RP-Aktion "Deine Stimme zählt" zur Landtagswahl Jugendliche konfrontieren Politiker mit Problemen an Schulen

Düsseldorf · 90 Minuten lang stellten sich die Spitzenkandidaten der Parteien für die Landtagswahl in NRW bei der RP-Aktion "Deine Stimme zählt" den Fragen von Schülern. Zwei jugendliche Moderatoren trafen auf Politiker im Wahlkampfmodus - das Ergebnis war eine spannende Diskussion.

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Foto: Bretz, Andreas

Wer bei der NRW-Landtagswahl am 14. Mai wählen möchte, muss mindestens 18 Jahre alt sein. Doch auch Schüler, die erst 16 oder 17 sind, haben eine politische Meinung und klare Forderungen an die nächste Landesregierung. Mit dem Projekt "Deine Stimme zählt" gab die Rheinische Post gemeinsam mit dem General-Anzeiger Bonn Schülern in NRW am Donnerstagmorgen deshalb die Möglichkeit, ihre Wünsche ganz direkt mit den Spitzenkandidaten der Landesparteien zu diskutieren.

Einen Mitschnitt der Veranstaltung können Sie sich hier anschauen:

Die Gäste

Die Schüler konfrontierten die Politiker mit ganz praktischen Problemen: wacklige Stühle, löchrige Tische, streikende Technik. Vor allem die digitale Ausstattung der Schulen war Thema. Schüler-"Ministerin" und Moderatorin Laura Marie Dietrich berichtete von einer Freundin aus Bayern, die über die altmodischen Overheadprojektoren an ihrer Schule nur lachen könne.

"Die Schulausstattung zahlen die Kommunen. Und den bayerischen Kommunen geht es tatsächlich besser", sagte Grünen-Politikerin Löhrmann. Deshalb investiere das Land zwei Milliarden Euro zusätzlich bei Städten und Gemeinden, damit es in diesem Bereich vorangehe.

NRW gebe das wenigste Geld pro Grundschüler aus, das gehe nicht, sagte CDU-Kandidat Armin Laschet. Und auch FDP-Chef Christian Lindner forderte, dass Bund, Land und Kommunen es sich nicht mehr leisten können, nur auf andere zu zeigen. "Seit sieben Jahren ist der Schuletat nicht mehr angepasst worden", sagte er. In Schulen kämen Decken herunter, auf Schulhöfen dürfe nicht gespielt werden. "Das kann nicht sein".

Piraten-Chef Patrick Schiffer sieht das Problem nicht nur in fehlender Technik - Lehrer müssten erst einmal dazu ausgebildet werden, die Möglichkeiten auch zu verstehen und im Unterricht zu nutzen. Linken-Spitzenkandidatin Özlem Demirel forderte, die Lebensqualität an Schulen müsse steigen. SPD-Landesministerin Kampmann plädierte außerdem für mehr Freiräume für Schüler, die verloren gingen, wenn sich Unterricht immer mehr verdichte.

Die Schüler-"Minister" Laura Marie Dietrich und Leon Lorenz, beide 17, gehen auf das Gymnasium Voerde und wurden von allen 40 Schulen, die sich mit Videos an der Aktion beteiligt haben, zu den Schüler-"Ministern" von NRW gewählt. Sie punkteten bei ihren Mitschülern unter anderem mit der Forderung nach dem Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs und "schülerfreundlichen Preisen".

Nun diskutierten sie vor mehr als 300 Schülern im Düsseldorfer Apollo Varieté mit den Spitzenkandidaten über ihre Forderungen und die Wünsche und Fragen der anderen Schüler. Um die Politiker zu konkreten und knappen Antworten zu zwingen und möglichst viele Themen diskutieren zu können, war die Redezeit zu jeder Frage streng reglementiert. Auch die Fragen und Anmerkungen von Zuschauern bei Facebook flossen in die Diskussion ein. Ein Nutzer schrieb etwa: "Digitalisierung an Schulen? So lange Handys an Schulen verboten werden, lache ich darüber."

Ein pauschales Handyverbot der Schulen hielt keiner der Diskussionsteilnehmer für zeitgemäß. Bei der Frage, wie präsent das Smartphone im Klassenzimmer sein solle, gingen die Meinungen allerdings auseinander. NRW-Schulministerin Silvia Löhrmann findet, dass über diese Frage jede Schule selbst entscheiden müsse. "Ich kenne Schulen, da haben die Schüler selbst Regeln für die Handynutzung aufgestellt", sagte sie.

Düsseldorf: Diese Politiker diskutierten mit den Schüler-"Ministern"
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Diese Politiker diskutierten mit den Schüler-"Ministern"

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Foto: Endermann, Andreas

SPD-Jugendministerin Christina Kampmann hält ein Handyverbot für völlig unzeitgemäß. Dem schloss sich CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet an, sagte aber auch, es müsse Regeln geben für Zeiten, in denen man sich konzentrieren müsse. "Es gibt Phasen im Schultag, da ist Unterricht wichtiger als Facebook", sagte Laschet. FDP-Chef Christian Lindner forderte gar ein Handy-Gebot und eine Whatsapp-Gruppe für jede Klasse. Es brauche kein Lexikon mehr, weil Schüler alles über Handys und Apps lernen könnten. Piraten-Chef Patrick Schiffer warf ein, Unternehmen wie Facebook sollten in Schulen möglichst wenig präsent sein.

