an Gymnasien und Gesamtschulen sollen außerdem auf die Grundschule umsteigen können, wenn sie sich in der Didaktik weiterqualifizieren. „Auch das ist ein Novum“, sagte Schulministerin Feller. Heutige Vertretungslehrer sollen unter Umständen dauerhaft in den Schuldienst übernommen werden können.

Die wichtigste langfristige Maßnahme – der Ausbau von Studienplätzen, speziell fürs Grundschullehramt und für Sonderpädagogik – wird angestrebt. Die Planung ist aber noch in der Abstimmung der zuständigen Ministerien beim Land. Zugleich sollen Bezirksregierungen Anträge auf Teilzeitarbeit genauer prüfen und gegebenenfalls ablehnen, wenn es nicht beispielsweise familiäre Gründe dafür gibt. Feller will die „grundlose Teilzeit“ einschränken. „Es passt einfach nicht, dass wir auf der einen Seite Kostenpflichtiger Inhalt so einen Lehrermangel haben und auf der anderen Seite Teilzeit-Anträge“, sagte Feller.

Auch sollen mehr und längere Abordnungen üblich werden. Im Moment würden diese befristeten Versetzungen an Schulen mit größerer Personalnot meist auf ein halbes Jahr begrenzt: „Wir wollen in Abstimmung mit den Personalräten dafür werben, dass man diese Abordnungszeiten auf bis zu zwei Jahre verlängert.“ Das solle schon in den Stellenausschreibungen stehen: Wer an einer gut ausgestatteten Schule einen Job bekommt, solle von vornherein wissen, dass er womöglich bis zu zwei Jahre woanders hingeschickt wird.

Für Lehrerstellen, die sie nicht besetzen können, sollen Schulen übergangsweise Alltagshelfer anheuern können – nicht für den Unterricht, sondern zur Betreuung. Der Entlastung soll es auch dienen, dass Klassenarbeiten wegfallen dürfen. Die zentralen Prüfungen sollen in der Stufe zehn jeweils eine Arbeit ersetzen können. Somit würden etwa in Mathe oder Deutsch nicht mehr mindestens vier, sondern mindestens drei Arbeiten geschrieben.

Zum Konzept gehören zahlreiche weitere Vorhaben. So will man unter anderem Ingenieure für den Unterricht an Berufskollegs gewinnen. Antragsverfahren zur sonderpädagogischen Förderung von Kindern sollen vereinfacht werden und Lehrkräfte aus dem Ausland sollen leichter ins Anerkennungsverfahren kommen. All die Maßnahmen müssen noch durch Verordnungen oder Erlasse auf den Weg gebracht werden. Angestrebt werde eine weitestgehende Umsetzung bis Mai, erklärte Ministerin Feller.

Bei Lehrervertretern rief das Konzept geteiltes Echo hervor. „Es ist gut, dass Seiteneinsteiger vom ersten Tag an professionell begleitet und nachqualifiziert werden“, sagte Andreas Bartsch, Präsident des Lehrerverbands NRW. Auch mit längeren Abordnungen könne man leben: „In dieser angespannten Situation kann man das machen – es muss nur mit Augenmaß passieren.“ Der Philologenverband bescheinigte dem Maßnahmenpaket Chancen, aber auch Risiken und warnte vor Abordnungen gegen den Willen der Betroffenen. Der Verband Lehrer NRW nannte Beschränkungen bei der Teilzeit ein „fatales Signal“.

Die FDP bemängelte, dass es keine klaren Zielzahlen für den Ausbau der Studienplätze gibt. „Schulministerium und Wissenschaftsministerium müssen sich mit den Hochschulen auf eine hinreichend große Anzahl zusätzlicher Studienplatzkapazitäten verständigen“, sagte Andreas Pinkwart, bildungspolitischer Sprecher. Harsche Kritik kam von der SPD. Das Konzept sei ein „Reförmchen“, eine rasche Entlastung für Lehrkräfte und Schulen sehe man nicht, sagte Sprecher Jochen Ott.

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