Gemeinsamer Unterricht mit behinderten Kindern Inklusion an Schulen ist rückläufig

Düsseldorf · Insbesondere Gymnasien bieten seltener Unterricht mit behinderten Kindern an. Gesamtschulen liegen weiterhin vorn.

 Eine behinderte Schülerin sitzt in ihrem Rollstuhl im Klassenraum einer Integrierten Gesamtschule. Archivbild: Holger Hollemann/dpa

Eine behinderte Schülerin sitzt in ihrem Rollstuhl im Klassenraum einer Integrierten Gesamtschule. Archivbild: Holger Hollemann/dpa

Foto: dpa/Holger Hollemann

Immer weniger weiterführende Schulen in Nordrhein-Westfalen bieten gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht behinderten Kindern an. Wie aus Zahlen des Schulministeriums hervorgeht, wurde im zu Ende gehenden Schuljahr 2018/19 noch an 1027 weiterführenden Schulen inklusiver Unterricht erteilt, zum kommenden Schuljahr werden es nur noch 947 Schulen sein. Angemeldet sind dort landesweit fast 6800 Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf.

In den Zahlen kommt die von der Landesregierung eingeleitete Neuausrichtung der Inklusionspolitik zum Ausdruck. Die rot-grüne Vorgängerregierung hatte auch deshalb den Rückhalt bei den Wählern verloren, weil sie die Inklusion zu schnell vorangetrieben hatte. Allerdings ist Inklusion nach Aussage der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen ein Menschenrecht.

Besonders stark fällt der Rückgang des gemeinsamen Unterrichts an den Gymnasien aus. Nur noch 155 der gut 600 Schulen nehmen behinderte Schüler auf; im Vorjahr waren es noch 185. Davon verstehen sich lediglich 35 Gymnasien als inklusive Regelschule („Schule gemeinsamen Lernens“). Dagegen verabschieden sich vergleichsweise wenige der Gesamtschulen von der Inklusion.

Es sei unerlässlich, den Prozess der Inklusion strukturiert und langfristig verlässlich auszugestalten, erklärte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP). Erstmals gebe es in Nordrhein-Westfalen klare Standards, etwa hinsichtlich der Schülerzahl in einer Klasse.

„Die Gymnasien haben sich fast komplett aus der Inklusion zurückgezogen“, kritisierte SPD-Schulexperte Jochen Ott. Nur sechs Prozent der Gymnasien beteiligten sich, aber 84 Prozent der Gesamtschulen. „Kinder, die es sowieso schwer haben, müssen jetzt diese Integrationsleistung vor allem erbringen.“ Rot-Grün habe Fehler gemacht, aber jetzt schlage das Pendel zu weit zurück. Grünen-Expertin Sigrid Beer kritisierte, die Inklusionsschulen könnten sich auch nicht auf das Versprechen verlassen, dass Klassengrößen begrenzt würden.

(kib)
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