Niemand wartet gern auf den Bus

Ein weiteres Thema, das viele Schüler beschäftigt: der öffentliche Nahverkehr. "Brauchen wir besseren Personennahverkehr oder doch eher den Führerschein ab 16?", fragte Laura Marie Dietrich SPD-Jugendministerin Kampmann. Die Politikerin plädierte in ihrer einminütigen Redezeit für den Ausbau der Verbindungen, vor allem auch im ländlichen Bereich. Dem schloss sich Grünen-Schulministerin Löhrmann in der Diskussion an. "Die Grünen wollen ein Azubi-Ticket, weil wir dann auch bessere und schnellere Mobilität bieten können", sagte sie. Die Piraten wiederum wollen, dass alle für den Personennahverkehr einzahlen, damit ihm am Ende auch alle besser und billiger nutzen können.

Es dürfe zudem nicht sein, dass es billiger sei, eine kurze Strecke mit dem Auto zu fahren als mit Bahn oder Bus, sagte Linken-Spitzenkandidatin Demirel. Wenn alle für den Nahverkehr einzahlen würden, könnten ihn auch alle kostenlos nutzen und die Luftverschmutzung würde sich verringern.

CDU-Kandidat Armin Laschet blieb am Ende der fünfminütigen Diskussionsrunde nicht mehr viel Zeit für eine Antwort: "Ich bin auch für schnelle Busse", warf er noch ein. Christian Lindner durfte dann aber doch noch sagen, dass er bei diesem Thema anderer Meinung ist als seine Kollegen. Es koste viel Geld, Buslinien zu betreiben, in denen abends kaum jemand mitfahre - und dieses Geld müsse dann später an Schulen oder anderswo eingespart werden. "Das Geld kann nur einmal ausgegeben werden. Immer nur mehr Geld versprechen, sorry, da bin ich nicht dabei", sagte Lindner. Löhrmann warf ihm vor, nicht zu sehen, was die Schüler wollten. Es gehe darum, dass Busse zu den Zeiten führen, zu denen sie gebraucht würden.

Die Politiker schalteten im Laufe der Diskussion in den Wahlkampfmodus. "Sie regieren seit Jahren. Sie haben die Prioritäten falsch gesetzt", sagte Laschet zu SPD-Frau Kampmann. Die hatte vorher umfassende Investitionen und Verbesserungen gefordert.

Eines der zentralen Themen, das Schüler, Eltern und Lehrer in NRW derzeit beschäfigt, ist die Diskussion um die Anzahl der Schuljahr bis zum Abitur. G8 oder G9 - der erste, dem die jungen Moderatoren diese Frage stellten, war Piraten-Chef Patrick Schiffer.

Eine Abfrage bei Eltern und Schülern habe klar ergeben, dass G9 gewollt sei, sagte Schiffer: "G8 reicht einfach nicht aus. Vor lauter Druck und Stress hat man keine Zeit, sich um etwas Anderes zu kümmern."

FPD-Chef Christian Lindner forderte, Schulen, bei denen G8 funktioniere, in Ruhe zu lassen und sie nicht ins Chaos zu stürzen. "An einem Gymnasium mit vier Zügen muss es auch möglich sein, dass eine Schule entscheidet, zwei Züge machen G8, zwei G9", fügte Lindner hinzu.

"Die Lage an jeder Schule wird anders diskutiert", sagte Laschet, der sich nah bei Lindner sah. In einem Kreis funktioniere G8 gut, weil zum Beispiel die Busse so führen, dass die Kinder um 15 Uhr zu Hause seien. In anderen Kreisen klappe das nicht, so dass Schüler erst um 17 Uhr nach Hause kämen. "Es soll Halbtagsunterricht wieder möglich werden. Das sollen aber die Schulen entscheiden und nicht irgendein Kultusminister", sagte Laschet.

Begrüßt hatten die Zuschauer im Apollo Varieté am Düsseldorfer Rheinufer Michael Bröcker, Chefredakteur der Rheinischen Post, und sein Kollege vom Bonner General Anzeiger, Helge Matthiesen, in "der schönsten Wahlarena des Landes". Insgesamt hatten sich 40 Schulen aus Nordrhein-Westfalen mit einem Video an der Aktion "Deine Stimme zählt" beteiligt. In den Videos zeigen die Schüler, wie sie sich jugendgerechte Landespolitik in Zukunft vorstellen. Auf dieser Karte können Sie sich alle Videos ansehen:

Auch die AfD war im November vergangenen Jahres zu der Diskussionsrunde eingeladen worden, mit der Bitte, bis Ende November verbindlich zu antworten. Die Partei meldete sich allerdings erst Anfang März zurück, als die Vorbereitungen weitgehend abgeschlossen waren.

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