Keine „anlasslosen“ Tests mehr Junge Leute sauer über Corona-Bedingungen beim NRW-Abitur

Düsseldorf · Ungetestet und ohne Maske in der Abiklausur und hoffen, dass alles gut geht: Die Kritik an der Corona-Schulpolitik in NRW schlägt weiter Wellen. Was Schüler, Lehrer und Eltern dazu sagen.

 Die Abiturprüfungsphase hat begonnen. Bei den Klausuren gibt‘s keine Maskenpflicht, vorher gibt‘s keine Corona-Tests. (Symbolbild)

Die Abiturprüfungsphase hat begonnen. Bei den Klausuren gibt‘s keine Maskenpflicht, vorher gibt‘s keine Corona-Tests. (Symbolbild)

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Die Landesschüler*innenvertretung kritisiert die Corona-Politik von NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) scharf. Insbesondere den Umstand, dass vor den Abiturprüfungen keine Tests vorgesehen sind – Maskenpflicht ohnehin nicht. „Wir verurteilen das“, sagte Johanna Börgermann vom Vorstand der Organisation. Aus ihrer Sicht wäre eine Testpflicht das Richtige gewesen. „Wenn man die schon abschafft, muss man doch mindestens das Angebot machen, dass Schülerinnen und Schüler sich freiwillig testen.“

Genau das unterbindet die Landesregierung aber: Schulen dürfen eventuelle Restbestände an Corona-Selbsttests, die sie noch haben, nicht dafür nutzen. Das hat das Schulministerium auf Anfrage noch einmal klargestellt. „Die anlasslosen Schultestungen liefen in Nordrhein-Westfalen mit Beginn der Osterferien aus“, hieß es dort. Übrig gebliebene Tests sollen demnach nur noch „bei möglichen Verdachtsfällen zur freiwilligen Testung genutzt werden“.

Nach Angaben des Ministeriums liegen in den NRW-Schulen noch etwa zehn Millionen bislang ungenutzte Tests, die wie berichtet durch das Land abgeholt und zentral eingelagert werden sollen.

„Völlig überflüssig“ nannte der Präsident des Lehrerverbandes, Andreas Bartsch, diese Vorgaben aus Düsseldorf. Er sieht Handlungsbedarf auf Bundesebene: „Ich würde mir wünschen, dass man beim Bundesinfektionsschutzgesetz eine Öffnungsklausel einbaut, damit die Länder da, wo es nötig ist – und bei Schulen ist das der Fall – Handlungsspielräume haben.“ Gerade mit Blick auf den Herbst: Dann würden die Infektionszahlen wieder in die Höhe gehen. Wenigstens trügen viele junge Menschen einfach freiwillig weiter Masken in den Klassen. „Das ist für die Schüler auch gar kein Problem.“

Oliver Ziehm, Vorsitzender der Landeselternschaft der Gymnasien in NRW, erlebt hingegen zwiegespaltene Reaktionen von Familien. „Bei den ganzen Coronathemen sind immer 40 Prozent der Eltern dafür und 60 Prozent dagegen – oder umgekehrt“, sagte er. „Was wir aber sehen, ist, dass viele Schüler sehr verantwortungsvoll sind.“ Sie testeten sich aus Eigeninitiative und blieben bei Corona-Verdacht der Klasse fern.

Sollten sich aber durch die Abi-Klausuren, bei denen viele junge Leute über lange Zeit in einem Raum sitzen, ausgerechnet in der Prüfungsphase Corona-Infektionen ausbreiten, wäre das für die die betroffenen jungen Menschen besonders hart. Das Schulministerium verweist dazu auf einen Erlass, der die Infektionsschutzvorgaben regelt. „So sollen ausreichend große Prüfungsräume, die insbesondere einen Abstand von 1,5 Metern zwischen den Sitzplätzen ermöglichen, genutzt und eine regelmäßige Lüftung des Prüfungsraums durchgeführt werden.“ Die bekannten Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen seien gute Instrumente, um sich selbst und andere zu schützen.

Abgesehen von den aktuellen Corona-Risiken beklagt die Landesschüler*innenvertretung auch, dass die Ergebnisse des diesjährigen Abiturs ganz besonders von sozialer Ungerechtigkeit geprägt sein könnten. Immerhin hat die Vorbereitungszeit zumindest teilweise unter Corona-Bedingungen stattgefunden. Und da hätten die einen im Homeschooling eine gute technische Ausstattung gehabt, die anderen mussten sich den Computer mit Geschwistern teilen oder hatten gar kein Internet. „Diese Schülerinnen und Schüler mussten entweder abbrechen oder haben Wissenslücken, die andere eben nicht haben“, so Johanna Börgermann. „Es ist gut möglich, dass dieses Homeschooling noch für weitere Jahrgänge Konsequenzen hat – für die, die jetzt in der zehnten oder elften Jahrgangsstufe sind und die Defizite haben, die sie nicht mehr aufholen können.“

Um den Pandemie-Einschränkungen Rechnung zu tragen, gibt es seitens des Landes auch in diesem Jahr angepasste Abi-Bedingungen. Dazu gehört vor allem eine größere Auswahl an Prüfungsaufgaben.

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