Besuch im NRW-Landtag Holocaust-Überlebende warnt Schüler vor AfD

Düsseldorf · Die Jüdin Inge Auerbacher, 84, hat im Düsseldorfer Landtag vom Nationalsozialismus berichtet. „Lauft nicht den Falschen hinterher“, sagte sie Schülern aus Bottrop, Ratingen und Düsseldorf.

Inge Auerbacher spricht im Düsseldorfer Landtag.

Inge Auerbacher spricht im Düsseldorfer Landtag.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Die Holocaust-Überlebende Inge Auerbacher hat am Montag im nordrhein-westfälischen Landtag vor der AfD gewarnt – ohne den Namen der Partei überhaupt auszusprechen. „Lauft nicht den Falschen hinterher, auch wenn es erstmal schön aussieht“, sagte die 84-Jährige vor mehr als 100 Schülern im Plenarsaal in schwäbisch gefärbtem Deutsch. Die in New York lebende Jüdin berichtete im Gespräch mit der Antisemitismusbeauftragten des Landes, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), von ihren Erlebnissen im Nationalsozialismus und wie sie danach in den USA ein neues Leben begann. Anschließend konnten Schüler aus Bottrop, Ratingen und Düsseldorf Fragen stellen.

„Fühlen Sie sich in Deutschland noch wohl?“, will ein Schüler wissen und die 84 Jahre alte Zeitzeugin erwidert gut gelaunt: „Nun, am liebsten esse ich Sauerbraten.“ Es ist das einzige Mal, dass die Schüler und auch Auerbacher lachen. Mehr als eine Stunde erzählt sie vom dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte, wie sie und ihre Familie erst ausgegrenzt, entrechtet und schließlich deportiert wurden.

Als sie sieben Jahre alt ist, wird sie zusammen mit ihrer Familie ins Ghetto Theresienstadt gebracht. „Das ging alles so schnell und wir haben nicht damit gerechnet. Als es zu spät war, konnten wir nicht mehr fliehen“, sagt Auerbacher. Erschüttert habe sie, dass es soviel Hass gegen Juden gab. „Mein Vater hat im Ersten Weltkrieg für Deutschland gekämpft, viele aus meiner Familie sind dort gefallen und plötzlich hieß es, wir seien dreckige Juden“, sagt die Amerikanerin, die nach der Befreiung von Theresienstadt mit ihren Eltern in die USA ausgewandert ist.

Heute wohnt Auerbacher im New Yorker Stadtteil Queens – wie sie sagt – mit allen Weltreligionen zusammen. „Wenn man versteht wie die Leute leben und essen, dann gibt es auch keinen Hass“, sagt sie. Auf die Frage, was sie von US-Präsident Donald Trump halte, antwortet sie, man brauche wieder einen Präsidenten wie George Washington oder Abraham Lincoln. „Trump ist Geschäftsmann und kein Staatsmann.“

Die Schüler wollen wissen, wie Auerbacher nach Kriegsende mit solchen Erlebnissen umgehen konnte – und ob sie den Tätern jemals vergeben könnte: Sie sagt: „Wie soll ich demjenigen vergeben, der meine Oma erschossen hat?“ Sie wolle kein Mitleid, sondern noch so lange den Mund aufmachen, wie sie kann.

Das Zeitzeugengespräch ist Teil eines mehrtätigen Aufenthalts in Nordrhein-Westfalen. Bis Samstag wird Auerbacher unter anderem die Film-Acting-School in Köln, eine Gesamtschule in Neuss und die Synagoge in Essen besuchen.

(atrie)
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