Innenminister Jäger zur Trojaner-Debatte "In NRW droht kein Überwachungsstaat"

Düsseldorf (RPO). Gerade diskutiert ganz Deutschland über die Rechtmäßigkeit von Online-Durchsuchungen. Inzwischen weitet sich der Trojaner-Streit im NRW-Landtag aus. In der Debatte über Spionage-Software gibt es einen weiteren Fall in Nordrhein-Westfalen. Innenminister Ralf Jäger beschwichtigte jedoch, es drohe kein "Überwachungsstaat".

 NRW-Innenminister Ralf Jäger will die Gemüter in der Debatte um den Einsatz von Trojanern beschwichtigen.

NRW-Innenminister Ralf Jäger will die Gemüter in der Debatte um den Einsatz von Trojanern beschwichtigen.

Foto: dapd, dapd

Am Mittwoch habe ein Amtsgericht in NRW eine Quellentele-kommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) angeordnet, teilte die Landesregierung im Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags mit. Wie in den bereits bekannten zwei Fällen geht es um Strafverfolgung durch die Polizei.

Überwacht werden können per Quellen-TKÜ solche Telefon-gespräche, die nicht über klassische Telefonverbindungen, sondern über das Internet geführt werden (zum Beispiel Skype).

Innenminister Ralf Jäger (SPD) betonte erneut, dass die in NRW eingesetzte Software nicht vergleichbar sei mit dem von Chaos Computer Club (CCC) kritisierten Staats-Trojaner. In NRW finde keine Online-Durchsuchung statt. Jäger mahnte zur Versachlichung.

Es drohe kein "Überwachungsstaat", sagte Jäger. Zugleich schlug der SPD-Politiker für die nächste Innenministerkonferenz vor, Software künftig unabhängig zertifizieren zu lassen. So solle sichergestellt werden, dass nur legale Programme zum Einsatz kommen.

"Ob Sicherheitsbehörden anderer Länder oder des Bundes weitere Maßnahmen der Quellen-TKÜ in NRW durchgeführt haben, ist hier nicht bekannt", teilte die Landesregierung darüber hinaus mit.

NRW least Software

2009 und 2010 hatte die Polizei laut Innenministerium bei der Strafverfolgung in zwei Fällen von Rauschgiftkriminalität mit richterlicher Anordnung Trojaner eingesetzt. Der Hersteller habe vor der Auslieferung des Produkts aber zugesichert, dass mit dem Programm keine Online-Durchsuchung möglich sei, hieß es.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die in Nordrhein-Westfalen geltende Regelung zu Online-Durchsuchungen privater Computer im Frühjahr 2008 für grundgesetzwidrig und damit nichtig erklärt. Die Vorschrift im NRW-Verfassungsschutzgesetz verletze das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Innenminister war damals Ingo Wolf (FDP).

Pro Spähaktion der Quellen-TKÜ fallen laut Innenministerium Leasing-Kosten von rund 19.000 Euro für die Spezialsoftware an. Hersteller ist die hessische Software-Firma DigiTask, die auch den umstrittenen Staatstrojaner nach Bayern geliefert hatte.

"Bevölkerung verunsichert"

Kritik am Trojaner-Einsatz kam von Linken und FDP. Der liberale Innenexperte Horst Engel warnte vor einem "Tsunami" im Internet. Der Bürger habe auch am Computer garantierte Freiheitsrechte.

Die Linke-Abgeordnete Anna Conrads mahnte die Einhaltung der Bürgerrechte an. Ihre Fraktion kritisierte die hohen Kosten für Spionage-Software. So habe NRW laut CCC einen neuen Auftrag für Telefon-Überwachung in Höhe von knapp 400.000 Euro vergeben.

Der Grünen-Politiker Matthi Bolte merkte an, die Politik müsse die "Verunsicherung in der Bevölkerung" ernst nehmen. Der Einsatz in NRW sei aber rechtmäßig gewesen. Theo Kruse von der CDU betonte, die Polizei müsse im "Wettlauf mit Kriminellen" gut ausgestattet sein.

Die nicht im Landtag vertretene Piratenpartei hatte den Trojaner-Einsatz scharf kritisiert und vor Gefahren für Computer unbeteiligter Dritter gewarnt.

(DAPD/csr)
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